Sie haben offenbar das Pech, dass Ihr Chef inkompetent ist. Er ist rechthaberisch und autoritär statt kommunikationsfähig. Er schwächt Ihr Selbstbewusstsein, statt es zu stärken. Und er ist sich seiner Führungsschwäche anscheinend nicht bewusst. Durch die berufliche Hierarchie bedingt, besitzt er naturgemäss mehr Macht als Sie, so dass Sie ihn nicht zwingen können, sich zu ändern.

Trotzdem können Sie etwas tun, um die Situation zu verbessern: Bitten Sie um eine Unterredung, um ihm mitzuteilen, dass Sie unter seinem Führungsstil leiden. Aber das müssen Sie natürlich sehr diplomatisch tun, ohne Vorwürfe zu machen, ohne mit ihm in einen Machtkampf zu geraten, den er ohnehin gewinnen würde.

Das Kommunikationsrezept heisst auch hier: Ich-Botschaft statt Angriff. Sagen Sie dem Chef einfach, was sein Verhalten bei Ihnen für Gefühle auslöst und wie sich das auf die Arbeit auswirkt. Vielleicht ermöglicht das eine Veränderung.

Als Erstes: Eingehend reden

Lassen Sie sich aber keinesfalls nur auf einen Wortwechsel zwischen Tür und Angel ein. Für das Gespräch soll mindestens eine halbe Stunde zur Verfügung stehen. Dass Sie darauf bestehen, zeigt Ihrem Chef auch, dass Ihnen die Konfliktlösung ein ernsthaftes Anliegen ist. Bringt das Gespräch keine Veränderung, bleiben Ihnen immer noch andere Möglichkeiten: Wenden Sie sich an die Personalverantwortliche oder an den Vorgesetzten Ihres Chefs. Im schlimmsten Fall müssen Sie die Abteilung wechseln oder kündigen.

Leider gibt es noch immer zu wenig wirklich gute Chefs. Vielleicht hängt es mit dem Konkurrenzdruck zusammen, der dazu führt, dass jeder so hoch wie möglich aufsteigen will. Dabei wäre die richtige Position da, wo man sich noch wohl fühlt. Das braucht nicht die höchste Stelle oder die vorderste Reihe zu sein. Es ist auch nicht so, dass ein guter Fachmann automatisch ein guter Chef ist. Vorgesetzter zu sein ist eine Kunst für sich, die mit der Persönlichkeit zusammenhängt, die aber auch erlernbar ist.

Eine geborene Führungspersönlichkeit gibt es nicht. Trotzdem kristallisiert sich in ungeleiteten Gruppen meist spontan eine Leitfigur heraus. Und dabei zeigt sich, dass Leadership (eben die Fähigkeit zu führen) nicht irgendetwas Geheimnisvolles ist, das von einem Leader ausströmt. Die Geführten müssen nämlich willens sein, dessen Autorität zu akzeptieren.

Je nach Anforderung der Situation sind da verschiedene Eigenschaften massgebend. Mal kann der Tüchtigste zum Chef gewählt werden, mal der Warmherzigste – je nach Aufgabe, die die Gruppe hat. Das bedeutet, dass eine Institution zwar jeden zum Chef machen kann, dass das aber nur gut herauskommt, wenn er von den Mitarbeitern auch als Chef gesehen und geschätzt werden kann.

Was ein guter Vorgesetzter alles kann

Ein Chef wird als Chef akzeptiert, wenn er mindestens die folgenden Fähigkeiten hat:

  • Ein guter Vorgesetzter sieht in seiner Position nicht ein Privileg, sondern eine Aufgabe. Chef sein heisst dienen: der Organisation dienen, der Sache dienen und den Mitarbeitern dienen. Der Job hat nichts mit Allmacht und unbeschränkter Freiheit zu tun.

  • Ein guter Vorgesetzter stärkt das Selbstvertrauen der Mitarbeiter und erzeugt ein Klima des gegenseitigen Vertrauens. Er erzeugt einen Teamgeist, der allen das Gefühl gibt, am gleichen Strick zu ziehen.

  • Ein guter Chef ist Modell und Vorbild für seine Mitarbeiter.

  • Ein guter Vorgesetzter versteckt sich nicht. Er übernimmt Verantwortung und steht zu seinen Entscheiden, auch wenn sie unpopulär sind.

  • Ein guter Chef ist ein Kommunikationsfachmann. Er kann fruchtbare Gespräche führen und in Gang bringen.

  • Ein guter Chef kennt seine Stärken und Schwächen. Idealerweise helfen ihm regelmässiges Coaching oder Supervision bei seiner Aufgabe.
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Neu in der Führungsrolle
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