Singles gelten gemeinhin als aktive und äusserst konsumfreudige Menschen – eine ideale Zielgruppe für Tourismusanbieter, könnte man meinen. Doch weit gefehlt. Obwohl die Zahl der Alleinstehenden steigt, werden Einzelreisende mancherorts noch immer als Touristen zweiter Klasse betrachtet: Ihre Hotelzimmer sind meistens unattraktiv gelegen, und in der Hauptsaison vergraulen viele Reiseveranstalter die Alleinreisenden mit Zuschlägen.

«Man hat ein Hotelzimmer lieber mit zwei Personen gefüllt als mit einer», sagt Walter Kunz, Geschäftsführer des Schweizerischen Reisebüro-Verbands, der den Anteil der Alleinreisenden auf etwa 15 Prozent schätzt. In neuen Hotels würden gar keine Einzelzimmer mehr konzipiert.

Grundsätzlich gilt: Zuschläge sind erlaubt. Bei Rundreisen sind sie meistens höher als bei Pauschalarrangements. Alles muss sich der Tourist aber nicht gefallen lassen: Wird für das Zimmer der doppelte Preis verlangt, sollte man reklamieren, rät der Ombudsmann der Schweizer Reisebranche.

Die Wünsche sind verschieden

Inzwischen haben Reiseveranstalter Singles als Zielgruppe entdeckt. So bietet zum Beispiel der Reiseveranstalter Studiosus mit Me & More ein auf Singles und Alleinreisende zugeschnittenes Programm mit rund 30 verschiedenen Destinationen an. Die Idee: Die Individualisten sollen in den Genuss eines ansprechenden Reiseprogramms kommen, das aber auch Gelegenheiten für zwanglose Gruppenerlebnisse beinhaltet. «Wir achten darauf, dass unsere allein reisenden Gäste in den Hotels nicht die typischen Besenkammern zugeteilt bekommen», sagt Studiosus-Sprecher Volker Kienast. «Zudem bezahlen unsere Gäste keinen Einzelzimmerzuschlag.»

Hoch im Kurs stehen, besonders bei jüngeren Singles, trendige Partydestinationen und Klubferien. Hier trifft man Leute der gleichen Altersgruppe, und dank Animation, Sport und vollem Unterhaltungsprogramm kommt kaum Langeweile auf.

Doch der manchmal etwas zwanghaft fröhliche Gruppenaktivismus in den Klubanlagen ist nicht jedermanns Sache. Wer beim Stichwort Ferien eher an Horizonterweiterung denkt, der ist als Alleinreisender auf einem Bildungsurlaub besser aufgehoben. Hier ist auch die Chance, auf Gleichgesinnte zu treffen, am grössten.

Sprachkurse im Ferienland hingegen sind am effektivsten, wenn niemand in der Nähe ist, mit dem man die eigene Muttersprache sprechen kann.

Singles lernen Neues kennen

«Ich wollte meine Französischkenntnisse verbessern und habe mich für einen Intensivsprachkurs auf der Karibikinsel Guadeloupe entschieden», sagt Franziska aus Schaffhausen. «Hier war ich gezwungen, mich auf Französisch zu verständigen. Das hat wirklich etwas gebracht», sagt die 34-jährige Single-Frau.

Micha aus dem Appenzellerland hat aus einem anderen Grund eine Single-Reise gebucht. «Ich bin solo nach Griechenland geflogen, um leichter Frauen kennen zu lernen», sagt der 27-Jährige. «Ist man allein unterwegs, unternimmt man mehr, um in Kontakt zu kommen.» Gleich nach der Ankunft buchte er am Strand einen Windsurfkurs für Anfänger. «Einfach nur rumhängen bringts nicht. In der Surfschule hast du Spass und lernst sofort neue Leute kennen.»

«Keine Single-Gäste-Vermittlung»

Anbieter von Single-Reisen distanzieren sich allerdings ausdrücklich vom Verdacht der verdeckten Partnervermittlung. «Sollten sich zwei Gäste näher kommen, dann ist das natürlich schön für sie, und wir freuen uns auch darüber», sagt Reiseprofi Volker Kienast. «Aber unsere Hauptaufgabe ist es, den Gästen fremde Kulturen näher zu bringen und nicht die Gäste einander.»

Statt von Singles spricht man ohnehin lieber von den Alleinreisenden. «Viele Leute verreisen ohne ihren Partner», so Kienast, «weil dieser keine Zeit hat, das Urlaubsziel nicht mag, krank ist oder auf die Kinder aufpassen muss.»

Single-Reisen: Wegweiser für Solisten

 

Hier sind Singles willkommen

 

  • Sprachreisen
    Sehr hoher Single-Anteil, je nach Schule sehr internationale Gästeschar.
     
  • Bildungsreisen
    Ebenfalls sehr hoher Single-Anteil, überwiegend Frauen. Eher höherer Altersschnitt als in Sprachkursen.
     
  • Sportferien
    Ideal, um Gleichgesinnte kennen zu lernen. Bei Gruppenspielen und -sport kommt man automatisch in Kontakt mit anderen Singles.
     
  • Klubferien
    Bei Spiel und Sport lassen sich leicht Kontakte knüpfen. Empfehlung: Ausserhalb der Schulferien ist der Single-Anteil meist höher.


 

Für Singles ungeeignet

  • Luxusresorts
    Hier verbringen frisch Vermählte ihre Flitterwochen oder feiern Ehepaare ihre Hochzeitsjubiläen. Singles erregen höchstens Mitleid.
     
  • Kreuzfahrten
    Fast nur Paare. Meistens Zuschlag auf der einzeln benützten Kabine.
     
  • Familienhotels
    Sozusagen die Antithese zum Single-Urlaub. Hier kommen sich die Singles schnell einmal als Fremdkörper vor.
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