Doris Heller* freut sich auf den 1. Januar 2017. Ab dann kann sie von ihrem Expartner endlich Alimente für die Betreuung der gemeinsamen Kinder verlangen. Denn das neue Unterhaltsrecht stellt in dieser Frage Konkubinatspaare den Ehepaaren gleich.

Schon bei der Trennung vor drei Jahren habe sie von ihrem Partner verlangt, dass er auch etwas an ihren Unterhalt zahlen müsse, sagt die 30-jährige Aargauerin. «Immerhin habe ich bis dahin neben Kinderbetreuung und Haushalt auch noch in seinem Geschäft mitgearbeitet

Doch freiwillig wollte ihr Expartner nicht zahlen. Und weil das geltende Gesetz das Konkubinat nicht regelt und deshalb bei einer Trennung auch keine Alimente für kinderbetreuende Partnerinnen vorgesehen sind, ging Heller leer aus.

Unverheiratete ohne Betreuungsaufgaben zahlen kräftig drauf

Seither musste sie schmal durch. Denn gleichzeitig mit der Trennung verlor sie auch ihre Arbeitsstelle. Einen passenden Teilzeitjob fand Heller in ihrer ländlichen Region nicht.

Für die beiden Kinder, heute fünf und sieben Jahre alt, bezahlte ihr Expartner monatlich je 1200 Franken, wie vom Gericht festgelegt. Zu Beginn bekam Heller noch 1000 Franken Arbeitslosentaggeld. «Aber ohne die Hilfe meines neuen Partners, meiner Eltern und einer Stiftung hätte ich ergänzend Sozialhilfe beziehen müssen», sagt die 30-Jährige.

Dem Vater der Kinder geht es dagegen finanziell gut. Sein Unternehmen hat er inzwischen verkauft und sich anstellen lassen. Er verdient rund 9000 Franken netto pro Monat und lebt mit einer neuen Partnerin in seinem Haus. Mit dem neuen Unterhaltsrecht kommt jetzt aber eine erhebliche Mehrbelastung auf ihn zu. Denn: Unverheiratete Väter ohne Betreuungsaufgaben sind die Hauptbetroffenen der neuen Regelung.

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Betreuungsunterhalt: Berechnung noch unklar

Gemäss neuem Recht soll der Unterhaltsbeitrag auch die «Betreuung des Kindes durch die Eltern oder Dritte» gewährleisten – und zwar unabhängig vom Zivilstand. Der Betreuungsunterhaltsbeitrag soll die Leistung desjenigen Elternteils abgelten, der nach der Trennung die Kinder betreut. Er fällt zusätzlich zum bisherigen Kindes- beziehungsweise Barunterhaltsbeitrag an, der die Fixkosten des Kindes für Wohnen, Essen, Krankenkasse und so weiter abdecken soll.

Gut für Frauen wie Doris Heller ist, dass Unterhaltsbeiträge, die noch nach bisherigem Recht ohne Betreuungsunterhalt festgelegt wurden, ab Januar angepasst werden können. Dazu muss formell das Kind ein Gesuch stellen. Faktisch liegt dies natürlich am gesetzlichen Vertreter oder am Inhaber der Obhut.

Noch ist aber unklar, wie der Betreuungsunterhalt genau berechnet wird. Je nach Gericht und Region dürften sich zwei Berechnungsmethoden durchsetzen. Die eine stützt sich auf die von Gerichten und Behörden bisher bei Trennungs- und Scheidungsfällen angewandte Bedarfsrechnung mit konkreten Zahlen, die andere auf Pauschalansätze.

Bundesgericht legt Berechnung fest

Mit Entscheid 5A_454/2018 vom 17. Mai 2018 hat das Bundesgericht entschieden, dass die Lebenshaltungskosten-Methode zur Bemessung des Betreuungsunterhalts die angemessere Lösung ist. Der Betreuungsunterhalt bemisst sich demnach grundsätzlich nach dem familienrechtlichen Existenzminimum des Betreuenden und ist geschuldet, soweit er mit seinem Einkommen dieses nicht selber decken kann.

Update vom 4.10.2018

Einvernehmlichkeit spart Geld

Doris Heller ist damit beiden Berechnungsmethoden auf jeden Fall bessergestellt. Sie wird deutlich mehr erhalten als die bisherigen Kinderalimente von insgesamt 2400 Franken pro Monat.

Zu raten bleibt Heller und ihrem ehemaligen Konkubinatspartner, dass sie die Kinderalimente einvernehmlich ändern und den neuen Vertrag von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde am Wohnort des Kindes genehmigen lassen. Auf diese Weise sparen sie wenigstens die Gerichts- und Anwaltskosten.



*Name geändert

Unterhaltsrecht: Das ist neu
  • Verheiratete: Wenn der kinderbetreuende Elternteil seinen Lebensunterhalt nicht mit dem eigenen Einkommen decken kann, ist der Betreuungsunterhalt ab 2017 auch bei Trennung oder Scheidung geschuldet. Bei verheirateten Paaren hat das keine grossen finanziellen Konsequenzen: Der unterhaltspflichtige Elternteil zahlt zwar neu Betreuungsunterhalt, dafür aber weniger nachehelichen Unterhalt. Bereits getrennte oder geschiedene Ehegatten können den Betreuungsunterhalt ab Januar nur dann einfordern, wenn sich die Verhältnisse wesentlich verändert haben.
  • Mankobetrag: Wer zu wenig Geld zur Verfügung hat (Mankofall), kann nicht zu Unterhaltszahlungen verpflichtet werden. Trotzdem muss immer der Betrag festgelegt werden, der nötig wäre, um den Unterhalt des Kindes zu decken. Dieser kann innert fünf Jahren nachgefordert werden, wenn sich die Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils ausserordentlich verbessern.
  • Sozialhilfe-Rückzahlung: Sozialhilferechtlich ist das Kind neu selbständig. Somit muss der betreuende Elternteil keine Sozialhilfe zurückzahlen, die er für das Kind bezogen hat.
  • Die Verwandten eines Elternteils müssen diesen nicht unterstützen, wenn er wegen der Betreuung der Kinder in Not gerät.
  • Wenn eine Unterhaltsklage von Unverheirateten hängig ist, kann das Gericht auch die elterliche Sorge und andere Kinderbelange regeln. Ein Schlichtungsverfahren entfällt, wenn der Prozess bei der Kindesschutzbehörde angefangen hat.
  • Kostenlose Mediation und Vertretung des Kindes sind auch bei Gerichtsverfahren über den Unterhalt möglich.
  • Bei gemeinsamer elterlicher Sorge kann ein Elternteil oder das Kind die alternierende (abwechselnde) Obhut beantragen.
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