Ein Paar in Frankreich darf es schon lange, ein Paar in der Schweiz vielleicht auch einmal: Mit dem Pacte civil de solidarité, kurz Pacs, eine rechtliche Bindung eingehen, die weiter geht als das Konkubinat, aber weniger weit als die Ehe. Unlängst hat der Bundesrat dem Parlament einen Bericht zur Prüfung eines moderneren Familienrechts vorgelegt. Einen Zeitplan, «Pacs» zwischen Genf und Rorschach zu ermöglichen, gibt es nicht.

Was viele nicht wissen: Eheleute verfügen bereits heute über einen gewissen rechtlichen Spielraum. Hier ein Überblick, wo und wie stark ein Abweichen von der gesetzlichen Regel für Eheleute möglich ist.

Ehe: Hier herrscht freie Wahl

Eheliches Vermögen
Regel: Als ordentlicher Güterstand gilt die Errungenschaftsbeteiligung.

Vor der Heirat und jederzeit danach können Heiratswillige respektive Eheleute in einem Ehevertrag anstelle der Errungenschaftsbeteiligung die Gütergemeinschaft oder -trennung wählen (siehe Musterbeispiel «Ehevertrag auf Gütertrennung ändern», exklusiv für Beobachter-Abonnenten). Das betrifft sämtliche Vermögenswerte beider, samt Ersparnissen in der steuerbegünstigten Vorsorge 3a, aber nicht die Gelder in der zweiten Säule.

 

Verwaltung von Einkommen und Vermögen
Regel: Beide Eheleute verwalten und nutzen ihre Einnahmen und ihr Vermögen selbständig. Die Heirat beschert keinen automatischen Zugriff auf das Einkommen und Vermögen des Partners bzw. der Partnerin.
Beide Eheleute können die jeweils andere Seite aber mit der Verwaltung ihres Vermögens beauftragen oder ihr Zugriff auf ihre Konten einräumen. Solche Vollmachten sind jederzeit wieder kündbar.

Regel: hälftige Beteiligung am Vermögenszuwachs bei Auflösung der Ehe
Einen vollumfänglichen Verzicht auf den Vermögenszuwachs der anderen Seite erreichen die Eheleute mit einem Ehevertrag auf Gütertrennung . Anstelle dieser Radikallösung können Eheleute in einem Ehevertrag abmachen, dass die Errungenschaft oder das Gesamtgut anders als hälftig geteilt wird.

Regel: Beteiligung am Mehrwert bei Investitionen
Zahlt eine Person des Ehepaars mit ihrem Erbe beispielsweise die Hypothek an der gemeinsamen Ferienwohnung ab und steigt deren Wert bis zur Auflösung der Ehe, ist sie am Mehrwert beteiligt. Sie erhält also mehr als ihre ursprüngliche Investition. Ist das nicht gewünscht, können Eheleute die Mehrwertbeteiligung mit einer schriftlichen Vereinbarung ganz oder teilweise ausschliessen.

Regel: Der Ertrag aus Eigengutsvermögen wie Zinsen, Mieteinnahmen oder Dividenden fällt in die Errungenschaft und ist daher bei der Auflösung der Ehe zu teilen.
In einem Ehevertrag können Eheleute abmachen, dass die Erträge im Eigengutsvermögen bleiben.

 

Beiträge an die Haushaltskosten
Regel: Die Eheleute sorgen gemeinsam, beide nach ihren Kräften, für den Unterhalt der Familie.
Eheleute können frei vereinbaren, wer wie viel vom Einkommen oder Vermögen zum Haushalt beiträgt. Tipps für eine faire Kostenaufteilung gibt es bei der Budgetberatung Schweiz.

 

Erben und Vererben
Regel: Hinterlässt eine verheiratete Person Nachkommen, erhält die Witwe bzw. der Witwer die Hälfte des Nachlasses. Die andere Hälfte geht an die Kinder. Ohne Nachkommen gehen drei Viertel des Nachlasses an den überlebenden Ehepartner bzw. die überlebende Ehepartnerin, ein Viertel geht an den elterlichen Stamm (Eltern, Geschwister, Neffen/Nichten).
Mit einem Ehevertrag, Testament oder Erbvertrag kann man von dieser Regel abweichen. Wer keine Nachkommen hat, kann in seinem Testament alles dem Ehepartner bzw. der Ehepartnerin übertragen. Hat jemand Nachkommen, muss er deren Pflichtteil beachten. Je nach Familiensituation und Herkunft des Vermögens (etwa Errungenschaft) ist eine Einschränkung der Pflichtteile und damit eine weitere Besserstellung des überlebenden Ehepartners bzw. der überlebenden Ehepartnerin möglich.

Mustervorlage «Testament für Ehegatten» bei Guider

Die Mustervorlage «Testament für Ehegatten» gibt Beobachter-Abonnenten eine Idee davon, wie sie den Ehepartner erbrechtlich begünstigen können. Für eine detaillierte Abklärung im Fall von nicht gemeinsamen Kindern sprechen Sie am besten mit einem Notar oder Anwalt.

Ehe: Eingeschränkte Wahl

Namensgebung
Regel: Beide Eheleute behalten ihre Namen.
Will ein Ehepaar einen gemeinsamen Familiennamen Heirat Wer trägt nach der Hochzeit welchen Namen? tragen, muss es sich vor der Heirat für den Ledignamen von einem von ihnen beiden entscheiden.

 

Unterhaltsbeiträge bei Trennung und Scheidung
Regel: Der wirtschaftlich schwächeren Person können Alimente zustehen.
Auf einen solchen finanziellen Beistand kann man in der Trennungs- oder Scheidungsvereinbarung auch verzichten. Oder man passt die Höhe der Unterhaltsbeiträge gemäss den geänderten Einkommensverhältnissen später an (siehe Mustervereinbarungen «Trennungsalimente abändern», exklusiv für Beobachter-Abonnenten). Grundsätzlich möglich ist auch eine Unterhaltsregelung «auf Vorrat», zum Beispiel bei der Heirat, für den Fall einer späteren Trennung Trennung Getrennte Wege, gemeinsames Ziel oder Scheidung. Allerdings muss das Scheidungsgericht diese später genehmigen, damit sie auch tatsächlich rechtsverbindlich wird. Das Gericht wird die Genehmigung verweigern, wenn die getroffene Regelung offensichtlich unangemessen ist. Auch ein erst bei der Trennung oder Scheidung erklärter Verzicht ist nur möglich, wenn man sich das auch leisten kann. Wenn der Verzicht zu Lasten von Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe geht, dürfen die Gerichte einen Verzicht nicht absegnen.

 

Teilung des Vermögenszuwachses bei Scheidung
Regel: Die Errungenschaft oder das Gesamtgut wird hälftig geteilt.
In der Scheidungsvereinbarung dürfen die Eheleute auf diese hälftige Teilung verzichten, oder sie können auch einen anderen Verteilschlüssel vereinbaren.

 

Teilung der Altersguthaben bei der Pensionskasse
Regel: Die geäufneten Altersguthaben in der zweiten Säule (Pensionskasse) vom Zeitpunkt der Heirat bis zur Scheidung werden hälftig geteilt.
Ein Verzicht im Voraus ist möglich, aber heikel. Ist er im Scheidungszeitpunkt unangemessen, wird das Gericht den Verzicht nicht zulassen. Möglich ist der Verzicht in der Scheidungsvereinbarung, wenn die Altersvorsorge der verzichtenden Seite auf andere Weise gewährleistet ist. Zum Beispiel erhält sie mehr von der Säule 3a oder die eheliche Liegenschaft. Ohne eine solche Ersatzleistung müsste das Scheidungsgericht den Verzicht nach dem Buchstaben des Gesetzes verbieten. Manche Richter und Richterinnen legen das Gesetz aber nicht so streng aus und genehmigen den Verzicht trotzdem.

Ehe: Keine Wahl (zwingendes Recht)

AHV-Splitting
Regel: Die während der Ehe gezahlten AHV-Beiträge sowie die Erziehungs- und Betreuungsgutschriften werden hälftig geteilt. Ausgenommen sind die Beiträge im Heirats- und im Scheidungsjahr.

 

Bürgerrecht
Regel: Beide behalten ihr bisheriges Bürgerrecht.

 

Beistandspflicht
Regel: Gerät eine Seite in Not, muss die andere ihr beistehen. Solange ihr das finanziell zumutbar ist, muss sie auch für Stiefkinder oder Heimkosten des Partners oder der Partnerin aufkommen.

 

Haftung für Schulden
Regel: Für die Schulden des Ehepartners bzw. der Ehepartnerin aufkommen muss man in der Regel nicht. Eine gemeinsame Haftung gibt es aber bei Haushaltsschulden, Krankenkassenprämien oder Steuerrechnungen. Das gilt auch bei Gütertrennung. Ansonsten haften Eheleute nur bei gemeinsam eingegangenen Verträgen.

Wichtige Dokumente in einer Ehe
  • Ein Ehe- und Erbvertrag ist nur gültig, wenn er öffentlich beurkundet Öffentliche Beurkundung Müssen wir damit zum Notar? bzw. in Form einer öffentlichen letztwilligen Verfügung errichtet worden ist.
     
  • Das Testament muss man entweder selber von Hand schreiben, datieren und unterzeichnen oder man lässt von einer Urkundsperson und unter Mitwirkung von Zeugen ein öffentliches Testament errichten.
     
  • In den meisten Kantonen sind für Ehe- und Erbverträge sowie für öffentliche Testamente die Notariate zuständig.


Nützliche Adressen sowie weitere Infos dazu: 

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