Die Behörden dürfen sich nicht grundlos und willkürlich in die Erziehung einmischen, denn diese ist Sache der Eltern. «Die Eltern leiten im Blick auf das Wohl des Kindes seine Pflege und Erziehung und treffen unter Vorbehalt seiner eigenen Handlungsfähigkeit die nötigen Entscheidungen», heisst es im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB).

Die Erziehung der Kinder ist somit das Recht und gleichzeitig die Pflicht der Eltern. Die Behörden haben dann einzugreifen, wenn die Eltern masslos überfordert sind, ihre Sprösslinge vernachlässigen, sie in ihrer Entwicklung nachhaltig stören oder sogar gefährden. Dem Staat und den Behörden steht in solchen Fällen eine ganze Palette von Massnahmen zur Verfügung, die im ZGB beschrieben sind.

Ermahnung (Art. 307 ZGB)

Es ist den Behörden gestattet, die Eltern bezüglich ihrer Pflichten zu ermahnen und ihnen Empfehlungen oder Weisungen zur Erziehung und Ausbildung des Kindes zu geben. Es kann auch eine geeignete Person oder Stelle bestimmt werden, der Einblick und Auskunft zu geben ist.

Beistandschaft (Art. 308 ZGB)

Es kann ein Beistand ernannt Beistandschaft Ein Beistand nach Mass werden, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. Dem Beistand können gewisse Befugnisse übertragen werden, mit der Möglichkeit einer Einschränkung der elterlichen Sorge.

Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (Art. 310 ZGB)

Diese Massnahme ermöglicht eine Fremdplatzierung des Kindes gegen den Willen der Eltern. Dabei handelt es sich um einen schweren Eingriff ins Familien- und Privatleben. Aus sozialer Sicht erfordert diese Massnahme Besonnenheit, Fingerspitzengefühl und Fachkompetenz.

Entziehung der elterlichen Sorge (Art. 311/312 ZGB)

Diese Massnahme wird getroffen, wenn sich die Eltern wegen Unfähigkeit, Unerfahrenheit oder Krankheit nicht um die Kinder kümmern können oder wenn sie ihre Pflichten grob verletzt haben. Anstelle der Eltern wird ein Vormund zum gesetzlichen Vertreter der Kinder ernannt. Meist allerdings reicht die Ernennung eines Beistands oder die Aufhebung der elterlichen Obhut aus.

Bei einer Fremdplatzierung haben die Eltern das Recht auf eine persönliche Beziehung zu ihren Kindern. Entsprechende Bemühungen werden sogar unterstützt, falls nicht wichtige Gründe dagegensprechen. Das Bundesgericht präzisierte bereits 1988, dass im Streitfall in der Regel die Interessen der Eltern weniger stark zu gewichten seien als das Kindswohl.

Darf die Kesb mein Kind von der Schule abholen?

Frage: Mein Sohn, 12, hat einen Beistand. Ich beantrage, diesen zu wechseln. Die Kesb mailt mir, man hole mein Kind morgen von der Schule ab, um es anzuhören. Darf sie das?

Grundsätzlich müssen Kinder ab sechs Jahren zu allen Belangen angehört werden, die ihre Interessen betreffen. Etwa bei einer Scheidung oder eben auch, wenn sie einen anderen Beistand erhalten sollen. Dadurch soll sich die Behörde ein Bild von den Wünschen und Bedürfnissen des Kindes machen können – und das Kind soll sie der Behörde gegenüber selber mitteilen können.

In Ihrem Fall ist die Kesb nicht ideal vorgegangen. Eine Einladung zur Anhörung sollte immer auch schriftlich ans Kind persönlich gehen, altersgerecht formuliert und wenn möglich frühzeitig. Die Dauer der Anhörung, Sinn, Zweck und Ablauf sollten genannt sein.

Fachleute empfehlen, dass die Anhörung bei der Behörde stattfinden soll. Denn im persönlichen Umfeld erlebt sie das Kind oft als Eindringen in die Privatsphäre. Viele Kinder fühlen sich dort nicht genügend frei, offen zu sprechen. Versuchen Sie doch, mit der Kesb ein anderes Vorgehen zu vereinbaren.

Cornelia Döbeli

Checkliste «Aufgaben der Kesb» bei Guider

Bezüglich der Kompetenzen und Aufgaben der Kesb existieren zuweilen viele falsche Annahmen. Dabei ist der Auftrag der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde per Gesetz festgelegt. Beobachter-Abonnenten erhalten in der Checkliste «Aufgaben der Kesb» eine Aufstellung darüber, in welchen Fällen die Behörde aktiv ist.

Was darf die Kesb alles?

loading...
Beobachter-Experte Walter Noser über die häufigsten Vorwürfe gegen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Aufzeichnung vom 5.5.2020).
Quelle: Beobachter Bewegtbild
Buchtipp
Erwachsenenschutz
Erwachsenenschutz