Es lässt sich nicht leugnen: Wer Kinder hat, hat weniger Zeit für sich und für die Beziehung – vor allem wenn die Kinder klein sind. Das bringt die Liebe manchmal arg ins Wanken. Statt dass die Frau den Mann nach getaner Arbeit mit Hackbraten bei Kerzenschein begrüsst, knallt sie eine Müeslipackung auf den Tisch und reicht ihm mit einem «Du bist dran» das Töchterlein hinüber. Oder sie kommt vom Meeting und findet ihn dösend auf dem Sofa, während die Kleinen einen Krimi schauen, ungefüttert und ungebadet. Schlafmangel ist nur einer der Gründe, warum man sich manchmal nicht mehr an die guten Seiten des Partners erinnert.

Dennoch: «Kinder geben dem Leben einen tiefen Sinn», sagt Josef Lang, Paarberater in Wettingen AG. Sie brächten nicht nur neue Themen in eine Partnerschaft. «Frischgebackene Eltern gehen mit einem neuen Selbstwertgefühl durch die Welt und entwickeln ungeahnte Kräfte, wenn Kinder krank werden oder in anderen Notlagen.»

Die Liebe am Leben zu erhalten ist grundsätzlich ein Kunststück. Kommen Kinder hinzu, wird das Haushalten mit den Bedürfnissen beider Partner von neuen Faktoren beeinflusst. Die Partnerschaft mit Kindern lässt sich leider nicht üben – die Dimensionen erfasst erst, wer Mutter oder Vater wird. Doch die Knackpunkte kann man schon vorher kennen: Welche das sind und wie man mit ihnen umgeht, sagt Paarexperte Josef Lang.

1. Planen Sie die Zeit nach der Geburt

Niemand weiss, was mit der Geburt von Kindern auf einen zukommt. Die einen haben ein pflegeleichtes Kind, andere ein schwierigeres. Und während ein Mensch in der Elternrolle aufgeht, ist der andere überfordert. Planen lässt sich nur Formelles: Besprechen Sie, wer mit welchem Pensum weiterarbeiten will, ob der Arbeitgeber dazu bereit ist und ob es sonst Alternativen gibt, die für beide stimmen. Betreuungsmöglichkeiten sollten ebenfalls abgeklärt werden. Trotz Planung kann natürlich alles anders kommen, etwa bei Zwillingen oder einer starken Beeinträchtigung eines Kindes. Wichtig ist, dass man als Paar die Situation immer wieder anschaut und sich fragt: Stimmt es für uns beide? Die Aufgabenverteilung ist nicht in Stein gemeisselt.

2. Seien Sie sich bewusst: Es geht vorüber

Die Geburt eines Kindes bildet einen Übergang im Leben und ist damit ein kritischer Moment. Folgende Entwicklung erzählen viele Paare: Beide sind müde und stehen unter Druck. Es gibt oft Streit, und der Partner erscheint plötzlich nicht mehr so toll. Die Gefahr ist jetzt besonders gross, in die Abwärtsspirale Müdigkeit – Gereiztheit – Vorwürfe – Gegenvorwürfe – zu gelangen und auf einen emotionalen Tiefpunkt zuzurasen. Stress trägt zu Trennungsentschlüssen stärker bei, als gemeinhin bekannt ist. Er nimmt die zur Versöhnung nötige Kraft weg und vernichtet die Zeit, die für Paargespräche nötig wäre. Man sollte sich bewusst sein: Die ersten Jahre mit Kindern sind eine anstrengende Phase, aber sie geht vorüber. Schuld an den Streitereien ist in der Regel die Situation und nicht der Partner. Das auseinanderzuhalten ist nicht einfach. Es tut deshalb gut, sich mit Leuten auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben: Freunde, Eltern, die Schwiegermutter. In der Zeit des Übergangs besteht die Kunst darin, bereit zu sein, sich der neuen Realität zu stellen. Entwicklungen lassen sich nicht aufhalten, das Rad lässt sich nicht zurückdrehen. 

3. Grenzen Sie sich ab gegen die (Schwieger-)Eltern

Jeder Mensch nimmt zahlreiche Werte aus dem eigenen Elternhaus mit, die in die Partnerschaft, aber auch in Erziehungsfragen einfliessen. Hier geht es darum, Kompromisse zu finden, Werte, die für beide stimmen, und Wege, diese gegenüber Eltern und Schwiegereltern zu verteidigen. Wer die Grosseltern in den Familienalltag integriert, durch Besuche oder Betreuung, muss einen Mittelweg finden zwischen Abgrenzung und Toleranz. Auch da hilft, wie in sämtlichen schwierigen Momenten, das offene Gespräch. Übrigens: Kinder dürfen bei anderen Betreuern ruhig andere Regeln kennenlernen.

4. Klären Sie Erziehungsfragen

Wenn beide Elternteile in der Erziehung aktiv sind, werden sie sich einigen müssen, wie sie ihre Kinder erziehen wollen. Jeder Mensch ist durch eine unterschiedliche Erziehung geprägt und handelt, auch als Vater oder Mutter, nach unbewussten oder wenig reflektierten Mustern. Da kann es Konflikte geben. Sie werden verstärkt, wenn einer der Partner in Erziehungsfragen dem anderen Elternteil das Heft aus der Hand nimmt, weil er – oder meistens sie – es vermeintlich besser weiss. Das mag für einen Elternteil so stimmen, doch der andere fühlt sich vielleicht nicht respektiert. Es ist wichtig, dass kein Partner hintangestellt wird. Es braucht Kompromisse.

5. Nehmen Sie sich Zeit für die Partnerschaft

Es klingt abgedroschen, aber: Paare brauchen Zeit für Zweisamkeit, um die Beziehung zu pflegen und aufzutanken. Das muss nicht eine Nacht in der Disco sein, es reicht eine Verabredung daheim mit Telefon-, Fernseh- und Arbeitsverbot. Wer seine Kinder nicht fremdbetreuen lassen will, muss seine Haltung unter die Lupe nehmen. Will man dem Bild der selbstlosen Mutter entsprechen? Hat man Angst, sein Kind von anderen betreuen zu lassen? Es sind meistens Frauen, die ihr Kind nicht loslassen. Man muss aber lernen, sein Kind anderen anzuvertrauen. Früher oder später treten Störungen auf, wenn sich die Mutter nur noch über ihre Kinder definiert. Die Nischen sollten von Anfang an eingebaut werden. Tipp: einmal pro Woche ein paar Stunden daheim, alle 14 Tage zusammen in den Ausgang und alle drei bis sechs Monate ein Wochenende zu zweit.

6. Nehmen Sie sich Zeit für Sex

Paare brauchen Nischen nicht zuletzt, weil die sexuellen Begegnungen als wichtige Energiequelle der Beziehung nach der Geburt von Kindern bei den meisten weniger werden. Es fehlt schlichtweg die Zeit dazu, zudem ist das Bedürfnis bei vielen Frauen durch die Nähe zum Kind häufig geringer. Da steht der Mann aussen vor. Wenn sich beide bewusst sind, dass das bloss eine Phase ist, erleichtert das die «Trockenzeit». Übrigens schadet es nicht, die Zeit für Sex zu planen. Das hört sich unromantisch an, aber geplant findet er eher statt, als wenn man es dem Moment überlässt, der dann nicht eintrifft.

7. Überdenken Sie die Rollenverteilung

Mütter oder Väter klagen oft: «Die Aufgabenverteilung ist ungerecht!» Frauen und Männer sind heute gleich gut ausgebildet und stehen bis zur Geburt von Kindern voll im Berufsleben. Danach reduziert sie in der Regel ihr Pensum, und er arbeitet mehr, um die Lohneinbussen aufzufangen – weil man den Lebensstil nicht herunterfahren will oder kann.

Die Umstellung ist vor allem für die Frau enorm. Sie ist körperlich und emotional stark gefordert, an die Kinderbetreuung und finanziell an den Partner gebunden. Auch Väter kommen ins Schleudern: Sie tragen mehr finanzielle Verantwortung und sind daheim ebenfalls stark beansprucht.

Leider ist unsere Gesellschaft nicht auf eine gleichberechtigte Aufgabenverteilung eingerichtet, und Paare müssen in der Organisation des Alltags sehr kreativ sein. Trotzdem sollten Paare ihre Situation immer wieder möglichst objektiv ansehen und Alternativen ausprobieren, wenn einer oder beide unzufrieden sind. Fairness spielt für die Qualität der Beziehung eine sehr wichtige Rolle. Ein partnerschaftliches Rollenmodell ist deshalb sehr zu empfehlen. So erleben beide, was es heisst, Kinder zu betreuen, einen Haushalt zu schmeissen und Geld zu verdienen. Das fördert das gegenseitige Verständnis und den Respekt für den anderen.

8. Reden Sie miteinander

Letztlich ist bei den meisten Beziehungsproblemen wichtig, dass man bereit ist, über Unzufriedenheiten zu reden. Natürlich sollte man auch mal den Mund halten, aber grundsätzliche Probleme lassen sich nicht durch Schweigen oder Streiten beheben. Tipp: Zeiten festlegen, in denen man sich austauscht. Vorwürfe kann man reduzieren, wenn man seine Wünsche rechtzeitig deutlich macht und bespricht. Bei intensivem Streit kann die Methode des Time-out hilfreich sein. Der Partner, der die Gefahr der Eskalation zuerst erkennt, darf sich für einige Zeit zurückziehen, um die Beziehung zu schützen. Beide wissen: Nach einer Beruhigungszeit von mindestens 20 Minuten geht das Gespräch weiter. Denn im Moment des akuten Streits kann man keine gute Lösung finden. 

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Chantal Hebeisen, Redaktorin
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