Rund 15 Prozent der Frauen stürzen nach der Geburt ihres Kindes in eine tiefe Krise: Sie erleiden eine postnatale Depression. Dass auch Väter daran erkranken können, ist hingegen kaum bekannt. Im aktuellen Beobachter Nr. 25 berichtet ein betroffener Vater von seinem Leidensweg: «Da war eine Glaswand zwischen ihnen und mir, die immer dicker wurde.» Er habe sich zunehmend fehl am Platz gefühlt. Seine einzige Aufgabe habe darin bestanden, «Dienstleistungen rund ums Baby» zu erbringen. Er sei sich vorgekommen wie ein austauschbarer Apparat.

Einer von zehn Vätern leidet im Jahr nach der Geburt des ersten Kindes laut einer US-Studie an einem Phänomen, das bis heute vor allem bei Müttern bekannt ist: «Babyblues» oder «postpartale Depression», umgangssprachlich auch «postnatale Depression» genannt. Drei bis sechs Monate nach der Geburt sind es gar über 25 Prozent. Damit kommen Depressionen bei Männern nach der Geburt zwei- bis fünfmal häufiger vor als sonst.

«Männer reagieren in dieser Lebensphase auf seelische Krisen häufig mit überhöhter Aktivität. Sie fliehen vor den eigenen Gefühlen, arbeiten mehr, gehen eher fremd, entziehen sich der Auseinandersetzung mit der Partnerin», sagt Psychotherapeut Egon Garstick. Der 59-Jährige arbeitet am Zürcher Triemlispital und bei der Stiftung Mütterhilfe seit Jahren mit Vätern. «Männer haben mehr Mühe, ambivalente Gefühle zuzulassen», sagt Garstick. Oft fehlen den Männern gute Vorbilder für ihre neue Rolle. Vorbilder, die ehrlich darüber reden, dass Vatersein schwierig sein kann.

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