Ungläubig und mit zittriger Stimme verkündet der Vorsitzende das Abstimmungsresultat: «Die Generalversammlung hat mit gültigem Mehr beschlossen, dass unser Verein aufgelöst wird.» Vielen der rund 100'000 Vereine in der Schweiz droht ein solches Schicksal - gegen ihren Willen. Oft liesse sich das verhindern, wenn eine Krise im Verein von den Verantwortlichen früh erkannt und professionell gemeistert würde.

Wichtigster Baustein des Krisenmanagements - egal, ob bei einem Weltkonzern oder einer kleinen privaten Vereinigung - ist die Vorbeugung. Denn viele interne Turbulenzen entstehen nach Fehlentscheidungen oder sind zumindest voraussehbar.

Aber auch für unangekündigte Probleme sollte man gewappnet sein. Denn eine Binsenwahrheit gilt auch in Krisenfällen: Sie bieten immer eine Chance. Fünf typische Problemsituationen und wie man sie meistert:

1. Zerwürfnis im Vorstand

In vielen Vereinen arbeitet der Vorstand hauptsächlich dafür, dass die Mitglieder sich vergnügen können - etwa beim Bestreiten einer Meisterschaft oder der Teilnahme an einem Ausflug. Diese Arbeit erbringen die Vorstandsmitglieder in der Regel ehrenamtlich. Und nicht immer ernten sie nur Lob dafür.

Kurz: Der Vorstandsjob bietet nebst Freude auch einiges Frustpotential.

Um Krisen im Vorstand - etwa einem sofortigen Rücktritt - vorzubeugen, ist es wichtig, dass potentielle Vorstandsmitglieder vor ihrer Kandidatur wissen, worauf sie sich einlassen. Hilfreich sind dabei Funktionsbeschriebe und Pflichtenhefte, die jedes einzelne Amt umschreiben.

Damit der Vorstand als Gremium zum Dreamteam wird, braucht es wie im Sport Können, Teamgeist, Einsatzbereitschaft und eine starke Führungspersönlichkeit. Darauf sollten die Mitglieder bei der Vorstandswahl an der GV achten. Auf keinen Fall sollten Mitglieder zur Vorstandsarbeit gezwungen werden.

Dass im Vorstand trotzdem einmal die Fetzen fliegen, ist nicht aussergewöhnlich und kann durchaus zu positiven Ergebnissen führen.

Wichtig ist, dass keine Ressentiments zurückbleiben: Mit einer «Chropfleerete» haben die betroffenen Personen die Gelegenheit, loszuwerden, was sie am Vereinsbetrieb und insbesondere an der Vorstandsarbeit stört.

2. Straftat eines Mitglieds

Gelegenheit macht Diebe - das gilt auch in Vereinen. Es kommt nicht selten vor, dass ein Kassier für eigene Zwecke in die Klubkasse greift.

Auch wenn kein Verein hundertprozentig die Hand für seine Mitglieder ins Feuer legen kann, ist doch eines klar: Intern begangene Delikte belasten den guten Ruf des Vereins. Längerfristig kann das zum Problem werden - etwa wenn Sponsoren abspringen oder sich keine neuen Mitglieder mehr rekrutieren lassen. Es lohnt sich also, Vorsichtsmassnahmen zu treffen.

Die wichtigste Vorkehrung ist die seriöse Selektion: Wer das Vereinsvermögen betreut, sollte auch privat mit Geld umgehen können. Zudem sind buchhalterische Kenntnisse von Vorteil - je grösser das zu verwaltende Vermögen ist, umso mehr.

Mit der richtigen Besetzung des Amts ist es allerdings nicht getan. Kontrollmechanismen schaffen zusätzlich Sicherheit - zum Beispiel der Einsatz von Revisoren oder die Kollektivunterschrift für Ausgaben ab einer gewissen Höhe.

Kommt es dennoch zu einer Straftat, sollte die Vereinsleitung die wichtigsten Interessengruppen sofort und umfassend informieren: Mitglieder, Dachverbände, Sponsoren, Behörden und - je nach Bekanntheit des Vereins in der Öffentlichkeit - auch die (Regional-)Medien. Denn: Noch schlimmer als die Straftat selbst wäre, wenn diese Gruppen die schlechte Botschaft von dritter Seite erfahren müssten.

Wichtig: Bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, gilt die Unschuldsvermutung.

Von Vorteil wäre es schliesslich, wenn mit der Information über die Straffälligkeit auch gleich Sofortmassnahmen kommuniziert werden könnten - etwa die Suspendierung des betroffenen Vorstandsmitglieds. So könnte die Vereinsleitung ihren professionellen Umgang mit Krisen unter Beweis stellen und damit wichtige Pluspunkte sammeln.

Mehr zu Vereinen bei Guider

Auch wenn es für eine Vereinsgründung nicht viel braucht, gilt es, einige Formalitäten zu beachten. Auf Guider erfahren Beobachter-Abonnenten alles rund ums Vereinsleben, welche Gesetzesbestimmungen zwingend in den Statuten verankert sein müssen und wie Konflikte im Verein am besten gelöst werden.

3. Unfälle

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Verein durch die Folgen von Unfällen in eine Krise schlittert, ist zwar kleiner als Turbulenzen durch Zwischenmenschliches, doch Unfälle haben oft gravierende Folgen für die Betroffenen und können den Verein schnell ins Rampenlicht der Öffentlichkeit bringen.

Es gilt, Unfälle mit allen Mitteln zu verhindern.

Wichtigste Präventivmassnahme sind Sicherheitsstandards: Die Vereinsleitung sollte genau analysieren, wo es zu Unfällen kommen könnte - auf Ausflügen, im Training, bei Wettkämpfen -, und entsprechende Regeln aufstellen. Wichtig ist, dass es Verantwortliche gibt, die für die Einhaltung dieser Standards besorgt sind.

Da Unfälle nun mal passieren können, muss ein Verein unbedingt ein Notfallkonzept griffbereit haben. Darin sollte ein Krisenstab definiert und Schritt für Schritt festgehalten werden, wer welche Aufgaben übernimmt und wer informiert werden muss.

Nicht vergessen: Das Notfallkonzept sollte regelmässig überarbeitet werden - vor allem wenn es zu einem Wechsel im Vorstand gekommen ist.

4. Tumult an der Generalversammlung

Eine seriöse Vorbereitung ist das beste Rezept für eine reibungslose Vereinsversammlung. Dazu gehört zunächst die rechtzeitige Einladung der Mitglieder: Enthalten die Statuten keine diesbezüglichen Bestimmungen, sollten die Mitglieder eine Woche bis zehn Tage Zeit zur Vorbereitung haben.

Zur Einladung gehören die Traktandenliste und, falls vorhanden, Unterlagen, die für die Beschlussfassung nötig sind - etwa der Jahresbericht, die Bilanz und die Erfolgsrechnung oder der Entwurf einer beantragten Statutenänderung.

Keinen Sinn macht es, heikle Themen nicht zu traktandieren oder schwierige Mitglieder einfach nicht einzuladen. Denn: Erstens werden die Beschlüsse dadurch anfechtbar und zweitens ist das Klima an der Versammlung von Anfang an vergiftet.

Eine transparente Traktandierung schafft Vertrauen in die Vereinsleitung und bietet Mitgliedern zudem die Möglichkeit, bereits vor der Versammlung über Themen zu diskutieren, die allenfalls umstritten sind.

Dass es trotz seriöser Vorbereitung an der GV hoch zu- und hergehen kann, gehört zur Natur der Sache: Viele Mitglieder betrachten gerade diese Versammlung als Plattform, um ihrem allfälligen Ärger Luft zu machen.

Darauf kann sich der Vorstand vorbereiten: Am wichtigsten ist eine klare Haltung zu allen Themen. Dazu sollte sich der Vorstand an der letzten Sitzung vor der GV mit den unangenehmen Fragen auseinandersetzen und einen Frage-Antwort-Katalog aufstellen. Das hilft der Sitzungsleitung, die Fäden in der Hand zu behalten.

Kommt es trotzdem zum Tumult, stehen dem Vorsitzenden eine Reihe Präsidialrechte zur Verfügung. So kann er etwa eine Redezeitbeschränkung einführen und im Extremfall uneinsichtige Störenfriede des Saales verweisen.

5. Mitgliederschwund

Mitgliederschwund ist eine typische Erscheinung für eine Krise, die in vielen Vereinen gar nicht oder viel zu spät ernst genommen wird. Zu Unrecht: Das wichtigste Gut eines Vereins sind seine Mitglieder - nicht unbedingt wegen der Jahresbeiträge, sondern weil der Verein ohne Mitglieder schlicht nicht existieren kann.

Die möglichen Gründe, weshalb bei einer Organisation konstant mehr Mitglieder austreten, als neue dazukommen, sind vielfältig. Es kann daran liegen, dass der Verein sich in einem Bereich engagiert, für den sich ganz allgemein immer weniger Leute begeistern lassen. Oder der Verein hat - beispielsweise wegen interner Querelen - ein Imageproblem.

Doch was auch immer der Grund für den Mitgliederschwund ist - der Vorstand sollte frühzeitig darauf reagieren.

Ein probates Mittel ist die Öffentlichkeitsarbeit: So kann das Image mit Artikeln in der Regionalzeitung oder mit Attraktionen an öffentlichen Anlässen aufpoliert werden. Mit Kreativität und Vergnügen allein ist es allerdings nicht getan. Voraussetzung ist, dass der Verein und sein Engagement bei der richtigen Zielgruppe - etwa Jugendlichen, die sich für Politik interessieren - erkennbar ist.

Lässt sich der Mitgliederschwund auch mit Öffentlichkeitsarbeit nicht aufhalten, könnte eine Partnerschaft oder eine Fusion den Verein vor dem Untergang retten, vorausgesetzt, ein solcher Zusammenschluss findet bei den bestehenden Mitgliedern die nötige Zustimmung. Ist das nicht möglich, sollte der Vorstand rechtzeitig die Notbremse ziehen und die Auflösung des Vereins in die Wege leiten - bevor die amtliche Liquidation droht.

Mit dem richtigen Krisenmanagement sollte es aber nicht so weit kommen: Wer die dunklen Wolken über dem Verein rechtzeitig ernst nimmt, beherzt und doch überlegt einschreitet, kann den Sturm rechtzeitig abwenden, so dass es bei einem kurzen Gewitter bleibt und ganz schnell wieder die Sonne scheint.

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