Wenn Xanthippe wüsste, dass ihr Name auch rund 2500 Jahre nach ihrem Tod noch als Inbegriff der zänkischen Furie gilt, würde sie – ihrem Ruf gerecht werdend – vermutlich kurz ausrasten.

Eine verständliche Reaktion, wenn man bedenkt, dass sich die Überlieferung in all den Jahrhunderten für die Ehefrau des griechischen Philosophen Sokrates nie weitergehend interessierte, als sie in Anekdoten auf ihre miserable Sozialkompetenz zu reduzieren: Je finsterer das Wesen der Xanthippe dargestellt wurde, desto strahlender erscheint die unerschütterliche Gelassenheit ihres genialen Gatten.

Und während Sokrates zahlreiche Bewunderer um sich scharte, hat sich niemand die Mühe gemacht, Xanthippes Leben in einer männergeprägten griechischen Gesellschaft 400 Jahre vor Christus zu dokumentieren. Oder wenigstens ihr Geburts- oder Todesjahr zu notieren. Geschweige denn zu hinterfragen, ob Xanthippes legendäre Reizbarkeit nicht bis zu einem gewissen Grad auf Sokrates’ Qualitäten als Ehemann zurückzuführen sein könnte.

Sicher ist hingegen: Je schlechter sie dastand, desto besser kam er dabei weg. Wenn das nicht wieder mal das Opfer einer liebenden Ehefrau ist.

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Autorin: Iwon Blum
Animation: Iwon Blum
Illustration: Thilo Rothacker