Eine scharfe Grenze zwischen normaler und krankhafter Angst existiert nicht. Hinweise auf eine krankhafte Angststörung sind, wenn Menschen unter ihrer Angst leiden, ihre Angst nicht mehr kontrollieren können oder sich in ihrer Rolle eingeschränkt fühlen. Auf eine krankhafte Angst deuten auch Phobien, Angstzustände, Angststörungen, Zwangsstörungen oder posttraumatische Störungen hin. Dabei treten Gefühle auf wie Angst ohne reale Bedrohung, Angst mit körperlichen Symptomen (Engegefühl in der Brust, Herzklopfen, Herzrasen, Schwindel, weiche Knie, kalter Schweiss et cetera), ausgeprägte Erwartungsangst (Angst vor der Angst) oder das Meiden einer Tätigkeit oder eines Orts (siehe Checkliste unten).

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Krankhafte Angst kann man sehr gut behandeln, da die Erfolgsaussichten  bei 70 bis 80 Prozent liegen. Falsch oder gar nicht behandelt, führt krankhafte Angst zu Abhängigkeiten (Medikamente, Alkohol) oder Depressionen. Angst ist die häufigste Form der psychischen Störung - praktisch in jeder Familie findet sich eine betroffene Person.

Angststörungen sind keine Seltenheit

Meist machen sich Angststörungen schon in der Kindheit oder im Jugendalter bemerkbar, spätestens aber im frühen Erwachsenenalter. Fachleute gehen davon aus, dass etwa 15 bis 20 Prozent der Menschen irgendwann unter einer Angststörung leiden. Weniger als 50 Prozent der Fälle werden diagnostiziert, nur ein kleiner Teil davon wird behandelt. Oft schämen sich Patienten, über Angst zu sprechen.

Der Zürcher Josef Hättenschwiler, Gründungsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Angst und Depression, sagt: «Viele Betroffene befürchten, als psychisch krank etikettiert zu werden.» Geschätzt wird, dass mindestens sechs Prozent der Schweizer Bevölkerung derzeit wegen Angst behandelt werden und eine weitere halbe Million Betroffener nicht diagnostiziert und damit unbehandelt bleibt.

Checkliste: Ist die Angst bei mir schon krankhaft?

Menschen, die selber regelmässig unter Angst leiden, aber unsicher sind, ob es sich um eine «normale» oder «krankhafte» Form handelt, empfiehlt der deutsche Angstforscher Borwin Bandelow, sich zu fragen, ob Folgendes auf sie zutrifft:

 

  • Ich denke mindestens 50 Prozent des Tages über meine Ängste nach.
     
  • Wegen meiner Ängste habe ich mein Leben völlig umgestellt, so dass ich viele Dinge nicht mehr tue, die ich gerne machen würde.
     
  • Wegen meiner Ängste trinke ich häufig zu viel Alkohol und nehme zu viele Beruhigungstabletten ein.
     
  • Meine ständigen Ängste führen dazu, dass ich depressiv und niedergeschlagen bin.
     
  • Wegen meiner Ängste habe ich bereits Selbstmordgedanken gehabt.
     
  • Wegen meiner Ängste habe ich ernsthafte Schwierigkeiten im Beruf.
     
  • Wegen meiner Ängste habe ich Probleme in meiner Partnerschaft.
     

Falls mindestens einer der obigen Punkte auf Sie zutrifft, ist anzunehmen, dass Sie an einer behandlungsbedürftigen Angststörung leiden. Sie sollten das mit einem Arzt oder Psychologen besprechen (Anlaufstellen siehe am Ende dieses Artikels).

Checkliste aus: «Das Angstbuch. Woher Ängste kommen und wie man sie bekämpfen kann» von Borwin Bandelow; Rowohlt-Verlag, 2008

Hintergrund: Formen von Angst

Beispiele von Krankheitsbildern aus dem Formenkreis der Angststörungen:

Panikattacke
Akuter, intensiver und zeitlich begrenzter Angstanfall. Kann bei allen Angststörungen auftreten.

Panikstörung
Wiederkehrende unerwartete, nicht durch äussere Umstände ausgelöste Panikattacke. 

Phobien
Lang andauernde Störungen, bei denen Angst durch eindeutige, eigentlich ungefährliche Situationen oder Objekte hervorgerufen wird.

Agoraphobie
Sie besteht nicht nur aus Angst vor weiten Plätzen (griechisch agora: Marktplatz), sondern vor allem aus Angst vor Situationen ausserhalb der gewohnten Umgebung und bei wenig Möglichkeiten zur Flucht oder Hilfe von aussen (Menschenmengen, Schlange stehen et cetera).

Soziale Phobie/soziale Angststörung
Die Furcht vor Situationen, in denen man etwas sagen oder tun könnte, was demütigend oder peinlich ist. Es können alle psychischen, körperlichen und vegetativen Symptome der Angst auftreten, zum Beispiel beim Gedanken, in der Öffentlichkeit sprechen zu müssen.

Generalisierte Angststörungen
Sie entstehen im Gegensatz zu Phobien aus andauernder Angstsymptomatik, also quälenden Befürchtungen, die sich auf alles beziehen können.

Spezifische Phobien
Man unterscheidet zwischen Tier-, Umwelt-, Verletzungs- und situativem Typus (Auslöser: Spinnen, Blut, Lift und anderes). Sie gelten meist nicht als Krankheit.

Anlaufstellen
  • ZADZ: Zentrum für Angst- und Depressionsbehandlung Zürich, www.zadz.ch
     
  • ZASS Basel: Zentrum für Affektive- Stress und Schlafstörungen, www.upkbs.ch
     
  • Angst-Sprechstunde: Psychiatrische Poliklinik, Inselspital Bern, Telefon 031 632 88 11
     
  • APhS: Angst- und Panikhilfe Schweiz (Selbsthilfegruppen), Telefon 0848 801 109, www.aphs.ch
     
  • Schweizerische Gesellschaft für Angst und Depression: www.swissanxiety.ch, info@sgad.ch