Ranil Jayanetti war sich keiner Schuld bewusst, als er kurz nach Mitternacht in der S-Bahn von Zürich nach Schaffhausen in eine Kontrolle geriet. Er zeigte sein Billett. Doch die Kontrolleure erklärten ihm, er sitze hier in der ersten Klasse, sein Fahrausweis jedoch sei nur für die zweite gültig. Jayanetti sass in einem Doppelstockwagen mit zweiter Klasse oben und erster Klasse unten. «Erst da merkte ich, dass ich im Erstklass-Bereich sass. Bei offener Tür hatte ich nur ‹2. Klasse› angeschrieben gesehen. Selbst die Sitze hatten dieselbe Farbe. Da ich während der Fahrt gelesen hatte, war mir nichts aufgefallen», sagt er. Doch die Kontrolleure blieben hart und bestraften ihn mit einem Zuschlag von 80 Franken, weil er ohne gültige Fahrkarte unterwegs war.

Das wollte Ranil Jayanetti nicht auf sich sitzen lassen und beklagte sich beim Bundesamt für Verkehr (BAV). Als Aufsichtsbehörde des öffentlichen Verkehrs leitete das Amt ein Verfahren ein und hob den Zuschlag gegen ihn auf. Grund: Mit ihrer Zuschlagspraxis hätten die SBB gegen das Transportgesetz verstossen. Denn der Bahn ist es egal, ob ein Reisender ohne Billett schwarz fährt, in der falschen Klasse sitzt oder nur eine Tarifzone zu wenig gelöst hat – jeder wird konsequent mit 80 Franken gebüsst. Das aber geht nicht, entschied das BAV: Wenn alle Reisenden ohne gültiges Billett über denselben Leisten geschlagen würden, würden Schwarzfahrer gegenüber Reisenden mit falschem Billett sogar noch belohnt, da sie ja keine Kosten für ein Billett hätten. Ob dieser Grundsatzentscheid des Bundesamts die SBB zwingen wird, künftig differenzierter zu bestrafen, ist noch offen. Die Bundesbahn will den Entscheid vor Bundesverwaltungsgericht anfechten.

Noch härter packten die SBB Hansjörg Maag an. Wäre der 65-Jährige schwarz gefahren, hätte er 80 Franken bezahlt, stattdessen stellt ihm die Bahn 237 Franken in Rechnung. Sein Vergehen: Er hatte sein Abonnement vergessen, informierte den Kontrolleur darüber und zeigte ihm eine Kopie seines Abos. «Die Kopie hatte ich im Portemonnaie. Ich zeigte sie, damit der Kontrolleur überprüfen konnte, dass ich die Wahrheit sagte», so Maag. Doch die SBB taxierten seine Kopie als «Fälschung» und büssten ihn deswegen. Mediensprecher Roland Binz rechtfertigt das Vorgehen: «Um Missbräuche zu verhindern, gelten Kopien von Billetten und Abonnementen nicht als gültiger Fahrausweis. Denn wir können nicht kontrollieren, ob gleichzeitig jemand anderer das Original-Abo benutzt.»