Mal hart, mal sanft, aber nicht soft: Die Grünliberale Verena Diener hat viele Gesichter. Die 61-Jährige, seit 2007 Zürcher Ständerätin, geniesst in der Schweiz viel Sympathie. Sei es mit grünen Positionen zu Klima und Verkehr, sei es als ehemalige Krebsbetroffene. In ihrem Amt als Zürcher Gesundheitsdirektorin setzte sie sich für Assistenzärzte ein, gleichzeitig schloss sie Landspitäler. Die Politikerin Diener pflegt eine ungewöhnliche, oft zum Esoterischen neigende Sprache, die «zu Täuschungen führen kann», wie der «Tages-Anzeiger» analysierte.

Verena Diener beherrscht aber auch den Manager-Slang perfekt: «Ein wettbewerbsfähiges medizinisches Angebot», «Konzentration der Kräfte» – mit solcher Rhetorik präsentierte sie Ende August das Leistungsprogramm der Solothurner Spitäler AG (soH). Diener steuert den Kurs der soH seit 2006 als Verwaltungsratspräsidentin. Gern hätte ihr auch der Beobachter ein paar vertiefende Fragen zur soH-Strategie gestellt, aber Verena Diener verweigerte das Gespräch. Auf wiederholte Anfragen schrieb sie per Mail: «Ich habe – in Absprache – entschieden, dass wir uns vom VR sehr zurückhalten im Abstimmungskampf.»

Hintergrund ist die von der soH geplante Schliessung der Klinik «Allerheiligenberg», über die das Solothurner Stimmvolk am 26. September abstimmt – nach 1995 und 1999 schon zum dritten Mal. In der Klinik werden vor allem Alte und psychosomatisch Kranke behandelt. Jetzt sollen diese Leistungen ins erweiterte Kantonsspital Olten verlagert werden, das Sparpotenzial betrage vier Millionen Franken, heisst es.

«Grundlagenfragen» im Abstimmungskampf delegiert VR-Präsidentin Diener an ihren soH-Frontmann, Geschäftsführer Kurt Altermatt. «Für das Angebot, das wir im Kanton Solothurn erbringen, gibt es zu viele Institutionen», sagt dieser, «deshalb ist eine Strukturbereinigung zwingend.» Die verzettelte soH sei schlicht zu teuer, man müsse die Kräfte bündeln. Zudem setze die Einführung der freien Spitalwahl ab 2012 die Solothurner Spitäler «unter enormen Druck».

Verena Diener, die laut eigenem Credo «Menschen mit meinen politischen Gedanken zu berühren» versucht, sagt dazu sec: «Es gilt, die Fallzahlen zu steigern, um Fixkosten zu drücken.» Das müsse das Ziel der Spitalplanung sein. Dafür lässt Diener nicht nur eine Klinik schliessen, sondern rüstet die soH mit neuen, millionenschweren Hightech-Geräten auf, dem schweizweitenTrend folgend.

So wurde Ende Juli in Olten per Doppelrotor-Helikopter ein neuer Magnetresonanz-Tomograph angeliefert, laut Hersteller Philips wegen seiner hochauflösenden Bilder «eines der besten Geräte, welches derzeit am Markt ist.» Kostenpunkt: fast 2 Millionen Franken.

Mehr als doppelt so teuer ist der ultramoderne PET-CT (Positronenemissions-Tomograph, verbunden mit Computertomographie), den die soH für das Bürgerspital Solothurn kaufen will. Bis jetzt gibt es den PET-CT in der Schweiz nur an Unispitälern. Seine gestochen scharfe Bildgebung, etwa von Metastasen im Dickdarm, bringt nicht nur Radiologen ins Schwärmen, sondern auch Verena Diener, die sich bei Hersteller Siemens persönlich von den qualitativen Vorteilen habe überzeugen lassen. Geschäftsführer Altermatt: «Den Fortschritten der Medizin kann sich kein Spital entziehen, die Solothurner Spitäler AG muss und will hier mithalten können. Wenn solche Geräte medizinisch angezeigt sind und wir sie sinnvoll einsetzen können, dann schaffen wir sie an.»

Ob der Patient profitiert, muss sich weisen – sicher ist nur, dass die Anschaffung solcher Hightechgeräte die Gesundheitskosten in die Höhe treibt. Diesen Trend zu korrigieren wäre auch die Aufgabe von Bundes-Parlamentarierinnen wie Verena Diener.

Vor drei Jahren sagte die Ständerätin dem «Tages-Anzeiger», auf das mögliche Dilemma zwischen ihrem Berner und ihrem Solothurner Hut angesprochen: «Kein Problem». Jetzt zeigt sich, dass ihr der Spagat zwischen Markt und Politik doch nicht so gut gelingt.

Richtigstellung

Im Vorfeld der Abstimmung tauchte in der Region Solothurn der Vorwurf auf, die Autorin dieses Artikels sei bekennendes Mitglied der IG Pro Klinik Allerheiligenberg und damit Partei. Das ist falsch. Frau Dietschis Name figurierte lediglich zwischenzeitlich auf einer Liste der IG. Dies aber bloss deshalb, weil sie im Zuge eines Jubiläumsfests eine Stimme abgeben wollte für eine sinnvolle Nachnutzung der Klinik Allerheiligenberg. Diese Tatsache war dem Beobachter bekannt. Frau Dietschi distanziert sich ausdrücklich von den politischen Zielen der Schliessungsgegner.
Die Redaktion