Verkehrssignale dienen nicht etwa der Sicherheit, sondern der Staatskasse; sie werden nämlich absichtlich so platziert, dass sie von den Automobilisten schlecht erkannt werden und die Polizei möglichst viele Bussen verteilen kann. So denkt mancher Verkehrsteilnehmer, der eine Busse wegen Missachtung eines Signals oder einer Markierung kassiert.

Die Absicht des Gesetzgebers war freilich eine andere: Die Signale sind das visuelle Pendant zu den Verkehrsregeln im Gesetz. Sie haben unterschiedliche Aufgaben. Gewisse Signale verpflichten zu einem bestimmten Verhalten – zum Beispiel «Einfahrt verboten» oder «Höchstgeschwindigkeit». Andere warnen vor Gefahren (Schleudergefahr, Baustelle, Stau et cetera) oder erteilen einfach nur Hinweise (Wegweiser, Ausfahrtstafel, Sackgasse). Gemeinsam ist allen Verkehrssignalen, dass viele Automobilisten sie nicht richtig interpretieren oder gar nicht erst beachten. Deshalb seien hier die häufigsten Irrtümer aufgeklärt.

1. Wenn ich mich an die Signale halte, bin ich immer im Recht. Etwa wenn ich Vortritt habe, sich aber ein anderer vordrängt und ein Unfall passiert.

Dass Sie sich an die Vorschriftssignale halten, ist sicher eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine reibungslose Fahrt. Das allein reicht aber nicht: Der sogenannte Vertrauensgrundsatz verpflichtet alle Verkehrsteilnehmer zu besonderer Vorsicht gegenüber Strassenbenützern, die sich nicht richtig verhalten könnten. Das gilt vor allem bei der Ausübung des Vortrittsrechts.

Konkret: Gibt es Anzeichen dafür, dass ein anderer Lenker, der keinen Vortritt hat, sich nicht korrekt verhält, ist Vorsicht am Platz. Falls Sie trotzdem stur auf Ihrem signalisierten Vortrittsrecht beharren, müssen Sie sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, falls es zu einem Unfall kommt.

2. Wenn ein Signal offensichtlich falsch aufgestellt wurde, muss ich mich nicht daran halten.

Das Bundesgericht ist anderer Meinung: Auch fehlende oder schlecht positionierte Signale wie offensichtlich falsch aufgestellte Lichtsignale und unzulässige Blinklichter müssen respektiert werden, weil auch sie Vertrauen bei den übrigen Verkehrsteilnehmern schaffen (siehe Punkt 1).

3. Ich muss mich nur an Signalisierungen halten, die im Amtsblatt publiziert wurden.

Verhaltensvorschriften – etwa Fahrverbote oder «Stopp»-Schilder – müssen von den Behörden mittels Verfügung angeordnet und zusammen mit einer Rechtsmittelbelehrung im Amtsblatt publiziert werden. Erst wenn eine solche Anordnung rechtskräftig geworden ist, darf das Signal aufgestellt werden.

Ein Signal, das gegen diese Vorschriften verstösst, ist also grundsätzlich nicht verbindlich. Dennoch sollten Sie auch bei einer solchen Konstellation vorsichtig sein – denn andere Automobilisten könnten auf das Signal vertrauen. Bei einem Unfall könnte einem Lenker, der sich nicht ans illegale Signal hielt, zumindest die Verletzung des Vertrauensgrundsatzes zur Last gelegt werden (siehe Punkt 1).

Ausgenommen vom Verfügungszwang sind übrigens das Signal «Höchstgeschwindigkeit 50 generell», Lichtsignale sowie Signale mit rein informativem Charakter: Sie müssen weder verfügt noch publiziert werden. Auch für vorübergehende Anordnungen der Polizei, die nicht länger als acht Tage gelten sollen, ist das ordentliche Verfahren nicht vorgeschrieben.

4. Wenn es kein Parkverbot gibt, darf ich mein Auto auch ausserhalb der markierten Parkfelder abstellen.

Davon ist abzuraten – vor allem, wenn bei der Einfahrt zu einem Parkplatz das Signal «Parkieren gestattet» (grosses P auf blauem Grund) steht. Das bedeutet nämlich, dass Sie auf dem ganzen Parkplatz ausschliesslich auf den gekennzeichneten Feldern parkieren dürfen.

Bei Parkfeldern am Strassenrand wird es schwieriger. Das Bundesgericht hat dazu festgehalten, dass das Parkieren ausserhalb der markierten Felder auch in einem gewissen Abstand zu diesen unzulässig ist. Diese Distanz ist aber je nach örtlichen Verhältnissen verschieden. Bei Parkfeldern entlang einer geraden Strasse ohne Unterbrüche dürfen vorher und nachher mindestens auf einer Länge von fünf bis sechs Personenwagen keine Fahrzeuge aufgestellt werden. Ein weitergehendes Verbot ist laut Bundesgericht nur gültig, wenn es entsprechend signalisiert ist.

Fazit: Ist weit und breit weder ein Parkfeld noch ein Signal sichtbar, dürfen Sie Ihren Wagen am Strassenrand abstellen, sofern kein Halte- oder Parkverbot besteht.

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5. Auf meinem Privatgrund darf ich eigene Signale aufstellen und Bussen verteilen.

Wenn nur Sie oder ganz wenige Personen (Familienangehörige oder Hausbewohner) die Strasse oder den Parkplatz auf Ihrem Grundstück benützen dürfen, können Sie eigene – etwa im Baumarkt gekaufte – Signale montieren. Insbesondere dürfen Sie auf dem Parkplatz signalisieren, dass dieser nicht von Unberechtigten besetzt werden darf. Das ist etwa dann wichtig, wenn Sie Vermieter sind und vertraglich dafür verantwortlich sind, dass die Mieterschaft den gemieteten Parkplatz jederzeit benützen kann. Möchten Sie bei der Abzweigung von der öffentlichen Strasse in Ihre Privatstrasse eine Fahrverbotstafel anbringen, müssen Sie sich ans zuständige Gericht wenden.

In Sachen Bussen ist der Fall klar: Das Strafmonopol liegt immer beim Staat. Deshalb dürfen Sie als Private auf Ihren Grundstücken keine Bussen verteilen – auch dann nicht, wenn Sie ein richterliches Verbot erwirkt haben. Immerhin können Sie in diesem Fall die Parksünder bei der Polizei verzeigen. Lassen Sie Ihr privates Areal von einer Überwachungsfirma kontrollieren, können Sie die dadurch entstehenden Kosten in Form einer Umtriebsentschädigung auf die Parksünder überwälzen.

6. Wenn ich es entsprechend signalisiere, darf ich Parksünder auf meinem Grundstück immer und sofort abschleppen lassen.

Nein, das sollten Sie nicht voreilig tun. Automobilisten, die mit ihren Fahrzeugen reservierte Parkplätze belegen, sind zwar ein Ärgernis. Dennoch sollten Eigentümer, Mieter oder Pächter eines Grundstücks nicht zu Wildwestmethoden greifen.

Denn wenn Sie allzu eigenmächtig vorgehen oder die Sache übertreiben, kann sich das zum Bumerang entwickeln – insbesondere dann, wenn sich der Fahrer des abgeschleppten Wagens Parkplatz Das fremde Auto abschleppen lassen? gegenüber dem Abschleppdienst weigert, die Kosten zu bezahlen. In diesem Fall müssen Sie als Auftraggeber dafür einstehen.

Sie können zwar versuchen, die Kosten auf dem Gerichtsweg vom Parksünder zurückzufordern. War Ihr eigenes Verhalten aber unverhältnismässig – etwa weil Sie den Halter ganz einfach hätten ausfindig machen können –, besteht das Risiko, dass Sie die Schadenersatzklage verlieren.

7. Im allgemeinen Fahrverbot kann ich das Auto parkieren, ohne dafür eine Busse zu riskieren.

Nein, diesbezüglich hat das Bundesgericht Klartext gesprochen. Es ging darum, dass ein Automobilist seinen Wagen in einer Strasse abgestellt hatte, an deren Eingang eine Fahrverbotstafel mit dem Hinweis «Ausgenommen Güterumschlag oder Ein- und Aussteigenlassen 05.00–20.00» aufgestellt war. Er wurde gebüsst – und zwar mit 100 Franken wegen der Missachtung des Fahrverbots und zusätzlich mit 120 Franken, da er weder Güter umgeschlagen noch Personen abgeholt oder hingebracht hatte. Das Bundesgericht schützte den Entscheid der Vorinstanz: Ein Fahrverbotssignal untersage nicht nur, die betreffende Strasse zu befahren, sondern «quasi stillschweigend» auch, darauf anzuhalten oder zu parkieren. Die Missachtung ziehe deshalb eine doppelte Bestrafung nach sich.

8. Ich verstosse nicht gegen ein Halteverbot, wenn ich zwar aussteige, aber der Mitfahrer sitzen bleibt.

Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Das Strassenverkehrsgesetz meint mit «Parkieren» das Anhalten des Fahrzeugs, das weder einen Nothalt (etwa wegen einer Panne) darstellt noch dem Ein- und Aussteigenlassen von Personen oder dem Güterumschlag dient. Massgebend ist also primär der Zweck des Halts und nicht die Zeitspanne. Deshalb ist es auch unerheblich, ob der Fahrer oder die Mitfahrerin im Auto sitzen bleibt oder – verbotenerweise – sogar den Motor laufen lässt. Im Zweifelsfall gilt: Müssen Sie sich von Ihrem Wagen entfernen, sind aber nicht sicher, wann Sie wieder zurückkommen, sollten Sie einen Parkplatz suchen.