Die Schweiz hat das drittteuerste Gesundheitswesen der Welt. Auch deshalb, weil wir wegen jedem Bobo zum Arzt rennen. Diese Behauptung wird oft zitiert – ist aber ein Ammenmärchen.

Die Schweizerinnen und Schweizer gehen nämlich seltener zum Arzt als die Bewohner anderer Industrieländer – im Durchschnitt viermal im Jahr. Zum Vergleich: Die Japaner sind mit fast 14 Arztbesuchen Weltmeister im Doktorhopping. Dies geht aus einer eben publizierten Rangliste der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor. Von 23 untersuchten Ländern liegt die Schweiz ganz hinten auf Platz 21. Auch liegt sie deutlich unter dem OECD-Schnitt von knapp sieben Arztbesuchen jährlich.

Geld aus der Tasche ziehen

Gäbe es einen Zusammenhang zwischen Anzahl Arztbesuche und Gesundheitskosten, müsste Spitzenreiter Japan eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt haben. Hat es aber nicht: Die Japaner geben pro Kopf fast nur halb so viel für die Gesundheit aus wie die Schweizer. «Es ist offenbar nicht matchentscheidend, ob die Leute oft oder selten zum Arzt gehen», bestätigt der FDP-Gesundheitspolitiker Felix Gutzwiller.

Diese Erkenntnis überrascht, wollte doch Ex-Gesundheitsminister Pascal Couchepin mit einer Praxisgebühr von 30 Franken pro Untersuch die Bevölkerung gar von Arztbesuchen abhalten. Damit unterstellte auch er, viele würden unnötig zum Doktor gehen. Couchepins inzwischen abgeschmetterte Idee erscheint im Nachhinein nur noch als Trick, den Selbstbehalt der Patienten zu erhöhen, ihnen also noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.

Quelle: Stock-Kollektion colourbox.com
Ein teurer Maschinenpark

Ins Tuch geht der Arztbesuch hierzulande, «weil Patienten oft mit teurer Hightech-Medizin behandelt werden, obwohl das gar nicht nötig wäre», wie Felix Gutzwiller sagt. Tatsächlich zeigt die gleiche OECD-Studie: Die Schweiz spielt beim Maschinenpark in der obersten Liga. In unseren Praxen und Spitälern stehen immer noch viel mehr Magnetresonanztomographen und Strahlentherapiegeräte als anderswo.