«Man gönnt sich ja sonst nichts», mag sich Pascal Oberli (Name geändert) aus Olten gedacht haben, als er im Juni 2005 einen Leasingvertrag für einen Audi TT Roadster unterschrieb. 475 Franken sollte der 29-jährige Gemeindeangestellte laut Vertrag für den gebrauchten Wagen pro Monat zahlen. Kein Problem bei einem monatlichen Einkommen von 5300 Franken, dachte sich Oberli. Schliesslich hatte er als Single keine grossen Verpflichtungen.

Doch bereits ein Dreivierteljahr später konnte er die monatlichen Leasingraten nur noch mit Mühe aufbringen. Dankbar nahm Oberli das Angebot der Garage an, den Vertrag vorzeitig aufzulösen und einen neuen für einen günstigeren VW Polo abzuschliessen. Bei der Schlussabrechnung stockte ihm aber der Atem: Sage und schreibe 10'500 Franken verlangte die Bank für den vorzeitigen Ausstieg. Rückblickend gerechnet, hat Pascal Oberli für das elfmonatige Abenteuer Audi-Leasing fast 20'000 Franken auf den Tisch geblättert, das sind 1752 Franken pro Monat!

Autoleasing ist teuer und eignet sich nur für gut bis sehr gut Verdienende. Je nach Typ kostet ein geleaster Wagen zwischen 10 und 15 Prozent mehr als ein gekaufter. Trotzdem ist Leasing im Trend, vor allem bei jungen Leuten mit tiefem Einkommen. Fast eine halbe Million geleaster Wagen fährt auf unseren Strassen herum. Bereits die Hälfte aller Neuwagen in der Schweiz gehört nicht dem Lenker, sondern der Bank.

Seit dem 1. Januar 2003 sind Leasingverträge im Konsumkreditgesetz (KKG) geregelt. Hauptanliegen dieses Gesetzes ist der Schutz vor Überschuldung. Die sogenannte Kreditfähigkeitsprüfung sollte verhindern, dass sich Konsumentinnen und Konsumenten mit zu hohen Leasingraten in Schulden stürzen. Vier Jahre nach Einführung des Gesetzes ist die Bilanz jedoch ernüchternd. Schuldenfachleute sind sich einig: Das Konsumkreditgesetz schützt Leasingnehmer ungenügend, denn es greift in der Praxis nicht und führt - wie im Beispiel von Pascal Oberli - zu paradoxen Ergebnissen. Einer der Gründe dafür ist, dass viele Leasinggeber, einen guten Abschluss vor Augen, bei den Kreditfähigkeitsprüfungen beide Augen zudrücken.

Beim Budget wird geschummelt
Dabei ist gerade die Kreditfähigkeitsprüfung Kernstück des Konsumkreditgesetzes. Sie soll zeigen, ob sich ein Interessent das gewünschte Auto mit seinem Einkommen neben den laufenden Ausgaben (Miete, Essen, Steuern und so weiter) überhaupt leisten kann. In der Praxis trägt diese Bonitätskontrolle den Lebensrealitäten jedoch kaum Rechnung (siehe auch unten: «Die häufigsten Fehler in Leasingverträgen»).

Im Budget werden beispielsweise bei den Krankenkassenprämien statt der effektiven Kosten nur Durchschnittswerte eingesetzt, ohne Selbstbehalt und Franchise. Und obschon bei Leasing die Unterhaltskosten hoch sind, weil laut Vertrag obligatorisch eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen werden muss, fehlen meistens gerade diese Ausgaben bei der Prüfung der Kreditfähigkeit. «Ein solches Budget kann nicht aufgehen, die Verschuldung ist programmiert», weiss Mario Roncoroni, Geschäftsleiter des Vereins Schuldensanierung Bern.

Versteckte Konventionalstrafen
Gemäss Erfahrungswerten des TCS muss man für die Betriebskosten das Doppelte der Leasingraten rechnen; allein die Vollkaskoversicherung kann einen jungen Lenker bis zu 4000 Franken im Jahr kosten. Damit sie nach einer ungünstigen Kreditfähigkeitsprüfung einen Antrag nicht ablehnen müssen, schlagen zudem manche Leasinggeber dem Kunden nicht etwa vor, einen günstigeren Wagen zu nehmen, sondern setzen eine hohe erste Rate ein. Dank dieser Zahlenkosmetik sinken die weiteren Raten. So musste zum Beispiel Pascal Oberli als erste Rate 4000 Franken bezahlen. Rechnet man diesen Betrag in Raten um, würde die monatliche Leasingbelastung nicht 475 Franken, sondern 545 Franken betragen.

Ein weiterer Schwachpunkt des neuen Gesetzes: Die Kreditfähigkeitsprüfung lässt eine Verschuldung bis zum Existenzminimum zu. Wegen der langen Laufzeiten bleibt dem Leasingnehmer während vier, fünf Jahren kaum finanzieller Schnauf für Unvorhergesehenes. Paradox dabei auch: Wem die Leasingraten wegen Familienzuwachs, Krankheit, Scheidung oder Stellenverlust zu hoch werden, kann sich einen Ausstieg aus dem Vertrag erst recht nicht leisten. Denn bei vorzeitigem Ausstieg wird die Leasingrate auf die verkürzte Laufzeit neu berechnet. Das bedeutet: noch höhere Raten, weil die Fahrzeugentwertung am Anfang besonders hoch ist und bei einem vorzeitigen Ausstieg vollständig auf den Kunden überwälzt wird.

Der Wertverlust des Autos wird im Vertrag in der sogenannten Restwerttabelle ausgewiesen. Mario Roncoroni und andere Fachleute kritisieren, dass diese Tabellen häufig nicht nach wirtschaftlich anerkannten Grundsätzen erstellt seien und versteckte Konventionalstrafen enthielten. So auch bei Pascal Oberli. Die Ausstiegskosten mitgerechnet, kommt ihn sein VW Polo nur knapp 8000 Franken günstiger als der teure Audi Roadster - und dies bei einer Laufzeit von fünf Jahren. Besonders stossend: Unter dem alten Recht wäre ein Ausstieg einfacher und vor allem günstiger gewesen.

Die Krux: Zwar sieht das Konsumkreditgesetz bei Formfehlern, schludrigen Kreditfähigkeitsprüfungen oder falsch berechneten Restwerttabellen als Sanktion für den Leasinggeber den Verlust des Zinses oder gar der Raten vor. Allerdings enthält das KKG für die Kreditfähigkeitsprüfung nur Minimalvorschriften und überlässt die Präzisierung der Gerichtspraxis.

Ein Prozess kostet ein Heidengeld
Hinzu kommt: Laien sind mit den komplizierten Leasingverträgen meist hoffnungslos überfordert. Wie sollen Konsumenten etwa erkennen, dass sie ihre seitenlangen Verträge wegen Formfehlern oder mangelhaften Kreditfähigkeitsprüfungen anfechten können? «Die Branche profitiert von der Unerfahrenheit der Konsumentinnen und Konsumenten. Ein Leasingvertrag ist derart kompliziert, dass kaum jemand die Folgen richtig abschätzen kann», kritisiert auch Jacqueline Bachmann, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz.

Und die Leasingbranche macht nicht nur mit dem Unwissen ihrer Kunden ein gutes Geschäft, sondern auch mit deren Machtlosigkeit. Zwar werden den Leasingnehmern massenweise fehlerhafte und damit anfechtbare Verträge zur Unterschrift vorgelegt. Wer jedoch wegen finanzieller Probleme aus einem Vertrag aussteigen will, aber über keine Rechtsschutzversicherung verfügt, kann sich das Prozessieren gegen einen finanziell überlegenen Gegner ganz einfach nicht leisten. Aus diesem Grund gibt es bis heute nur wenige Gerichtsurteile zu Leasingverträgen. Konsumentinnen und Konsumenten wie Pascal Oberli haben das Nachsehen. Sie zahlen und schweigen.

Die häufigsten Fehler in Leasingverträgen

Obschon das Konsumkreditgesetz strenge Vorschriften aufstellt, sind viele Leasingverträge mangelhaft und damit anfechtbar. Häufig wird bei der Kreditfähigkeitsprüfung geschlampt. Andere Leasingverträge enthalten Formfehler, oder es liegen ihnen falsche Berechnungen und Angaben zugrunde. Hier eine Auswahl der häufigsten Fehler.

  • Im für die Kreditfähigkeitsprüfung massgebenden Budget fehlen wichtige Ausgabenposten (zum Beispiel Vollkaskoversicherung oder Gesundheitskosten).
  • Für Krankenkasse, auswärtige Verpflegung, Fahrten zum Arbeitsplatz und Steuern werden statt der effektiven Kosten zu tiefe Pauschalbeträge eingesetzt.
  • Bei Ehepaaren wird der Lohn beider Partner berücksichtigt statt nur der Lohn des Leasingnehmers.
  • Bei solidarisch haftenden Ehegatten wird das höhere statt das niedrigere Einkommen berücksichtigt.
  • Im Vertrag fehlen die sorgfältige Berechnung des Existenzminimums und der Hinweis auf die Kosten für die Vollkaskoversicherung, falls die Leasinggesellschaft einen bestimmten Anbieter vorschreibt.
  • Der Hinweis auf das gesetzliche Widerrufsrecht ist irreführend formuliert und weckt beim Leasingnehmer den Eindruck, bei einem Widerruf werde Schadenersatz fällig.
  • Beim effektiven Jahreszins wird die Mehrwertsteuer nicht mit eingerechnet.
  • Die sogenannte Restwerttabelle entspricht nicht wirtschaftlichen Grundsätzen und enthält versteckte Konventionalstrafen: Häufig kommt ein Ausstieg nach einer gewissen Zeit teurer, als wenn der Leasingnehmer das Auto bis zum Vertragsende leasen würde.
  • Bei Occasionsautos werden die gleichen Restwerttabellen angewendet wie für neue Wagen.

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