Er ist ein Renner: Der monatliche Mittagstisch für Senioren in Hägendorf SO ist jeweils bis auf den letzten Platz besetzt. Im katholischen Pfarreizentrum servieren Köchinnen der Stiftung für ein glückliches Alter für zehn Franken ein reichhaltiges Mittagessen mit Kaffee und Dessert. Auffällig sei dabei der grosse Appetit mancher Gäste, so Raphaela Imhof, eine der Freiwilligen. «Sie greifen zu, als hätten sie seit Tagen keine warme Mahlzeit mehr gehabt», sagt sie schmunzelnd.

Mit dieser Einschätzung trifft sie den Nagel auf den Kopf. Viele ältere Menschen essen nämlich zu wenig und ernähren sich einseitig. Sei es, weil sie einsam sind, keine Lust zum Kochen haben oder schlicht nicht mehr den gleichen Appetit verspüren wie in jungen Jahren. Auch der Geschmacks- und der Geruchssinn lassen im Alter nach, ebenso das Durstempfinden Trinken Die Quelle des Wohlbefindens . Gesellen sich dann noch Magen-Darm-Beschwerden hinzu, eine häufige Nebenwirkung von Medikamenten, macht das Essen und Trinken keinen Spass. Und wenn man allein ist, schon gar nicht.

Geschwächtes Immunsystem

Das hat Folgen: Studien zeigen, dass in der Schweiz etwa jede dritte Person über 65 Symptome von Mangelernährung zeigt; je nach Untersuchung ist sogar über die Hälfte in dieser Altersgruppe betroffen. «Bemerkenswert dabei ist, dass nur etwa ein Viertel der zu Hause lebenden Senioren ihre Ernährungssituation realistisch einschätzen. Das heisst, die meisten sind sich gar nicht bewusst, dass sie falsch essen», sagt Andrea Koppitz, Pflegewissenschaftlerin an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Die Folgen von Mangelernährung sind gravierend: ein geschwächtes Immunsystem Abwehrkräfte Was stärkt unser Immunsystem? und somit ein erhöhtes Infektionsrisiko, ein erhöhtes Sturzrisiko und schlechtere Wundheilung.

Fakt ist: Im Alter muss man die Ernährung umstellen. Der Bedarf an Nährstoffen bleibt zwar etwa gleich, aber der Energiebedarf im Ruhezustand nimmt ab. «Dies bedeutet, dass ältere Menschen bewusst Lebensmittel mit wenig Kalorien, aber mit einer hohen Dichte an Vitaminen Kochen Rettet die Vitamine! , Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen und Nahrungsfasern bevorzugen sollten», empfiehlt die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE). Natürlich ist der Energiebedarf auch im Alter von der körperlichen Aktivität abhängig. Wer sich viel bewegt, braucht mehr Kalorien.

Mit der Ernährung auf höheren Proteinbedarf reagieren

Eine massgebliche Rolle spielt in jedem Fall die ausreichende Zufuhr von Eiweissen Arteriosklerose Die Mär vom bösen Ei . Der Körper braucht sie, um Muskel- und andere Zellen aufzubauen und zu erhalten. Der Proteinbedarf nimmt im Alter sogar noch zu. Denn zum einen verlangsamt sich ab dem 50. Altersjahr der Stoffwechsel. Anderseits beginnt der Körper, Muskelmasse abzubauen, da die Muskelfasern die benötigten Eiweisse nicht mehr so effizient einbauen.

Diesem Prozess kann man entgegenwirken: «Während eine jüngere erwachsene Person mit 0,6 bis 0,8 Gramm Eiweiss pro Kilogramm Körpergewicht auskommt, brauchen alte Menschen 25 bis 50 Prozent mehr», so Andrea Koppitz. Eine 70 Kilo schwere Person benötigt zirka 90 Gramm Eiweiss, was 1,2 bis 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag entspricht. Diese Menge steckt zum Beispiel in 450 Gramm Schweinefleisch, 350 Gramm Poulet, 400 Gramm Lachs Jod 12 Fakten über das Spurenelement , 230 Gramm Parmesan, 750 Gramm Magerquark oder einem Dutzend Eiern. Ernährungsexperten raten, die Rationen auf die drei Hauptmahlzeiten zu verteilen.

Vitamin D hilft im Alter

Er esse bereits zum Frühstück ein Ei, verrät der Geriater Reto W. Kressig, Chefarzt am Felix-Platter-Spital in Basel. Zu Zurückhaltung hingegen raten Experten bei Obst und Gemüse – damit nicht vorzeitig ein Völlegefühl entsteht. Das bedeutet: Das Dogma der gesunden Ernährung mit Gemüse und Früchten relativiert sich im Alter.

Zentral ist für den alternden Körper neben Eiweissen auch Vitamin D . Es unterstützt den Stoffwechsel des Kalziums, des wichtigsten Bausteins der Knochen. Vitamin D wirkt sich auch auf die Muskulatur aus und verringert damit das Sturzrisiko. Umgekehrt zeigt sich: Vier von fünf älteren Patienten, die sich bei einem Sturz die Hüfte brechen, weisen einen Vitamin-D-Mangel auf.

Die Altersforscherin Heike Bischoff-Ferrari untersucht an der Universität Zürich die Rolle von Vitamin D für die allgemeine Gesundheit. Senioren empfiehlt sie Vitamin-D-Tropfen. Diese einfache Massnahme koste kaum etwas, verlängere aber die Lebensqualität im Alter wesentlich. Andere Ergänzungsmittel wie Betacarotin, Vitamin A, Vitamin C, Vitamin E oder Selen sind hingegen im Alter nicht nötig, da die Aufnahme dieser sogenannten Antioxidantien über die Nahrung in den meisten Fällen ausreicht. Betacarotin in hohen Dosen kann sogar gefährlich sein und das Lungenkrebsrisiko erhöhen, wie mehrere Studien gezeigt haben.

Simple Tricks, damit man genug trinkt

Wichtig ist schliesslich für alternde Menschen genügend Flüssigkeit, pro Tag mindestens ein bis zwei Liter. Da ihr Durstgefühl abnimmt, braucht es besondere Aufmerksamkeit, um auf diese Menge zu kommen. Die SGE empfiehlt, «Essen und Trinken bewusst zu planen, sich sichtbar ein Trinkgefäss hinzustellen und sich an äusseren Anhaltspunkten und Signalen zu orientieren». 

Einfache Tricks, damit man das Trinken nicht vergisst, sind: eine Flasche Wasser auf den Küchentisch stellen (die am Abend leer sein soll), gleich nach dem Aufstehen und bei jedem Gang zur Toilette ein Glas Wasser trinken oder beim Bummeln eine Wasserflasche mitnehmen.

Für Andrea Koppitz ist noch ein anderer Aspekt entscheidend: «Es existiert sehr viel Wissen über Ernährung und Ernährungsdefizite bei älteren Menschen, aber der Genuss und die Freude am Essen Slow Food «Eine Orgie für die Sinne» werden viel zu wenig beachtet», meint die Pflegewissenschaftlerin.

Deshalb sollten Angehörige, aber auch Spitex-Mitarbeitende und das Pflegepersonal in Heimen viel stärker auf die genussreiche Seite der Nahrungsaufnahme achten: Hat die Mahlzeit geschmeckt? War der Tisch hübsch gedeckt? Waren angenehme Leute anwesend? «Gemeinsam mit anderen zu essen ist für die meisten schöner, als allein zu speisen», sagt Koppitz. Auch dieser Punkt sei eine wichtige Ernährungsempfehlung.

Ernährung im Alter: Das braucht der Körper

Früchte und Gemüse

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, täglich 400 bis 800 Gramm Obst und Gemüse zu essen, verteilt auf verschiedene Portionen über den Tag. Regionale Saisonfrüchte und -gemüse sind dabei besser, weil man sie frisch und unverarbeitet Kochen Rettet die Vitamine! rasch konsumieren kann.
 

Fette

Täglich sollte man nicht mehr als 30 Prozent der Kalorien über Fette aufnehmen. Davon wiederum sollten nicht mehr als 30 Prozent gesättigte Fettsäuren sein, wie sie etwa in tierischen Lebensmitteln vorkommen, aber auch in Palm- und Kokosnussöl. Ein Drittel der verzehrten Fette sollte aus einfach ungesättigten Fetten (pflanzliche Öle) stammen, der Rest aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren (kommt zum Beispiel im Kaltwasser- oder Hochseefisch und auch in Nüssen vor). Zu diesen mehrfach ungesättigten Fettsäuren zählen auch Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Sie wirken entzündungshemmend, senken das schlechte Cholesterin und den Blutdruck Bluthochdruck Lautlose Gefahr . Omega-3-Fettsäuren sind auch für viele Gehirnfunktionen wichtig; sie steigern die Aufmerksamkeit und die Wahrnehmung und haben einen positiven Einfluss auf das Gedächtnis und die Stimmungslage.
 

Kohlenhydrate

Kohlenhydrate sind ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung. Allerdings sind sich Experten nicht einig, wie viel davon man konsumieren sollte. Manche sagen, sie sollten nicht mehr als 30 Prozent der täglich eingenommenen Nahrungsmittel ausmachen. Denn in Ländern, wo man die Fettkalorien durch Kohlenhydrate ersetzte, sei die Zahl der Übergewichtigen kontinuierlich angestiegen.

Entscheidend ist, welche Art von Kohlenhydraten man konsumiert. Gut sind solche, die den Blutzuckerspiegel langsam ansteigen lassen, also einen niedrigen glykämischen Index (Glyx) haben. Das ist vor allem bei Vollkornprodukten, aber auch bei Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten der Fall. Denn damit der Körper an deren Monosaccharide (Einfachzucker) rankommt, muss er die komplexen Kohlenhydrate erst aufspalten. Das verbraucht Energie und lässt den Blutzuckerspiegel langsam ansteigen. Bei Weissbrot hingegen kann der Darm den Einfachzucker schnell verwerten und der Blutzuckerspiegel schnellt in die Höhe. 

Gut für den Körper sind zudem auch Lebensmittel mit einer niedrigen glykämische Last. Von einer niedrigen glykämischen Last spricht man, wenn der Glyx zwar relativ hoch ist, die Lebensmittel aber relativ wenig Kohlenhydrate enthalten und man daher eine grosse Menge konsumieren müsste, um den Blutzuckerspiegel rasch ansteigen zu lassen.
 

Proteine

Proteine sind für den Körper wichtige Energielieferanten. Denn Eiweisse gehören zu den Grundbausteinen der menschlichen Zellen. Sie sind auch zentral für viele Stoffwechselfunktionen und bei den körpereigenen Abwehrfunktionen. Nimmt man Proteine zu sich, so verbraucht der Körper bereits knapp 30 Prozent der zugeführten Energie, um die Proteine zu verwerten. Das heisst, dass Protein-Kalorien weniger ins Gewicht fallen als solche von Fetten und Kohlenhydraten.

Proteine finden sich vorwiegend in Fleisch und Fisch, in Milchprodukten, Getreide, Nüssen, Eiern und Hülsenfrüchten.

Diese Nahrungsmittel sollte man vermeiden

Gesättigte Fettsäuren

Gesättigte Fettsäuren kommen vor allem in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Wurst oder Butter, aber auch in Kokos- und Palmfett vor. Sie erhöhen die Konzentration an «schlechtem» LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein). Diese LDL Cholesterine bewirken, dass sich das Cholesterin an den Gefässwänden ablagert, was zu einer sogenannten Arterienverkalkung (Arteriosklerose) führt und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen massgeblich erhöht. Das «gute» HDL-Cholesterin (High Densitiy Lipoprotein) hingegen sammelt das schlechte LDL-Cholesterin im Blutkreislauf ein und befördert es zur Leber, wo es abgebaut wird.
 

Transfette

Transfette entstehen bei der Härtung von leicht verderblichen Pflanzen- und Fischölen, damit die Lebensmittel länger haltbar sind, aber auch durch das starke Erhitzen Krebserregendes Essen Ganz und gar ungeniessbar (über 200 Grad) und bei mehrmaliger Verwendung von Frittieröl. Transfette kommen vor allem in industriell gefertigten Lebensmitteln vor, zum Beispiel Guetzli, Blätterteiggebäck, Kuchen, Gipfeli, Fertigsuppen, Fastfood, Pommes-Chips, Pommes frites und Popcorn.

Transfette erhöhen den LDL-Gehalt im Blut, senken den HDL-Wert und fördern das Bauchfett.

 

Butter oder Margarine?

Butter ist ein tierisches Produkt und enthält gesättigte Fettsäuren. Margarine ist ein industriell gehärtetes Fett; es enthält zwar kein Cholesterin, dafür aber jede Menge Transfette und chemische Zusätze. Sowohl Butter als auch Margarine sind – in grossen Mengen konsumiert – also nicht ideal.

Fazit: Lassen Sie sich die Butter nicht vom Brot nehmen, aber tragen Sie sie nicht fingerdick auf!

Wissen, was dem Körper guttut.
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Chantal Hebeisen, Redaktorin
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