«Man geht zu einem Therapeuten, schüttet ihm sein Herz aus, wird bemitleidet, bekommt gute Ratschläge und weiss fortan, wie man sein Leben zu führen hat. Diese Vorstellung ist meilenweit von jeglicher Realität entfernt», sagt die Aargauer Buchautorin Verena Hoehne. Sie habe «Jahre gebraucht», bis sie zur Einsicht gekommen sei: «Ich muss die Arbeit machen, und der Therapeut kann mir allenfalls behilflich sein, einige Steine aus dem Weg zu räumen.» Im Buch «Mittendrin und nicht dabei. Mit Depressionen leben lernen» bringt Hoehne es auf den Punkt: «Die Reise beginnt und endet bei mir selber.»

Die Gründe für eine Therapie sind vielfältig: Neben eigentlichen psychischen Erkrankungen sind es vor allem Probleme in der Partnerschaft und an der Arbeitsstelle, die sich in Depressionen, Ängsten, Sucht oder Zwängen äussern können.


Bei solchen Beschwerden bieten in der Schweiz nicht weniger als 2700 Psychotherapeuten und -therapeutinnen über 80 Therapieformen an. Um in diesem Dschungel die richtige Behandlung zu finden, braucht es Wegweiser. Dazu gehört, sich zunächst über die vielfältigen Möglichkeiten der «Seelenheilkunde» zu informieren. Es gibt drei Hauptrichtungen:

  • Die Psychoanalyse, die Erfahrungen der Vergangenheit aufarbeitet;
  • die Verhaltenstherapie, die eingeschliffene Verhaltensmuster verändern soll;
  • die systemische Therapie, die das gesellschaftliche Umfeld der Betroffenen miteinbezieht.


Wer unsicher ist in Bezug auf die Therapieform, kann sich bei der Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana beraten lassen. «Wir hören uns das Problem an und zeigen auf, welche Therapien in Frage kommen könnten, was sie kosten und wie man einen geeigneten Therapeuten findet», erklärt Psychotherapeutin Sabina Bridler.

Keine geschützte Berufsbezeichnung

Bei der Suche nach einer Therapeutin oder einem Therapeuten helfen Gespräche mit dem Hausarzt oder mit therapieerfahrenen Freunden übrigens eher als ein Blick ins Telefonbuch. Wichtig zu wissen: Weil der Beruf des Psychotherapeuten nicht staatlich geregelt ist, kann sich jedermann so bezeichnen. Die Kürzel SPV oder FSP hinter der Berufsbezeichnung verweisen auf die Mitgliedschaft bei einem der beiden Berufsverbände; damit wird eine bestimmte Ausbildung und die Einhaltung von Regeln garantiert.

Eine entscheidende Rolle spielen zudem die Kosten. Die Grundversicherung bezahlt nur ärztliche Therapien oder jene bei delegierten Psychotherapeuten, die von einem Arzt angestellt sind. Zurzeit plant der Bundesrat weitere Einschränkungen: Voraussichtlich ab nächstem Juli müssten die Therapeuten nach acht Konsultationen dem Vertrauensarzt der Krankenkasse einen ersten Bericht abliefern, nach 40 Konsultationen einen zweiten. Heute muss ein solcher Bericht erst nach 60 Konsultationen erstellt werden.

Am Anfang der Therapie steht ein Probegespräch. «Dazu gehört, dass sich die Klientinnen und Klienten nach der Arbeitsweise, der Erfahrung, dem ungefähren Ablauf der Therapie und nach den Kosten erkundigen», erklärt die Zürcher Psychotherapeutin Katrin Wiederkehr. Wichtig sei auch die Art der Gesprächsführung. «Vorsicht ist angebracht, wenn ein Therapeut vollmundige Versprechungen oder eigenartige Vorschläge macht», so Wiederkehr. Aber auch eine starke Dominanz oder gar Druck seien Warnzeichen: Die Klienten müssten in jeder Phase die Freiheit haben, die Therapie abzubrechen.

Das Wort Psychotherapeut bedeutet etwa so viel wie «Seelengefährte» - ein Bild, das unterschiedlichste Erwartungen wecken kann. Ein anonymer Klient schreibt in einem Erfahrungsbericht für die Pro Mente Sana unter dem Titel «Gesucht: Universalgenie mit dem gewissen Etwas»: «Eine gute Therapie ist vor allem dazu da, Krisen abzufedern, Perspektiven aufzuzeigen und die Launen des Schicksals akzeptieren zu lernen.» Dazu brauche es eine Fachperson, betont er, fügt aber hinzu: «Von grossen Zielvorgaben und Erfolgsmessungen halte ich wenig. Es geht eher um eine Absicherung und eine sanfte Stimme im Hintergrund, die bei Problemen präsent und stabilisierend ist.»

Infos und Unterstützung bei der Suche

Beratung, Vermittlungshilfe und Informationen zur Psychotherapie erhalten Sie bei der Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana.

Quelle: bab.ch