Bausünder haben in der Schweiz oft leichtes Spiel. So im Fall der Schlossbüel-Villa bei Goldingen SG, über die der Beobachter letztes Jahr berichtete. Der Besitzer hatte das Landschloss mit Parkanlage 1997 ausserhalb der Bauzone hochgezogen. Goldingen winkte im Nachhinein alles durch, bis schliesslich das St. Galler Verwaltungsgericht elf Jahre später mehrere nachträgliche Gesuche ablehnte. Fünf Jahre lang tat sich nichts. Und welche der vielen Bausünden tatsächlich korrigiert werden, ist weiter unklar.

Vollzugsbehörde ist die saumselige Gemeinde selbst. Es sei wichtig, dass «in dieser Angelegenheit etwas geht», sagt zwar Josef Blöchlinger, Gemeindepräsident von Eschenbach, zu dem Goldingen inzwischen gehört. Drei An- und Nebenbauten der Villa seien bereits zurückgebaut, für zwei weitere laufe die Frist bis Oktober. Was tatsächlich abgebrochen wird, will er nicht sagen – «im Sinne der Diskretion».

Eine Hütte in der Lawinenzone

Auch in einem weiteren vom Beobachter erwähnten Fall klemmt es: Die Zeblas-Hütte steht seit den neunziger Jahren illegal in einem geschützten Flachmoor mitten in der roten Gefahrenzone der Bündner Gemeinde Samnaun. Bereits 2001 verfügt die Gemeinde den Abbruch, doch der damalige Besitzer reagiert nicht. Die Hütte wird ungeniert weiter ausgebaut und von einem Hotel als Touristenattraktion genutzt.

Die Umweltschutzorganisation Pro Natura interveniert. Schliesslich erlässt Samnaun erneut eine Abbruchverfügung und will den Fall 2012 endlich erledigen. Doch die heutigen Besitzer lassen die Frist ebenfalls verstreichen. Nun soll die Hütte auf ihre Kosten abgebrochen werden. Laut Gemeindepräsident Hans Kleinstein werde das «in den nächsten Monaten» geschehen.

Zahlen zu illegalen Bauten ausserhalb von Bauzonen existieren keine. Allein im Kanton St. Gallen seien ihm gut zwei Dutzend solcher Fälle bekannt, sagt Martin Zimmermann, Geschäftsführer beim WWF St. Gallen. «Das dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein.» Die Antwort der St. Galler Regierung auf eine entsprechende Anfrage lautete: Viele Gemeinden seien mit der Durchsetzung des Rechts überfordert und müssten vermehrt Anwälte beiziehen. Der Kanton sei «aufgrund der verfügbaren personellen Ressourcen nicht in der Lage, ohne Bewilligung erstellte Bauten ausserhalb der Bauzone aktiv zu evaluieren». Will heissen, man schaut gar nicht genauer hin.

Hinzu kommt: Eine Änderung des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes per 1. November 2012 erteilte vielen Bausündern die nachträgliche Absolution. Sie berufen sich darauf, ihre abgelehnten Bauten seien unter neuem Recht bewilligungsfähig. Damit beginnt das Verfahren von vorn.

Wie in einem exemplarischen Fall aus Flums SG. Im abgelegenen Gebiet Valdarsch höhlt ein Bauherr ein Bauernhaus weitgehend aus und baut einen Stall um – ohne Bewilligungen und in einem Lebensraum bedrohter Arten. Die Gemeinde verfügt einen Baustopp, der Kanton ordnet den ersatzlosen Abbruch von Haus und Stall an. Das kantonale Verwaltungsgericht bestätigt die Entscheide der Vorinstanz weitgehend. Der Bauherr geht vor Bundesgericht, seine Beschwerde wird gutgeheissen. Begründung: Nach neuem Recht können solche Bauten erneuert oder wieder aufgebaut werden, «sofern sie rechtmässig erstellt oder geändert worden sind».

Erneute Prüfung kostet Zeit und Geld

Genau das müssen nun Gemeinde und Kanton erneut prüfen, der Fall liegt bei der kantonalen Abteilung «Bauen ausserhalb der Bauzone». Deren Leiter Jakob Ruckstuhl verweist aufs Amtsgeheimnis, fügt aber an, sein Amt sei in der «rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts frei». Aber selbst wenn Gemeinde und Kanton die Baugesuche ein weiteres Mal ablehnen, kann nochmals bis vor Bundesgericht prozessiert werden.