Die Altersgrenze für die ärztliche Kontrolluntersuchung wird für Autofahrer auf 75 Jahre erhöht. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat der Gesetzesänderung zugestimmt, sie muss jetzt nur noch die Schlussabstimmung überstehen. Bislang mussten Senioren schon ab dem 70. Lebensjahr alle zwei Jahre ihre Fahrtüchtigkeit von einem Arzt untersuchen lassen. Die Änderung basiert auf einer parlamentarischen Initiative des Aargauer SVP-Nationalrats Maximilian Reimann.

Die Erhöhung sei zeitgemäss, spare Kosten und stärke die Eigenverantwortung der älteren Menschen, argumentierten die Befürworter. «Seniorinnen und Senioren sind heute rüstiger als früher», sagte der Kommissionssprecher im Nationalrat, Thomas Ammann (CVP/SG). Zudem sei die Unfallrate in der Altersgruppe der 70- bis 75-Jährigen nicht erhöht, diese steige erst ab 75 Jahren.

Die Gegner argumentierten, dass so die Gefahr für Unfälle im Strassenverkehr steige. Schaut man auf die Zahlen, so sind es tatsächlich die jüngsten und die ältesten Verkehrsteilnehmer, die am häufigsten an Unfällen beteiligt sind. Allerdings ist nicht erkennbar, ob das Risiko schon ab dem 70. Lebensjahr steigt – oder erst ab dem 75.

Ein Nacht-Fahrverbot für Senioren?

Schon im Sommer 2016 ist das dritte Massnahmenpaket von «Via sicura» in Kraft getreten. Damit soll die Zahl der Verkehrsopfer auf Schweizer Strassen weiter gesenkt werden. Im Jahr 2015 kamen insgesamt 253 Menschen im Strassenverkehr ums Leben, 3830 wurden schwer verletzt. Im Jahr 2016 sanken diese Zahlen leicht auf 236 Tote und 3785 schwer Verletzte.

Verschiedene Massnahmen, wie beispielsweise das obligatorische Fahren mit Licht am Tag oder ein Verbot von öffentlichen Warnungen vor Verkehrskontrollen, sind in den letzten Jahren bereits umgesetzt worden. Die Folgen von «Via sicura» sind bereits spürbar: Seit 2012 hat die Zahl der Verkehrstoten um 36 Prozent von 339 auf 216 abgenommen.

Durch die neuste Gesetzesänderung dürfte auch eine umstrittene Regelung, die im Juli 2016 in Kraft getreten ist, in Zukunft ebenfalls erst ab 75 Jahren gültig sein: Es ist inzwischen möglich, dass der Fahrausweis aufgrund von Beeinträchtigungen beschränkt Fahreignungsabklärung Führerausweis «light» für Senioren? werden kann (siehe nachfolgende Box). Die Beschränkung kann zum Beispiel zeitlich erfolgen, oder aber auch nur für eine bestimmte Strecke gültig sein.

Möglich sind folgende Beschränkungen:
  • auf eine bestimmte Strecke (Beispiel: vom Wohnhaus ins Dorfzentrum)
  • auf eine bestimmte Zeitspanne (Beispiel: nur tagsüber)
  • auf einen bestimmten Strassentypen (Beispiel: keine Autobahnen)
  • auf Fahrzeuge mit bestimmter Höchstgeschwindigkeit (Beispiel: 50 km/h)
  • auf Fahrzeuge mit bestimmter Ausstattung (Beispiel: Rückfahrkamera)

«Das Ziel dieser Massnahmen ist, dass ältere Personen die motorisierte Mobilität so lange wie möglich aufrechterhalten können», heisst es beim Bundesamt für Verkehr (Astra). Es betont jedoch, dass für Fahrten, die noch erlaubt sind, die Fahreignung vollständig gegeben sein müsse. So kommt ein Verbot von Nachtfahrten etwa für Senioren infrage, die zwar tagsüber noch genügend sehen, nicht aber nachts.

Die Mediziner sind gefordert

Sind diese Beschränkungen zweckmässig oder fahrlässig? «Diese Ausnahmeregelung macht Sinn, sofern die Mediziner ihre Aufgabe – also die Klärung der Fahrtüchtigkeit – seriös erfüllen», sagt Daniel Leiser, Strassenverkehrsexperte im Beobachter-Beratungszentrum. «Meiner Erfahrung nach haben die Strassenverkehrsämter schon früher solche Ausnahmen bewilligt – zum Beispiel für Fahrten mit dem Traktor vom Hof aufs Land.»

Datenschutz: Sensible Daten per Fax

Kantonal unterschiedlich ist, wie die hochsensiblen medizinischen Daten der Fahreignungstests zum jeweiligen Strassenverkehrsamt gelangen. «Ich finde es unsäglich, dass mein ärztlicher Befund unverschlüsselt per E-Mail oder sogar offen per Fax verschickt wird», sagt Hugo Baeriswyl aus Reinach BL, der unlängst zum Test musste.

«In meinem Fall war zwar nichts Heikles vermerkt, aber wenn ich depressiv, alkoholsüchtig oder dement wäre, würde das für jeden Mitarbeiter sichtbar, in dessen Hände der Fax gerät. Das geht doch nicht.»

So sieht es auch Tobias Schnelli, stellvertretender Datenschutzbeauftragter des Kantons Basel-Landschaft: «Aus Sicherheitsgründen sollte die Zustellung des Formulars per Briefpost erfolgen.» Man werde das zuständige Amt deshalb bitten, das Formular in diesem Punkt anzupassen.

Das Baselbiet ist nicht der einzige Kanton, der so fahrlässig mit Patientendaten umgeht. Beispielsweise auch im Wallis und im Glarnerland dürfen Ärzte die Befunde per Fax ans Amt weiterleiten. Gerade in kleinräumigen Gebieten ist dieses Vorgehen noch fragwürdiger, da man sich oft auch kennt.

Dass es auch anders geht, zeigen die Kantone Zürich, Aargau, Luzern und Zug. Sie verkehren mit den Vertrauensärzten ausschliesslich über ein verschlüsseltes System namens Emedko.

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