Wenn Lucas Walker in Burgdorf unterwegs ist, kann es brenzlig werden. «Die Skinheads kennen mich», sagt der 20-Jährige. «Dreckhippie» oder «linke Sau» gehören zu den milderen Ausdrücken, die ihm nachgerufen werden. Ängstlich ist er deshalb nicht: «Ich mache mir nichts draus», versichert er.

Auch Jürg Wegmüller, der 61-jährige Rektor am städtischen Gymnasium, muss viel einstecken: eisige Blicke von Passanten, anonyme Briefe. Doch Wegmüller bleibt gelassen: «Das ist mir egal.»

Engagiert unterstützen Walker und Wegmüller die Bürgerbewegung «Courage». Die Idee: Menschen aus Burgdorf stehen öffentlich dazu, dass sie Gewalt und Rassismus ablehnen. 1800 Personen haben bisher unterschrieben. «Wir sehen hin, nicht weg», lautet das Motto. Das Angebot ist breit: Pins, T-Shirts, Standaktionen, Webauftritt.

Lanciert hat die Idee Elisabeth Zäch, 54-jährige Buchhändlerin und SP-Gemeinderätin. «Es darf nicht sein, dass Neonazis und Skinheads unsere Plätze beanspruchen», sagt sie.

Rückblick, Sommer 2000: In den Gassen der Zähringerstadt, Regionalzentrum einer bürgerlich geprägten Landbevölkerung, treten Skinheads selbstbewusst auf. Jugendliche wie Lucas Walker werden bedroht und fühlen sich von der Polizei nicht ernst genommen. «Schlagt doch zurück», heisst es schon mal.

An der «Solätte», dem traditionsreichen Jugendfest, eskaliert die Situation. 20 Skins zetteln am späten Abend eine Massenschlägerei an. «Nichts Gröberes», wiegelt die Polizei ab. Doch Rektor und FDP-Mitglied Wegmüller macht die rechte Gewalt in der Schule zum Thema. Wenige Monate später gewinnt Elisabeth Zäch ihre Regierungskollegen für das «Courage»-Projekt.

Burgdorf im Sommer 2001: Die 270. Solätte geht ohne Randale zu Ende. Auch dank «Courage»? Sicher, sagt Lucas Walker. «Das Projekt hat Polizei und Behörden unter Druck gesetzt, Rechtsextreme ernst zu nehmen.»