Alarmstufe Rot in Innerrhoden: Im Herbst erwischte die Polizei am Alpstein einen nackten Wandersmann, führte ihn ab und verhörte ihn. Der Landesfähnrich – also Polizeiminister – möchte, um mögliche Nachahmer abzuschrecken, noch vor Beginn der Wandersaison ein Nacktwanderverbot einführen. Wer künftig nur mit Wanderschuhen und einem Lächeln bekleidet geschnappt wird, dem drohen 200 Franken Busse.

Der Vorfall am Alpstein hat es bis in die deutschen Schlagzeilen geschafft. Unsere nördlichen Nachbarn sind viel liberaler, was die Freikörperkultur anbelangt: Im Harz sind sogar Wanderwege für Nackte geplant. Einschlägig interessierte Sachsen, Bayern und Thüringer, die bislang «Alpstein» nicht einmal buchstabieren konnten, wissen nun: In der Schweiz tummeln sich Gleichgesinnte.

Und es gibt sogar Anzeichen, dass Wandernudisten oder Nudistenwanderer nun bereits im Winter ihrem Hobby frönen. «Es ist einfach ein Stück Freiheit», bekennt der Mann auf nebenstehendem Bild, das diesen Winter im Appenzell geschossen wurde. Höchstens die Bise vermöchte ihn vom nackig Wandern abzuhalten. Auch sind in der Gegend erstmals hüllenlose Tourenskifahrer gesichtet worden. So geht jedenfalls das Gerücht.

«Wehret den Anfängen!», warnt Paul Broger, Sprecher der Innerrhoder Kantonspolizei. Vor fünf Jahren begegnete er selber einem Nacktwanderer, zwischen Schwägalp und Säntis. «Ich forderte ihn auf, sich augenblicklich anzuziehen. Doch er mauerte.» Broger glaubt nicht mehr an einen Einzelfall, seit ihm vergangenen Herbst drei Vorfälle gemeldet wurden: ein einzelner Nacktwanderer, eine Zweiergruppe, wovon der eine bekleidet war, und eine Vierergruppe, komplett nackt. Alle in der gleichen Woche.

Wehret den Anfängen. Doch wie gegen die textillosen Wandervögel und Skihasen vorgehen? Die gesetzliche Handhabe fehlt. Der Staatsanwalt ermittelte gegen den Mann, den die Polizei im Herbst geschnappt hat, wegen «groben Unfugs». Artikel 15, kantonales Übertretungsstrafgesetz (UeStG). Grober Unfug, wir hören es: Auf diesem Gesetz liegt der Staub schon fingerdick. Um jemanden des groben Unfugs zu überführen, braucht es ausserdem jemanden, der eine Anzeige macht. Das ist mühsam und langwierig. Deshalb soll nun ein explizites Nacktwanderverbot her. Die Polizei kann dann bequem an Ort und Stelle büssen. Die Landsgemeinde wird Ende April entscheiden.

Man fragt sich: Warum haben sich die Nackis gerade Appenzell als Wanderparadies ausgesucht? Innerrhoden ist ja nicht nur sehr schön, sondern auch sehr katholisch. Nacktwandern im Alpstein ist ungefähr so wie Flitzen im Vatikan. Die Vermutung liegt nahe, dass gerade diese Kombination die Wanderer reizt. Und jedes Kind weiss: Verbotene Früchte schmecken am besten. Bald wissen das auch die Appenzeller.