Was in der Privatwirtschaft rechtlich gilt
Eine Probezeit ist zeitlich begrenzt. Trotzdem versuchen Arbeitgeber immer wieder mal, die Bewährungszeit zu verlängern – vier Beispiele.
aktualisiert am 14. April 2020 - 16:31 Uhr
Am 1. Juni habe ich eine neue Stelle angetreten. Im schriftlichen Arbeitsvertrag wurde eine Probezeit von zwei Monaten vereinbart. Nun möchte der Arbeitgeber die Probezeit um einen Monat verlängern. Ist das möglich?
Ja, das ist möglich. Ist im Arbeitsvertrag
nichts anderes vereinbart, gilt nur der erste Monat als Probezeit. Schriftlich kann jedoch eine längere Probezeit abgemacht werden. Auch ist es möglich, die bereits vereinbarte
Probezeit zu verlängern, sofern beide Seiten einverstanden sind. Eine Weigerung Ihrerseits hätte aber wohl die Kündigung zur Folge
Die Probezeit darf in der Privatwirtschaft insgesamt nicht länger als drei Monate dauern. Die Vereinbarung einer längeren Probezeit wäre ungültig. Lediglich bei einer effektiven Verkürzung der Probezeit wegen Arbeitsunfähigkeit oder Militärdienst wird diese um die Dauer der Abwesenheit erstreckt. Achtung: Bei Staatsangestellten sind längere Probezeiten möglich. Auch im Lehrvertrag kann die Probezeit auf 6 Monate verlängert werden.
Nach Ablauf der Probezeit kommen der Kündigungsschutz sowie die ordentliche Kündigungsfrist zum Tragen. Es gilt also nicht mehr die kurze Kündigungsfrist der Probezeit von in der Regel sieben Tagen. Massgebend ist dann vielmehr die vertragliche oder gesetzliche Kündigungsfrist nach der Probezeit. Zudem sind Sie nach Ablauf der drei Monate im Falle von Krankheit, Unfall, Schwangerschaft oder Militärdienst während einer gewissen Zeit vor Kündigungen geschützt.
Letzte Woche habe ich nach zwei Jahren in der Firma mein Pensum erhöht. Wir haben dafür wieder eine Probezeit abgemacht. Dann habe ich mich krankgemeldet, und der Arbeitgeber hat mich entlassen. Darf er das?
Zwar ist es so, dass es während der Probezeit keinen Kündigungsschutz bei Arbeitsunfähigkeit gibt. Allerdings ist es gesetzlich nicht zulässig, bei einer gewöhnlichen Pensumserhöhung eine neue Probezeit zu vereinbaren. Eine solche ist ausschliesslich zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses erlaubt. Sie darf nur ein weiteres Mal vereinbart werden, wenn jemand beim gleichen Arbeitgeber eine komplett andere Tätigkeit beginnt. Auch bei einem Betriebsübergang
oder bei Lernenden (siehe unten), die nach der Abschlussprüfung im Betrieb bleiben können, darf es bei ähnlicher Tätigkeit keine neue Probezeit geben.
Ihr Fall ist klar – Sie befinden sich nicht mehr in der Probezeit und geniessen Kündigungsschutz. Er dauert im dritten Dienstjahr 90 Tage. Die Kündigung ist daher unzulässig. Sie können sie so behandeln, als wäre sie nie erfolgt.
Wurde Ihnen fristlos gekündigt, weil Ihre Firma den Besitzer wechselte oder aus einem anderen zweifelhaften Grund? Beobachter-Mitglieder können sich mit der Mustervorlage «Protest gegen eine fristlose Kündigung» wehren und informieren sich im Merkblatt «Wann ist eine Kündigung missbräuchlich».
Ich möchte nach der Lehre im Lehrbetrieb weiterarbeiten. Der neue Vertrag enthält nun wieder eine dreimonatige Probezeit. Ist das rechtlich in Ordnung?
Nein. Wenn Sie nach der Lehre weiterbeschäftigt werden, gelten Sie nicht als neue Angestellte. Ihre Arbeitsleistung und -weise, Ihr Wissen und Ihre Persönlichkeit sind dem Arbeitgeber bestens bekannt. Eine Probezeit ist deshalb nicht nur unnötig, sondern auch unzulässig. Rechtlich liegt ein einziges Arbeitsverhältnis vor, und die maximale Probezeitdauer von drei Monaten ist bestanden.
Anders wäre es, wenn Sie nach der Lehre eine komplett neue Tätigkeit ausüben würden – wenn Sie zum Beispiel nach der Kochlehre erstmals in der Buchhaltungsabteilung arbeiten. Eine solche Situation würde ausnahmsweise eine neue Probezeit rechtfertigen.
Wenn Sie den neuen Vertrag mit der unzulässigen Probezeit trotzdem unterschreiben, gilt gemäss Bundesgerichtspraxis bei einer Kündigung die gesetzliche Kündigungsfrist . Diese beträgt im vierten Dienstjahr zwei Monate. Es sei denn, der Vertrag sähe nach der Probezeit ausdrücklich eine kürzere Kündigungsfrist von einem Monat vor.
Ich habe zwei Jahre temporär für eine Firma gearbeitet. Jetzt will sie mich fest anstellen – aber mit Probezeit. Zu Recht?
Ja. Das gilt selbst dann, wenn Sie nach dem Wechsel die genau gleiche Arbeit ausführen und man sich gegenseitig bereits bestens kennt. So hat es das Bundesgericht entschieden. Die Begründung: Mit dem Vertragsschluss beginnt ein komplett neues Arbeitsverhältnis.
Der Temporäreinsatz hat deshalb keinen Einfluss auf den daran anschliessenden Arbeitsvertrag. Das bedeutet auch, dass die zwei Jahre, die Sie bereits temporär gearbeitet haben, nicht auf das neue Arbeitsverhältnis angerechnet werden. Die Dauer eines Arbeitsverhältnisses kann aber entscheidend sein: So ist die Anzahl Dienstjahre massgebend für die Sperrfrist bei Krankheit oder die Kündigungsfristen.
Etwas anderes gilt übrigens bei der Weiterbeschäftigung nach der Lehre oder bei kurzen Vertragsunterbrüchen. Hier gibt es keine Probezeit, und die bisherige Beschäftigung zählt bei der Berechnung der Dienstjahre mit.