Heikle Fragen
Beim Vorstellungsgespräch wird man kräftig beschnuppert. Manchmal zu kräftig. Wir sagen, welche Fragen potentielle Arbeitgeber stellen dürfen – und welche nicht.
aktualisiert am 17. Oktober 2018 - 18:05 Uhr
Für einen Arbeitgeber ist es wichtig, möglichst viele Informationen über eine Bewerberin oder einen Bewerber zu sammeln. Schliesslich muss er beurteilen können, ob die Person für die freie Stelle die richtige ist. Das ist legitim. Im Gegenzug hat man als Bewerberin oder Bewerber ein Interesse daran, nicht jedes Detail aus dem Leben offenzulegen. Auch das ist legitim. Es ist daher eine Abwägung der beiden Interessen nötig.
Werden beim Vorstellungsgespräch Fragen gestellt, sind diese grundsätzlich vollständig und wahrheitsgetreu zu beantworten. Das gilt aber nur bei zulässigen Fragen. Erlaubt sind prinzipiell sämtliche Fragen, die in direktem Zusammenhang mit der Eignung für die offene Stelle stehen. Dazu gehören Fragen nach der Ausbildung, dem beruflichen Werdegang, den beruflichen Zielen oder nach Weiterbildungsplänen. Auch Erkundigungen zu den Beweggründen des Stellenwechsels sind unproblematisch. Fragen zu Besonderheiten im Lebenslauf – etwa eine lange Studienzeit, häufige Stellenwechsel oder Beschäftigungslücken – muss man sich ebenfalls gefallen lassen.
Nicht zulässig sind dagegen Fragen, die in die Privatsphäre des Bewerbers oder der Bewerberin eingreifen und in keinem Zusammenhang mit der Eignung für die Stelle stehen. Werden solche unerlaubten Fragen gestellt, darf man im Extremfall sogar lügen (siehe «Notlügen sind erlaubt»).
1. Sind Sie vorbestraft?
Beim Bewerbungsgespräch sind Fragen nach Vorstrafen nur zulässig, wenn sie für die entsprechende Stelle von Bedeutung sind. Bewirbt man sich etwa als Kassier, darf man nach Vermögensdelikten, als Chauffeur nach Verkehrssünden gefragt werden. Ist eine Vorstrafe im Zentralstrafregister aber bereits gelöscht, darf sie verschwiegen werden – ausser es handelt sich bei der Stelle um eine leitende Position.
Ein Strafregisterauszug darf nur ausnahmsweise verlangt werden – wenn es angesichts einer besonders verantwortungsvollen Position angebracht ist.
2. Sind Sie Christ?
Fragen zur Religionszugehörigkeit oder zur politischen Einstellung sind grundsätzlich nicht erlaubt.
Solche Fragen darf der Arbeitgeber nur stellen, wenn man sich bei einem sogenannten Tendenzbetrieb bewirbt – einer Firma oder einer Institution, die sich einer bestimmten Geisteshaltung verpflichtet hat, etwa eine politische Partei oder eine Kirche.
3. Welche Hobbies haben Sie?
Persönliche Fragen, die in keinem Zusammenhang mit der offenen Stelle stehen, sind in der Regel unzulässig. Dazu gehören Fragen zur Freizeitgestaltung, zur Wohnsituation sowie zur Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft oder einem Verein.
4. Sind Sie schwanger?
Eine bestehende oder geplante Schwangerschaft ist Privatsache. Danach zu fragen ist für den Arbeitgeber daher grundsätzlich unzulässig.
Eine Ausnahme besteht, wenn eine Schwangere in einem Job eine körperliche oder gefährliche Tätigkeit (etwa der Umgang mit giftigen Stoffen) zu verrichten hat. Bei der Bewerbung um eine solche Stelle ist die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft erlaubt.
Ebenfalls zulässig ist die Frage, wenn die vorgesehene Arbeit wegen der Schwangerschaft nicht ausgeübt werden kann – etwa als Tänzerin oder Model.
Stellenbewerber fürchten sich vielfach vor Fragen beim Vorstellungsgespräch. Beobachter-Mitglieder haben jedoch einen Vorteil: In der Checkliste erfahren sie nicht nur, welche Fragen häufig gestellt werden und ob diese rechtlich wahrheitsgemäss beantwortet werden müssen, sondern auch, worauf sie bei der Lohnverhandlung achten sollten.
5. Sind Sie gesund?
Fragen zum allgemeinen Gesundheitszustand sind prinzipiell nicht erlaubt. Bestehen aber gesundheitliche Probleme oder Krankheiten, die sich auf die Arbeit auswirken, muss man das offenlegen.
Der potentielle Chef darf zudem zur Abklärung der gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers eine vertrauensärztliche Untersuchung veranlassen. In diesem Fall darf der Vertrauensarzt sich aber nur zur Eignung für die Stelle äussern. Weitergehende Auskünfte darf er nicht erteilen und vor allem auch keine Diagnosen nennen.
Was tun als Bewerberin oder Bewerber, wenn man mit unangenehmen oder gar unerlaubten Fragen konfrontiert ist? Diese wahrheitsgetreu beantworten und damit riskieren, die Stelle nicht zu bekommen?
Die Frage nach dem richtigen Verhalten lässt sich nicht generell beantworten. Wichtig ist, dass Sie gut vorbereitet an das Gespräch gehen. Überlegen Sie schon vorher, welche – auch unangenehmen – Fragen auf Sie zukommen könnten, und legen Sie sich Antworten zurecht.
Gewisse Fragen lassen sich durch einen möglichst lückenlosen Lebenslauf vermeiden. Werden dennoch heikle Fragen gestellt, bleiben Sie ruhig und selbstbewusst. Flüchten Sie keinesfalls in lange Erklärungsversuche. Die machen hellhörig und laden zum genaueren Nachfragen ein.
Unzulässige Fragen: Experten sind sich darin einig, dass Ihnen kein Nachteil daraus erwachsen darf, wenn Sie unzulässige Fragen nicht wahrheitsgetreu beantworten. Schliesslich hat der Arbeitgeber durch seine unerlaubte Frage die Lüge provoziert.
Statt zu lügen, könnten Sie unzulässigen Fragen diplomatisch ausweichen oder Ihre Antwort generell halten. Sie könnten auch mit einer Gegenfrage kontern: Sagen Sie, dass Ihnen nicht ganz klar ist, was die betreffende Frage mit Ihrer künftigen Aufgabe zu tun hat.