Haben Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Die Regel ist klar: Wer die Stelle verliert, bekommt Arbeitslosengeld. Doch auch diese Regel gilt nicht immer. Antworten auf die Frage, wer Anrecht auf Taggelder hat.
Wer arbeitslos wird, dem stellt sich die bange Frage, ob und wie viel Arbeitslosengeld ihm zusteht. Besonders gross ist die Verunsicherung, wenn die Arbeitslosigkeit auf unübliche Umstände zurückzuführen ist. Besteht überhaupt ein Anspruch? Mit dieser Frage wird das Beratungszentrum des Beobachters immer wieder konfrontiert. So sieht die rechtliche Situation aus in folgenden Fällen aus:
Arbeitslose, die selber gekündigt haben
Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung (ALV) hat, wer – nebst anderen Voraussetzungen – ganz oder teilweise arbeitslos ist. Ob man gekündigt wurde oder selber gekündigt hat, spielt keine Rolle. Die immer noch weit verbreitete Ansicht, dass bei einer Selbstkündigung kein Anspruch auf Taggelder besteht, stimmt also nicht. Wegen selbst verschuldeter Arbeitslosigkeit ist allerdings mit Taggeldkürzungen zu rechnen, sofern man nicht nachweisen kann, dass die gekündigte Stelle unzumutbar war.
Stellenlose mit zu wenig Beitragsmonaten
Als Grundsatz gilt: Wer Taggelder beziehen will, muss in den letzten zwei Jahren vor der Anmeldung beim regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) (Rahmenfrist für die Beitragszeit) während mindestens zwölf Monaten angestellt gewesen sein. Diese Beitragszeit muss auf den Tag genau erfüllt sein; fehlt von diesen zwölf Monaten auch nur ein Tag, besteht kein Anspruch auf Taggeld.
Selbständigerwerbende
Selbständigerwerbende zahlen keine Beiträge an die ALV und haben deshalb auch keinen Taggeldanspruch. Eine Ausnahme besteht, wenn sie vorher als Arbeitnehmer tätig waren und nach relativ kurzer Zeit ihre Selbständigkeit wieder beenden müssen. In solchen Fällen verlängert sich die Rahmenfrist für die Beitragszeit um die Dauer der selbständigen Erwerbstätigkeit, längstens jedoch um zwei Jahre.
Beispiel: Wer 14 Monate selbständig war, hat eine Rahmenfrist von drei Jahren und zwei Monaten. Liegen in dieser Zeit zwölf Monate als Angestellter vor, besteht Anspruch auf Arbeitslosentaggelder.
Stellensuche wegen finanzieller Notlage
Unter Umständen gibt es selbst dann, wenn man gar nicht erwerbstätig war, Anspruch auf Taggeld. Im Fachjargon heisst dies, dass man von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn man aufgrund bestimmter Ereignisse in eine finanzielle Notlage gerät und deshalb gezwungen ist, eine Arbeit zu suchen. Dies kann beispielsweise passieren bei Ehescheidung oder Trennung, beim Tod oder bei Invalidität des Ehepartners. Das betreffende Ereignis darf allerdings nicht mehr als ein Jahr zurückliegen.
Teilzeitarbeitslosigkeit wegen Pensumsreduktion
Nicht nur beim vollständigen Verlust der Stelle, sondern auch bei einer dauerhaften Reduktion des Pensums besteht grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Herabsetzung der Arbeitszeit muss aber ein Mindestmass von zwei vollen Arbeitstagen innert zwei Wochen erreichen. Zudem muss der Arbeitsausfall zu einer Lohneinbusse von mehr als 30 Prozent führen (bei Anspruch auf ein Taggeld in der Höhe von 80 Prozent muss der Ausfall über 20 Prozent betragen).
Quasi-Arbeitgeber
Wer Angestellter in der eigenen AG oder GmbH ist, im Verwaltungsrat eines Betriebs sitzt oder zur obersten Geschäftsleitung gehört, zählt zu den «arbeitgeberähnlichen Personen». Für diese gibt es gewisse Einschränkungen, wenn sie Leistungen der ALV beanspruchen wollen. Verlieren solche Personen ihre Stelle, können sie erst Arbeitslosenentschädigung beziehen, wenn sie ihre Arbeitgebereigenschaften völlig aufgeben. Das heisst, sie müssen ihre Firma liquidieren oder verkaufen (Stilllegung genügt nicht) beziehungsweise aus dem Verwaltungsrat austreten. Tun sie das nicht, haben sie keinen Anspruch auf Taggelder.
Vorzeitig Pensionierte
Wer unfreiwillig vorzeitig pensioniert wurde und weiter arbeiten möchte, hat Anspruch auf Zahlungen der ALV, sofern die Altersleistungen tiefer sind als die Arbeitslosenentschädigung. Bei einem Vorbezug der AHV-Rente besteht hingegen kein Anspruch auf Leistungen. Wer sich freiwillig vorzeitig pensionieren lässt, hat ebenfalls keinen Anspruch auf Arbeitslosentaggelder. Eine unfreiwillige Frühpensionierung liegt gemäss Bundesgerichtsentscheid von Mitte Juni 2021 dann vor, wenn eine Person aus wirtschaftlichen oder anderen unverschuldeten Gründen entlassen worden ist und sich für die vorzeitige Pensionierung entscheidet oder wenn jemand aufgrund von zwingenden Regelungen seiner Pensionskasse vorzeitig pensioniert wurde. Allerdings reduzieren sich die Arbeitslosentaggelder, da man von der Pensionskasse eine Rente erhält.
Krank und arbeitslos: Bin ich nicht vermittelbar?
Leserfrage: Ich bin krankgeschrieben und habe den Job verloren. Weil ich nicht vermittelbar sei, schickt mich das RAV nach Hause. Zu Recht?
Antwort von Sabine Neuhaus, Fachbereich Arbeit
Nein. Die regionale Arbeitsvermittlungsstelle (RAV) muss Ihre Anmeldung entgegennehmen. Damit man Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat, müssen diverse Voraussetzungen erfüllt sein. Eine davon ist die Vermittelbarkeit. Auch wenn Sie krankgeschrieben sind, können Sie sich anmelden. Es kann gut sein, dass Sie bald wieder arbeitsfähig werden und ab dann einen Anspruch haben.
Ob jemand die Voraussetzungen dafür erfüllt oder nicht, entscheidet nicht das RAV, sondern die von Ihnen gewählte Arbeitslosenkasse. Sie klärt ab, ob Sie Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung haben. Im Zweifelsfall kann sie ihren Entscheid der kantonalen Amtsstelle unterbreiten.
Wer seine Stelle verliert, hat in der Regel einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Doch die Arbeitslosenentschädigung ist an gewisse Bedingungen geknüpft. Auch für Selbständigerwerbende gelten Sonderregeln. Beobachter-Mitglieder erfahren, an welche Kontrollvorschriften des RAV sie sich halten müssen, wie lange ALV-Taggelder bezahlt werden und wann eine Arbeit zumutbar ist.
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