Sparen auf Kosten der Angestellten?
Wenn Firmen rote Zahlen schreiben, erhöhen die Chefs die Arbeitszeit oder kürzen den Lohn. Alles müssen sich Arbeitnehmende jedoch nicht gefallen lassen.
aktualisiert am 4. Dezember 2017 - 11:17 Uhr
«Ich bin in einer Firma in der Exportbranche angestellt, und mein Arbeitgeber möchte die Arbeitszeit von 41 auf 45 Stunden erhöhen. Muss ich die Vertragsänderung akzeptieren? Falls ich mich weigere und mir gekündigt wird, bekomme ich dann weniger Arbeitslosengeld vom RAV?» Anfragen dieser Art sind im Beobachter-Beratungszentrum häufig. Immer wieder kommt es vor, dass Firmen nicht nur Stellen abbauen, sondern auch die Arbeitszeit erhöhen, den Lohn kürzen oder Sozialleistungen streichen.
Doch was muss man akzeptieren? Und wie kann man sich gegebenenfalls zur Wehr setzen? Diese Fragen beschäftigen viele Arbeitnehmer.
Grundsätzlich gilt: Arbeitsverträge sind einzuhalten. Unmittelbare Eingriffe in die verbrieften Rechte muss sich niemand gefallen lassen, Wirtschaftslage hin oder her. Verbindlich sind dabei nicht nur schriftliche, sondern auch mündliche oder sogar stillschweigende Abmachungen, die sich im Lauf der Zeit eingespielt haben. Vertragsänderungen per sofort sind somit nur im gegenseitigen Einverständnis möglich.
Die andere Seite der Medaille: Verträge sind nicht in Stein gemeisselt. Sie können gekündigt und damit auch geändert werden. Ein Arbeitgeber hat die Möglichkeit, einen geltenden Vertrag aufzulösen und einen neuen mit veränderten Bedingungen anzubieten. Im Fachjargon spricht man von Änderungskündigungen. Sie sind laut Bundesgericht ausdrücklich zulässig, weil die Anpassung eines Arbeitsvertrags an veränderte wirtschaftliche oder betriebliche Bedürfnisse möglich sein müsse.
Missbräuchlich wäre eine Änderungskündigung laut Bundesgericht dann, «wenn die Kündigung als Druckmittel dient, um eine für die Gegenseite belastende Vertragsänderung herbeizuführen, die sich sachlich nicht rechtfertigen lässt». Oder wenn damit «ohne Einhaltung der Kündigungsfrist oder gar rückwirkend eine Änderung der Arbeitsbedingungen erzwungen werden soll».
Längerfristig werden Arbeitnehmer Vertragsänderungen also schlucken oder die Auflösung ihres Vertrags in Kauf nehmen müssen. Immerhin haben sie Anspruch auf eine Galgenfrist: Die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist ist auch bei einer Änderungskündigung einzuhalten.
Vertragsänderung: Was tun?
- Sie können darauf beharren, dass die Kündigungsfrist des alten Vertrags eingehalten wird und die Änderungen erst nach deren Ablauf in Kraft treten.
- Protestieren Sie schriftlich gegen eine sofortige oder gar rückwirkende Vertragsänderung und pochen Sie auf Einhaltung der Kündigungsfrist.
- Kündigt der Arbeitgeber, weil Sie einer sofortigen Vertragsänderung nicht zustimmen, wäre dies missbräuchlich – Sie könnten eine Entschädigung einklagen.
- Sperrfristen bei Krankheit, Militärdienst und Schwangerschaft gelten auch bei Änderungskündigungen.
- Lassen Sie sich beraten, wenn Ihre Arbeitsbedingungen massiv verschlechtert werden sollen, obwohl es dafür keinen sachlichen Grund gibt.
- Kommt es zur Kündigung, weil Sie die Vertragsänderung abgelehnt haben, können Sie grundsätzlich stempeln gehen. Falls die Arbeitslosenkasse zum Schluss kommt, die Vertragsänderung wäre zumutbar gewesen, kann sie Taggeldkürzungen verordnen.
Ihnen soll ein Arbeitsvertrag mit schlechteren Bedingungen aufgebrummt werden? Im Merkblatt «Vertragsänderung/Änderungskündigung» erhalten Sie als Beobachter-Mitglied Infos, welche Rechte Ihnen zustehen und wie Sie mit dem Arbeitgeber am besten verhandeln.