Gespräch gesucht – Geld gespart
Ein Organisator von Seniorenausflügen erhält Post von einem Anwaltsbüro: Er hat ein urheberrechtlich geschütztes Bild benutzt. Zahlen muss er dank des Beobachters nicht.
Veröffentlicht am 22. September 2023 - 06:00 Uhr
Karl Kieser, der in Wirklichkeit anders heisst, organisiert Ausflüge mit interessierten Pensionierten. Kürzlich haben sie ein Atomkraftwerk im Aargau besichtigt. Doch der Ausflug endete mit einer saftigen Rechnung eines deutschen Anwaltsbüros. Der Grund: Ein Besucher der Gruppe hat Fotos auf der Website der Vereinigung veröffentlicht und dabei auch ein Bild vom Kraftwerk aus dem Internet verwendet. Das Anwaltsbüro verlangt dafür 725 Euro. Es handle sich um ein fremdes Foto , die Bildrechte lägen bei einer Fotoagentur. «Schulden wir den Betrag?», will Kieser wissen und wendet sich an den Beobachter.
Kaum in vollem Umfang, weiss die Juristin am Beratungstelefon. Dennoch müsse Kieser die Forderung ernst nehmen. Denn grundsätzlich sind – sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz – alle Fotografien urheberrechtlich geschützt, egal, was darauf abgebildet ist. Wer ein Foto verwenden will, braucht die Zustimmung der Urheberin oder eine Lizenz der Verwertungsgesellschaft.
Zuerst solle Kieser aber das AKW kontaktieren. Wenn er damit nicht weiterkomme, könne er immer noch anbieten, einen Bruchteil der Forderung zu zahlen – aber ohne Anerkennung einer rechtlichen Pflicht.
Der Rat erwies sich als goldrichtig und brachte den Stein ins Rollen: Das Kraftwerk – beziehungsweise der Verantwortliche der Axpo – kümmerte sich darum und ging selbst auf die Agentur zu. Diese pfiff wiederum das Anwaltsbüro zurück. Karl Kieser ist zufrieden, dass er den Fall so lösen konnte – und erst noch, ohne dass er einen Rappen dafür zahlen musste.
Verstösst man gegen das Urheberrecht, wenn man ein Produktbild aus dem Web für eine Verkaufsplattform verwendet? Sind Creativ Commons-Lizenzen immer kostenlos? Ist es erlaubt, unter Freunden einen Film vorzuführen, den man vorher aus dem Internet heruntergeladen hat? Und was kommt mit künstlicher Intelligenz im Rahmen des Urheberrechts auf uns zu? Mitglieder des Beobachters erhalten Antworten auf diese und weitere Fragen.
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