So bist du bei der LAP top!
Jeder zehnte Lehrling fällt bei der Lehrabschlussprüfung durch. Dabei ist das Erfolgsrezept ganz einfach: gut planen und cool bleiben.
aktualisiert am 4. Dezember 2017 - 11:22 Uhr
Johannes weiss nicht, ob er sich eher ärgern oder freuen soll. Vor einem Jahr hat er die Lehrabschlussprüfung (LAP) zum Automechaniker verbockt. «Ich machte die einfachsten Handgriffe falsch», erinnert er sich und schüttelt den Kopf. Trotzdem ist er froh um die Lektion, die ihm der Misserfolg erteilte. «Das hat mich wachgerüttelt.» Denn rückblickend weiss Johannes genau, woran es lag: «Ich war faul.»
Lehrer, Eltern, Lehrmeister, für alle habe immer ausser Frage gestanden, dass er den Abschluss schaffen würde. Das gab ihm Sicherheit – so viel, dass er es gar nicht mehr für nötig befand, vor der Prüfung nochmals den ganzen Stoff zu repetieren. «Ich habe vier Wochen vor der LAP in die Bücher geschaut und mir eine Woche freigenommen zum Intensivtraining.» Das reichte nicht: Prüfung nicht bestanden!
Jahr für Jahr treten in der Schweiz gegen 60'000 Jugendliche zu den Lehrabschlussprüfungen an, jeder zehnte fällt durch. Besonders tief ist die Erfolgsquote im Autogewerbe. Etwa 20 Prozent der Automech-Azubis bestehen nicht im ersten Anlauf, bei den Karosseriespenglern ist sogar jeder Vierte ungenügend.
Vielen geht es wie Johannes, der die LAP zu wenig ernst genommen hat und deswegen auch zu wenig lernte. Ausgang, Freunde und Sport stehen für die Jugendlichen meistens im Vordergrund. Oft fehlen aber auch Motivation und Ehrgeiz, weil im Lehrbetrieb zu wenig Wert darauf gelegt wird.
Bist du unzufrieden mit deiner Lehre und denkst darüber nach, den Lehrvertrag zu kündigen? Oder hat dein Lehrmeister kurzerhand entschlossen, deine Probezeit zu verlängern? Als Mitglied findest du beim Beobachter Antworten zu deinen Rechten und Pflichten als Lernende.
«Manchmal mangelt es schlicht an Fachwissen im Lehrbetrieb, oder die Lehrmeister haben keine Zeit, sich wirklich um die Lehrlinge zu kümmern», sagt Lehrmeister Hans Aeschbacher, Geschäftsführer der Cartec Carrosserie-Technik AG im bernischen Studen.
Das gilt nicht nur für die Autobranche. Wer Mängel in seiner Lehre feststellt, muss selber aktiv werden und seine Rechte beim Lehrmeister einfordern.
Das A und O für einen erfolgreichen Lehrabschluss ist die Planung – und eine Portion Coolness: Verkrampft und verbissen lernt es sich schlecht. «Mut zur Lücke», rät deshalb Urs Solèr von der Kirchlichen Anlauf- und Beratungsstelle für Lehrlingsfragen im Kanton Zürich. Gemeint ist: Wenn die Zeit allzu knapp wird, lieber einen Teil des Stoffs vertieft lernen und dafür anderes weglassen, anstatt alles nur oberflächlich zu büffeln.
Wer zu einer Abschlussprüfung antreten muss, tut gut daran, die folgenden Tipps zu beachten:
- Die schönen Seiten des Lebens nicht vergessen: Auch die Freizeitaktivitäten gehören in die Planung. Und eine Belohnung, wenn ein Lernziel erreicht ist.
- Kurz und konzentriert lernen: lieber dreimal in der Woche eine halbe Stunde arbeiten (mit einer kurzen Lernpause) als einmal drei Stunden absitzen.
- Wiederholen ist der Schlüssel zum Erfolg: den gelernten Stoff nach zehn Minuten repetieren, nach 24 Stunden nochmals und nach einer Woche erneut. Das geht noch immer am besten mit Karteikarten, die man auch in der Hosentasche überallhin mitnehmen kann.
- Abwechslung macht das Lernen spannend: eine halbe Stunde lang Englisch lernen und dann nach einer Pause eine halbe Stunde Branchenkunde. Nie ähnlichen Lernstoff mischen, das kann verwirren.
- Chaos auf dem Tisch bedeutet Chaos im Kopf: zum Lernen einen Arbeitsplatz einrichten und darauf achten, dass er aufgeräumt ist. Alles, was man nicht zum Lernen braucht, gehört vorübergehend an einen anderen Ort.
- Gähnen hilft: entspannen, bevor man mit dem Lernen beginnt oder wenn man mal nicht weiterkommt. Kräftiges Gähnen, tiefes und langsames Atmen sowie bewusste Muskelanspannung und -entspannung helfen dabei, die Gedanken zu ordnen.
- Mit anderen lernen: Gegenseitiges Abfragen ist eine gute Art, um sein Wissen zu testen. Was man erklären kann, das sitzt.
- Locker bleiben: am Abend vor der Prüfung nicht mehr büffeln. Kontrollieren, ob alle Unterlagen und Utensilien bereit sind, und dann rechtzeitig schlafen gehen. Besser zwei Wecker als nur einen stellen, denn wer zur Prüfung hetzen muss, wird eher nervös.
- Mit kühlem Köpfchen an die Aufgaben gehen: Prüfungsfragen genau und ruhig durchlesen. Zuerst die einfachen Aufgaben lösen. Sollte Nervosität aufkommen, ruhig durchatmen.
Wer Mühe hat mit Planung und Organisation oder unter starker Prüfungsangst leidet, kann das Lernen in Kursen lernen. Branchenverbände und kantonale Lehrlingsstellen offerieren LAP-Vorbereitungskurse. Der Automechanikerlehrling Johannes hat zwar keinen besucht. Aber er hat aus dem Misserfolg vom Vorjahr gelernt und ist längst am Repetieren. Auf Partys und Skifahren am Wochenende verzichtet er dennoch nicht. Sein Tipp für alle, die vor der LAP stehen: «Seid cool, aber nehmts nicht zu locker. Ohne Lehrabschluss habt ihr schlechte Chancen auf einen guten Job!»
Internet:
- Nachhilfe in diversen Schulfächern: www.lernen-mit-spass.ch
- Anlaufstelle für Lehrlingsfragen: www.lehrlinge.ch
- KV Schweiz unterstützt vor, während und nach der Lehre: www.kfmv.ch
Broschüre:
- Jugendkommission des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds: «Ich kenne meine Rechte», Lehrlingsrecht von A bis Z. Für vier Franken gedruckt oder gratis als Download erhältlich bei: www.gewerkschaftsjugend.ch