«Muss denn zuerst etwas passieren?»
Beobachter-Recherchen zeigen: Es gibt viel mehr gefährliche Schulwege als gedacht. Einer davon ist in Buttwil AG. Dort müssen 4-Jährige entlang der Hauptstrasse gehen – ohne Trottoir. Kürzlich wurde auch eine junge Mutter angefahren.
Veröffentlicht am 2. September 2022 - 10:54 Uhr
Bereits mehr als 180 Leserinnen und Leser haben uns heikle Stellen auf Schulwegen gemeldet. Die grössten Probleme: zu hohes Tempo, fehlende Sicht, zu viel Verkehr.
Reto Licini aus Buttwil AG fragt: «Muss immer zuerst was passieren, bis jemand handelt?» Sein vierjähriger Sohn muss auf einem schmalen Schotterweg entlang der Hauptstrasse gehen (siehe Bild oben) und sie dann hinter einer unübersichtlichen Kurve queren. Einen Zebrastreifen gibt es nicht.
Eigentlich gilt hier Tempo 50. Doch Anwohner haben den Eindruck, dass viele hier schneller fahren, denn 200 Meter weiter gilt Tempo 80.
Vor kurzem hat hier ein Auto eine Anwohnerin touchiert, als sie auf dem schmalen Schotterweg mit ihrer halbjährigen Tochter im Kinderwagen und dem Hund an der Leine unterwegs war.
Reto Licini fragte auf der Gemeindekanzlei nach, ob man nicht eine Schutzinsel und ein Trottoir bauen könne. Man beschied ihm, der Gemeinde seien die Hände gebunden, zuständig sei der Kanton. Der wiederum meldet dem Beobachter: «Gemeinden haben ein Mitspracherecht, wenn wir innerorts Projekte realisieren.» Die Gemeinde müsse ja auch 35 Prozent der Kosten übernehmen.
«Uns ist bekannt, dass einige Eltern die Stelle als gefährlich empfinden», sagt der Buttwiler Verwaltungsleiter. Man habe alle Wege bereits früher mit einem Kantonsvertreter überprüft. «Das Fazit des Fachmanns war: Buttwil ist im Vergleich zu anderen Gemeinden eine ‹heile Welt›.»
Ein Trottoir sei wegen der knappen Platzverhältnisse nicht realisierbar. Die Versetzung eines Zauns habe die Situation etwas entschärft.
«Es ist viel Geld für den Strassenbau da – für Autobahnen gibts auch immer genug Mittel», sagt Marionna Schlatter, Grünen-Nationalrätin und Präsidentin des Vereins Fussverkehr Schweiz. Man dürfe die Fussgänger- Infrastruktur bei der Planung nicht mehr so stiefmütterlich behandeln. Es sei eine Frage der Prioritäten.
«Es ist ein hohes Gut, dass in der Schweiz vierjährige Kinder den Schulweg grundsätzlich allein bewältigen können – dem müssen wir Sorge tragen.»
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