Schlechtes Zeugnis für eine Privatschule
Um die Montessori-Schule March gibt es seit Jahren Zoff. Bis vor Bundesgericht. Der Schule droht das Aus. Eine Verleumdungskampagne, sagt der Schulpräsident.
Veröffentlicht am 1. März 2018 - 14:01 Uhr,
aktualisiert am 1. März 2018 - 13:22 Uhr
Für die Montessori-Schule March könnte der 19. April zum Schicksalstag werden. Dann will der Schwyzer Erziehungsrat entscheiden, ob er die Bewilligung für die kleine Privatschule in Siebnen verlängert. 2016 zückte die Behörde bereits die gelbe Karte. Sie erteilte die Bewilligung nur für zwei statt vier Jahre.
«Die Schule hat die gemachten Auflagen betreffend Finanzierung, Schulleitung und Umsetzung des Massnahmenplans aus der externen Evaluation nicht vollständig erfüllt», teilte der Erziehungsrat damals mit. «Es besteht kein ausreichender Finanzierungsnachweis», so die Behörden. Das jährliche Betriebsdefizit belief sich auf rund 240'000 Franken. Die Schulleitung hoffte auf eine Verdoppelung der Schülerzahl innert Jahresfrist.
Der Optimismus ist verflogen. Statt wie angestrebt 70 besuchen heute nur 26 Kinder die Schule – verteilt auf Kleinkindergruppe, Vorkindergarten, Kindergarten und Primarschule. Die Oberstufe musste im letzten Sommer geschlossen werden. Mit so wenigen Schülern lassen sich die Betriebskosten nicht zahlen. Auch wenn das Schulgeld für einen Primarschüler 1950 Franken pro Monat beträgt.
Die Folgen der Misere: Löhne wurden verspätet bezahlt, Sozialversicherungsbeiträge betrieben, Schulleiter wie Lehrer wechselten schnell. Dazu kamen Differenzen mit Montessori Schweiz wegen der Lizenzierung.
Alles kein Problem, meint Schulpräsident Jörg Lutz. Die Liquiditätsprobleme seien behoben, alle Verbindlichkeiten erfüllt. Seit 2016 sei auch die personelle Situation stabil. Anfang 2017 habe Montessori Schweiz die erforderlichen Lizenzen neu ausgestellt.
Einziges Problem: «Wir brauchen für eine tragfähige Schule rund 36 Kinder», sagt Lutz. Warum es harzt, ist für den Unternehmensberater klar. Schuld sei «eine Verleumdungskampagne», losgetreten von den «selbsternannten ‹Freunden Montessori-Schule March›. Dieser obskure Verein ohne Interessenbindung mit der Schule kämpft ohne Bandagen primär gegen meine Person.»
Der Verein wurde 2003 gegründet – mit dem Ziel, die Schule weiterzuentwickeln. Einer der Initianten ist Stefan Knobel, ehemaliger Präsident der Schule und Vater von Montessori-Schülern. «Trotz häufigen Klagen von Eltern, Lehrern und Schulleitern habe ich mich lange nicht in die Geschäfte meiner Nachfolger eingemischt», sagt er.
Bis zu einem Vorfall im Jahr 2015. Beim Skilager in Obersaxen verhinderte der Hausbesitzer die Abreise der Montessori-Kinder: Erst müsse die längst fällige Rechnung für das Lager beglichen werden. Die Eltern hatten zwar im Voraus bezahlt, die Schule war dem Besitzer das Geld aber schuldig geblieben. «Tags darauf traf der Schulleiter mit 1000 Franken Bargeld im Schullager ein, was jedoch nicht ausreichte. Die Mutter eines Schulkindes musste ihm dann noch 1250 Franken vorstrecken», schrieben die «Obersee Nachrichten». «Ich bin bis heute empört», sagt Stefan Knobel.
«Es gab gravierende Qualitätsmängel. Vielen Lehrern fehlte es an der nötigen heilpädagogischen Qualifikation.»
Pascal Jahn, ehemaliger Leiter Montessori-Schule March
Auch Pascal Jahn gehört zu den Kritikern der Montessori-Schule March. Der Schulberater und Dozent an der Pädagogischen Hochschule Thurgau leitete 2014 für ein halbes Jahr die Schule in Siebnen. «Es gab gravierende Qualitätsmängel. Vielen Lehrern fehlte es an der nötigen heilpädagogischen Qualifikation.» Sie wäre nötig, weil Privatschulen heute oft ein Auffangbecken für Kinder mit Schulschwierigkeiten sind. Der Verwaltungsrat habe die Defizite nicht ernst genommen, deshalb habe er gekündigt.
Den Hut lupfte es auch Marco Helbling, Vater eines Montessori-Schülers. Gemeinsam mit Knobel schaute er sich das Geschäftsgebaren der Schule unter Präsident Lutz genauer an. Sie stiessen auf Ungereimtheiten: Bis 2011 gehörten Schule und Gelände dem Verein Montessori-Schule March. Dann initiierte Lutz an einer Elternversammlung eine Konsultativabstimmung, und die Vereinsmitglieder stimmten der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft zu.
Die Aktien der neuen MSM AG sollten den Vereinsmitgliedern übertragen werden. Das geschah aber nicht. Alleinaktionärin wurde die neu gegründete Montessori-Stiftung March. Ihr Präsident: Jörg Lutz. Er ist auch einziger Verwaltungsrat der MSM AG.
2016 wurde auf Druck des Kantons das Aktienkapital um 300'000 Franken erhöht. Das sollte die heikle finanzielle Situation entschärfen. Eine ausserordentliche Generalversammlung segnete den Deal ab. Es kam aber zu mehreren Ungereimtheiten: Der damalige zweite Verwaltungsrat, ein Unternehmensberater aus München, erfuhr erst im Nachhinein davon, und der unterzeichnende Protokollführer, der Ex-Schulleiter, war an der Sitzung gar nicht anwesend. Ein weiteres Dokument unterschrieb er als Verwaltungsrat, obwohl er dieses Amt nie innehatte.
Die neuen Aktien zeichnete eine Normico Holding AG, die aber kein frisches Geld einbrachte. Der Kaufpreis wurde mit Forderungen gegenüber der MSM AG gegenverrechnet. Laut Aktienregister hält Lutz 68 Prozent der Normico-Anteile. Damit ist er Hauptaktionär der Schule. Er gibt aber keine Auskunft zur «Aktionärsstruktur und anderen Interna».
Der zweite MSM-Verwaltungsrat trat zurück. «Solche Machenschaften samt Urkundenfälschungen trage ich nicht mit», sagt er heute. Es erstaune ihn auch, dass die Staatsanwaltschaft Schwyz untätig geblieben sei. «Ich war bereit, den Behörden relevante Akten zuzustellen und Aussagen zu machen.» Doch man habe ihn an den nächsten Polizeiposten verwiesen. Es existiert lediglich eine Aktennotiz der Staatsanwaltschaft. Darin erklärt der Unternehmensberater aus München, er sei von einem Montessori-Stiftungsrat mit körperlichen Folgen bedroht worden, falls er aussage.
Der ehemalige Schulleiter will sich zum Thema nicht mehr äussern. Gemäss einem Protokoll der Kantonspolizei Schwyz bezichtigt er sich selber der Urkundenfälschung. Den heutigen Schulpräsidenten Lutz ficht das nicht an. Niemand bei der MSM sei «in irgendwelche Urkundendelikte verwickelt». Seinen Kritikern unterstellt er, sie hätten den Ex-Schulleiter instrumentalisiert. Auch die Staatsanwaltschaft messe der Selbstanzeige ja keine Bedeutung zu.
Ob das alles strafrechtliche Folgen hat, ist offen. Eine Klage von Helbling und Knobel gegen Lutz lehnte das Kantonsgericht zwar ab. Sie haben sie aber ans Bundesgericht weitergezogen. Keinen Erfolg hatte Lutz seinerseits mit einer Klage wegen Verleumdung, übler Nachrede und Verletzung von Geschäftsgeheimnissen gegen Knobel, Helbling und eine weitere Person. Die Staatsanwaltschaft hat Ende 2017 die Einstellung verfügt. Auch Lutz rekurrierte dagegen.
Das Grundstück der Schule ist mehrere Millionen Franken wert, allerdings mit hohen Verbindlichkeiten belastet. Es ist gerichtlich mit einer Grundbuchsperre belegt, darf also nicht verkauft werden. Die Kritiker werfen Lutz vor, er habe es letztlich auf diese Liegenschaft abgesehen. Lutz wiederum beschuldigt die «Freunde Montessori-Schule March», sie wollten die MSM in die Knie zwingen, um so an die Liegenschaft zu kommen.
Fortsetzung folgt.
Werden Kinder eingeschult, ist das nicht nur für die Kleinen ein bedeutender Einschnitt ins Leben. Der Beobachter bietet Eltern wertvolle Tipps rund um die Schule: Erfahren Sie als Mitglied unter anderem, wie Sie zu einem angenehmen Lernklima beisteuern können und welche Mittel Ihnen bei Unzufriedenheit mit der Schule offenstehen.