Schulweg zu lang oder zu gefährlich: So wehren sich Eltern
Beim Schulweg muss man nicht alles hinnehmen. Der Beobachter sagt, was Betroffene unternehmen können.
Veröffentlicht am 30. August 2022 - 17:12 Uhr
Die zuständigen Behörden müssen sicherstellen, dass jedes Kind einen zumutbaren Schulweg hat. Dazu müssen folgende Faktoren berücksichtigt werden:
- die Länge des Wegs
- die Gefährlichkeit des Wegs
- die Persönlichkeit des Kindes
Das Bundesgericht hat 2019 festgehalten, dass ein Schulweg von 40 Minuten für ein Kind in der ersten Klasse zumutbar ist. Dabei muss gemäss Bundesgericht berücksichtigt werden, dass jüngere Kinder langsamer als Erwachsene unterwegs sind.
Ein Weg darf zudem nicht gefährlich sein. Die Schule muss prüfen, ob Trottoirs vorhanden sind und ob gefährliche oder stark befahrene Strassen überquert werden müssen.
Zu guter Letzt muss jeder Einzelfall angeschaut werden. Jedes Kind steht in seiner Entwicklung an einem anderen Punkt.
Suchen Sie als Erstes das Gespräch mit der zuständigen Behörde. Zeigen Sie auf, warum Sie den Schulweg als unzumutbar erachten. Ist der Weg zu lang? Oder zu gefährlich? Oft ist es möglich, auf diesem Weg eine unkomplizierte Lösung zu finden. Kommen Sie so nicht weiter, können Sie einen konkreten Antrag an die zuständige Behörde stellen (siehe Musterbrief unten). Sie können beispielsweise beantragen, dass Ihr Kind mit dem Schulbus gefahren wird. Lehnt die Behörde das Gesuch ab, können Sie sich dagegen wehren. Sie werden den Bescheid in Form einer Verfügung erhalten. Wo Sie Ihre Beschwerde einreichen müssen und in welcher Frist, steht am Schluss der Verfügung in der Rechtsmittelbelehrung.
Falls der Schulweg für ein Kind unzumutbar ist, muss die zuständige Behörde für Alternativen sorgen. Die Eltern können nicht mitentscheiden, wie die Behörde sicherstellt, dass der Schulweg zumutbar ist. Folgendes kann die Behörde entscheiden:
- Die Kinder werden mit dem Schulbus gefahren.
- Die Schule bezahlt den Transport im öffentlichen Verkehr. Kindergartenkinder können ihn noch nicht unbegleitet nutzen, die Behörde muss für diese Kinder eine Begleitung organisieren.
- An gefährlichen Strassenüberquerungen wird ein Lotsendienst eingerichtet.
- Die Schule organisiert einen begleiteten Pedibus: Die Kinder werden ganz oder teilweise von einer erwachsenen Person begleitet.
- Die Kinder dürfen in der Schule essen (wenn die Mittagspause zu Hause zu kurz ausfällt). Die Schule muss das jedoch nicht gratis anbieten. Das Bundesgericht hat festgehalten, dass ein Betrag bis fünf Franken für das Mittagessen und die Betreuung angemessen ist.
Die zuständige Behörde ist verantwortlich dafür, dass der Schulweg zumutbar ist. Der Schulweg an sich liegt aber in der Verantwortung der Eltern. Daher entscheiden die Eltern, wie ihr Kind den Schulweg zurücklegt. Sie können entscheiden, dass das Kind beispielsweise mit dem Velo zur Schule fährt. Die Schulen können daher kein Verbot aussprechen, dass Kinder mit dem Velo zur Schule fahren. Es ist auch nicht zulässig, dass Schulen sagen, dass der Schulweg erst ab einer Länge von beispielsweise einem Kilometer mit dem Velo zurückgelegt werden darf. Es ist auch an den Eltern, zu entscheiden, ob ihr Kind einen Helm trägt auf dem Schulweg oder nicht. Selbstverständlich darf die Schule aber Empfehlungen zum Schulweg abgeben.
Das ist sehr unterschiedlich geregelt. Je nach Gemeindeorganisation ist das die Schul- oder die Gemeindebehörde. Nehmen Sie am besten direkt mit der Schulleitung Kontakt auf und klären Sie ab, wer zuständig ist.
Es steht allen frei, von den Behörden mit einer Anfrage oder Motion eine Schulwegüberprüfung einzufordern. So gehen Sie vor:
- Suchen Sie Gleichgesinnte: Eine Anfrage hat mehr Gewicht, wenn statt einer Einzelperson ein ganzes Komitee das Anliegen unterstützt.
- Ziele formulieren: Klären Sie innerhalb des Komitees, was Sie genau erreichen wollen. Prüfen Sie dann machbare Massnahmen. Diese können Sie später in Ihrer Anfrage oder Motion gegenüber der Gemeinde als mögliche Lösungsvorschläge nennen.
- Gefahren dokumentieren: Tragen Sie möglichst viele Fakten zusammen, die zeigen, warum eine Stelle gefährlich ist. Es kann auch hilfreich sein, mit den Kindern den Weg abzulaufen und sie die Gefahrenstelle aus ihrer Perspektive fotografieren zu lassen.
- Gespräch mit der Gemeinde suchen: Fallen Sie nicht mit einer fixfertigen Initiative mit der Tür ins Gemeindehaus, sondern klären Sie in einem ersten Gespräch mit den Behörden, wer für das Anliegen zuständig ist. Formulieren Sie Ihr Ziel klar und lassen Sie sich nicht abwimmeln.
- Anfrage/Motion lancieren: Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) empfiehlt, mit einer Online-Petition (zum Beispiel über www.openpetition.eu) oder mit einem Vorstoss bei der Gemeinde eine Eingabe zu machen. Sie können das Schreiben anhand unseres Musterbriefs aufsetzen.
- Frist setzen: Setzen Sie der Behörde eine angemessene Frist, um Stellung zu nehmen. Eine angemessene Frist könnenfür eine Anfrage etwa zwei Monate sein. Um eine Motion oder Interpellation zu beantworten, brauchen die Behörden etwas mehr Zeit (meist reichen sechs Monate). Nimmt die Behörde den Antrag an, so ist sie verpflichtet, die Massnahmen innerhalb einer gewissen Frist umzusetzen.
*Quelle: VCS
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Wenn Sie selbst für sichere Schulwege aktiv werden wollen, können Sie das gleich jetzt tun, indem Sie unseren Musterbrief herunterladen und versenden.
Haben Sie Fragen rund um den Schulweg Ihres Kindes oder möchten Sie sich mit Gleichgesinnten austauschen? Dann diskutieren Sie in unserem Forumsthread mit:
In diesem Forum diskutieren Eltern, Anwohnerinnen und weitere Betroffene über gefährliche Schulwege und was man dagegen unternehmen kann. Die Beobachter-Redaktorinnen Corinne Strebel und Daniela Bleiker beantworten hier allgemeine Fragen zum Thema. Für spezifische Probleme und Fragen kontaktieren Sie bitte die Hotline des Beobachter-Beratungszentrums unter der Nummer 058 510 73 76.
2 Kommentare
Es ist eine Katastrophe! Auch in den 30er Zonen haben die Fussgänger keinen Vortritt! Und dort hat es keine Zebrastreifen mehr!
Nur in der 20er Zone sind alle gleichberetigt!
Wir müssen unsere Kinder schützen!!!!
Bei uns in der Schweiz, ist das nicht das Problem.
Vielmehr sind es die vielen - meist - Mütter, welche ihre Kinder konstant per "glänzendem" Motorfahrzeug in: KITA, Kindergarten, etc fahren, unbedingt fahren wollen....
Erziehungs-Fehler-Manko's bei den verantwortlichen Eltern von Kindern zu beobachten!