Bussen statt Nachsitzen
Bussen fürs Zuspätkommen oder für nicht gemachte Hausaufgaben – das blüht Jugendlichen an manchen Berufsfachschulen. Trotz Kritik sind die Verantwortlichen von dieser Massnahme überzeugt.
Veröffentlicht am 14. Oktober 2020 - 19:03 Uhr
An einigen Berufsfachschulen werden Jugendliche mit Geldbussen bestraft. Zum Beispiel an der Kaufmännischen Berufsfachschule Glarus (KBS): Hier müssen Lernende für unentschuldigte Absenzen bis zu 80 Franken zahlen. Auch wer zu spät im Unterricht erscheint oder die Hausaufgaben vergessen hat, erhält eine Busse. So steht es in der Schulordnung.
Philipp Gonon, Professor für Berufsbildung an der Universität Zürich, hält dieses Bussensystem aus pädagogischer Sicht für keine gute Lösung. «Fehlverhalten sollte nicht mit Geldbussen geahndet werden. Moralische Ansätze, wie etwa in einer Extrastunde eine schriftliche Entschuldigung oder Rechtfertigung zu formulieren, sind nachhaltiger.»
Für Gonon sind Geldbussen eine simple Art, Lernende zu bestrafen, zumal sie auch keinen personellen Mehraufwand verlangen. Schulen machten es sich damit aber sehr einfach und entziehen sich teilweise ihrer Verantwortung, so der Pädagogikprofessor. Ausserdem sei es nicht fair, da es keine einheitliche Regelung gebe.
Michael Schlegel, der Rektor der KBS Glarus, ist von der Wirkung des Systems überzeugt. Auch wenn die meisten Bussen den Lernenden nicht wehtäten, erziele man mit ihnen die gewünschte Wirkung.
Seit Anfang Schuljahr seien zum Beispiel 30 Bussen zu je 5 Franken für das Vergessen von Hausaufgaben gesprochen worden. Die Schule strich insgesamt 335 Franken an Bussgeldern ein. «Nach dem Schulanfang werden aber immer weniger Bussen verteilt, weil die Schülerinnen und Schüler daraus lernen», sagt Schlegel. Zudem komme der Betrag allen Lernenden zugute. «Sie können Ideen einbringen, wofür sie das Geld verwenden möchten.» So seien etwa auf Wunsch Sofas angeschafft worden.