Vor zehn Jahren trat das neue Kindes- und Erwachsenenschutzrecht in Kraft – die Kesb war geboren. Sie ersetzte das alte Vormundschaftsrecht aus dem Jahr 1907, und aus den rund 1400 kommunalen Vormundschaftsbehörden wurden etwa 150 regionale Fachbehörden. Diese können für mehrere Gemeinden gleichzeitig zuständig sein und haben ein Einzugsgebiet von bis zu 100’000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Innert kürzester Zeit wurde die Kesb zur umstrittensten Behörde der Schweiz. Wieso eigentlich? Und für welche Fälle ist sie zuständig? Zeit für einen Überblick.

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Weshalb wurde die Kesb überhaupt eingeführt?

In den hundert Jahren vor dem neuen Gesetz haben sich primär Laien um den Kindes- und Erwachsenenschutz gekümmert. Ende des 20. Jahrhunderts war man sich in Bundesbern einig, dass man damit den Anforderungen nicht gerecht wurde und es Profis für den Job brauchte. Die Schwierigkeiten der Menschen sollten von dafür ausgebildeten Fachpersonen beurteilt werden. Aber es musste auch der Zeit angepasst werden, wann der Staat überhaupt Eingriffe in Persönlichkeitsrechte machen darf. Deshalb wurde das neue Kindes- und Erwachsenenschutzrecht geschaffen. Während man früher schnell einen Vormund bekam und entmündigt wurde, wird der Selbstbestimmung heute im Gesetz mehr Rechnung getragen.

Was macht die Kesb?

Die Kesb ist zuständig für den Schutz von Kindern und hilfsbedürftigen Erwachsenen. Hilfsbedürftig ist, wer seine Sachen nicht selber regeln kann. Sie schaltet sich dann ein, wenn zum Beispiel ein Kind nicht genügend durch nahestehende Personen oder private und öffentliche Dienste unterstützt wird, und übernimmt diese Funktion. Die Kesb wird auch aktiv, wenn eine Person urteilsunfähig ist und sie nicht selbst entschieden hat, wer in diesem Fall einspringen soll. 

Meist wird die Behörde mit Beistandschaften und fürsorgerischen Unterbringungen in Zusammenhang gebracht, sie hat aber eine Vielzahl von Aufgaben (vgl. Checkliste).

Ganz konkret bestimmt das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht:

  • was man regeln muss, wenn jemand urteilsunfähig wird;

  • wann jemandem ein Beistand zugewiesen werden kann;

  • was Beistände dürfen und was ihnen verboten ist;

  • was für Menschen in Heimen gilt, die nicht urteilsfähig sind;

  • wann man eine Person gegen ihren Willen in eine psychiatrische Klinik einweisen darf.


Die Kesb muss diese Rechte dann durchsetzen.

Wie viele sind von Kesb-Massnahmen betroffen?

Ende 2021 waren 145’416 Personen von einer Schutzmassnahme betroffen. Davon waren 100’593 Erwachsene und 44’823 Kinder. Zwei Drittel der Menschen, die unterstützt werden, sind also Erwachsene. Gemäss der kantonalen Konferenz der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden Kokes steht bei Erwachsenen die Unterstützung zum eigenständigen Handeln durch Vertretungsbeistandschaften im Zentrum. Bei Kindern geht es meist um Beratungen in Erziehungs- und Betreuungsfragen oder um Unterstützung bei Prozessen. Fremdplatzierungen kommen in 3,4 Prozent aller Kesb-Fälle vor, wenn Eltern ihre Kinder misshandeln oder sie wegen psychischer Probleme oder Suchterkrankungen nicht ausreichend versorgen können.

Immer wieder in den Schlagzeilen

Die Kesb sei schlimmer als die Stasi, zerstöre Familien, sei viel zu teuer, solle sofort wieder abgeschafft werden. Die neu geschaffene Behörde machte sich nach deren Einführung schnell unbeliebt und stand in der Öffentlichkeit ständig unter Beschuss. In sozialen Medien schlossen sich Gegner zusammen. Der «Fall Flaach» trug einiges zur Stimmungslage bei: Am Neujahrstag 2015 erstickte eine Mutter ihre zwei Kinder, weil sie nicht wollte, dass diese zurück ins Heim kommen, wie es die Kesb angeordnet hatte. Für Kritiker war klar, dass die Behörde versagt hatte, auch wenn sie später durch eine externe Untersuchung entlastet wurde

Für Schlagzeilen sorgte auch die Geschichte rund um SVP-Nationalrat Pirmin Schwander, dem vorgeworfen wurde, einer Mutter, die ihre Tochter im Ausland vor der Kesb versteckte, finanziell geholfen zu haben. Er wurde später entlastet. Schwander sammelte auch für eine Volksinitiative gegen die Kesb, die jedoch die nötige Unterschriftenzahl nicht erreichte und deshalb nie an die Urne kam.

Im Januar 2023 stand die Kesb jüngst erneut im Rampenlicht: Im Bezirk Meilen soll die Behörde jahrelang weggesehen haben, während ein Beistand eine ältere Frau mit Demenz um mehrere Hunderttausend Franken erleichterte.

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Tina Berg, Redaktorin
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