Zur Person

Annette Cina, 45, arbeitet am Institut für Familienforschung und -beratung der Uni Freiburg. Die Psychologin hat drei Kinder im Alter von 8, 10 und 12 Jahren.

1. Streit am Geburtstagsfest

Ein Geburtstagsfest: Fürs Alle-gegen-alle-Spiel müssen zwei Teams gebildet werden. Ein Fünfjähriger weigert sich partout, das orangefarbene Übergwändli anzuziehen, und verfällt in lautes Geschrei. Er darf zur Gruppe ohne Überzieher.

Kommentar von Annette Cina: Eine Gemeinschaft funktioniert nur, wenn sich alle an die Regeln halten. Wenn die Aufsichtsperson nachgibt, lernt das Kind, dass es durch Geschrei recht bekommt. Die andern lernen, dass es sich lohnt, sich zu weigern. Das Kind darf nur mitspielen, wenn es sich an die Gwändli-Regel hält, sonst muss es aussetzen.

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2. Vorlaut beim Einkaufen

Beim Einkaufen trifft die Mutter einen Bekannten. Ihr Fünfjähriger fällt ihr ständig ins Wort, sie kann keinen Satz zu Ende sprechen. Der Bekannte ist irritiert, die Mutter verabschiedet sich mit einem Schulterzucken.

Cina: Die Mutter sollte das Kind um Geduld bitten und ihm sagen, was es tun soll. Zum Beispiel: «Livia, ich möchte mit Ralf sprechen. Ich habe ihn schon eine Weile nicht mehr gesehen. Warte einen Moment und spiel inzwischen auf dem Spielplatz. Danach werde ich dir zuhören.»

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3. Keine Lust mehr auf Schwimmkurs

Die Eltern haben das Kind mit seinem Einverständnis zum Schwimmkurs angemeldet. Beim zweiten Mal hat der Sechsjährige bereits keine Lust mehr. Der Vater meldet ihn ab.

Cina: Einfach abmelden geht nicht. Dadurch, dass man etwas ausprobiert und auch bei Unwillen und Widrigkeiten dranbleibt, wird Durchhaltevermögen entwickelt. Fragen Sie das Kind, warum es nicht mehr hingehen will, und treffen Sie eine Vereinbarung, wie lange es noch ausprobieren muss, ob ihm Schwimmen wirklich keinen Spass macht.

4. «Tschüss, Gaggi»

Eine Sechsjährige sagt «Tschüss, Gaggi» zum Chef des Vaters. Der Vater sagt lächelnd, sie teste manchmal ihre Grenzen aus und sei halt etwas wild.

Cina: Mit Schimpfwörtern zu experimentieren ist normal. Wenn das Kind aber andere beleidigt, muss man es darauf ansprechen. Andere abzuwerten und zu verletzen ist nicht in Ordnung. Das Kind sollte sich möglichst beim Chef entschuldigen und sich auf jeden Fall anständig verabschieden.

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5. Mitreden im Fussballklub

Im Fussballklub werden die Kinder in Leistungsstufen eingeteilt. Ein Grossteil der Eltern interveniert, weil sie finden, ihr Kind werde zu tief eingestuft.

Cina: Die Einstufung ist Sache der Trainer. Wenn sich Aussenstehende einmischen, wird unklar, wer auf dem Feld das Sagen hat. Das erschwert die Aufgabe des Trainers. Zudem beginnen die Kinder, stärker auf die Bedeutung der Leistungsstufen zu achten als auf ihr Spiel. Der Rat: ruhig bleiben und das Kind motivieren, sein Bestes für das Team zu geben.

6. Beschwerde wegen Strafaufgaben

Das Kind bekommt eine Strafaufgabe, weil es in der Schule «Seich» gemacht hat. Der Vater bedauert sein Kind und beschwert sich bei der Lehrperson.

Cina: Wenn das Kind Regeln gebrochen hat, zeigen ihm Konsequenzen, dass es die Verantwortung für sein Handeln tragen muss (Strafaufgabe). Mit dem Problemverhalten des Kindes geht diejenige erwachsene Person um, die damit konfrontiert ist. Verhalten in der Schule wird an der Schule angegangen, Verhalten in der Familie in der Familie. Ein Untergraben der Verantwortlichkeiten schwächt die Position der Lehrperson.

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7. «Machs doch selber!»

Ein Sechsjähriger schmeisst das Glacepapier direkt neben dem Abfalleimer auf den Boden. Die Mutter sagt ihm, er müsse es aufheben und in den Kübel werfen. Das Kind antwortet: «Mach es doch selber, wenn du das willst», und rennt davon. Die Mutter entsorgt den Müll.

Cina: Die Mutter muss das Kind zurückholen und ihm erklären, warum sie möchte, dass es das Glacepapier in den Eimer wirft. Sie muss darauf bestehen, dass der Bub es dann auch selber tut.

8. Verlorengegangenes sofort ersetzen

Die Siebenjährige verhühnert im Schwimmbad ihr Badetuch. Sie ist untröstlich. Die Mutter kauft ihr auf dem Heimweg ein neues.

Cina: Der Umgang mit Emotionen muss gelernt werden. Das Kind ist traurig, muss aber lernen, dass diese Phase vorbeigeht. Das verlangt von den Eltern Ruhe und Verständnis. Trösten, versuchen, das Badetuch wiederzufinden, abwarten.

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