Bei Schenkungen wird Ihnen nichts geschenkt
Auch wenn Eltern im Alter ihr Haus den Kindern übertragen, können sie es nicht vor dem Zugriff des Altersheims retten.
Veröffentlicht am 18. Dezember 2001 - 00:00 Uhr
«Sollten wir unser Einfamilienhaus bereits jetzt unseren Kindern übertragen?», fragt A. «Stimmt es, dass das Haus fünf oder zehn Jahre vor dem Eintritt ins Altersheim übertragen werden muss, damit nicht darauf zurückgegriffen werden kann?», erkundigt sich B.
Täglich wird das Beratungszentrum des Beobachters mit derlei Fragen bombardiert. Eine Antwort gleich vorweg: Das mit den fünf oder zehn Jahren ist ein Ammenmärchen. Eine solche Frist steht in keinem Gesetz.
Wenn Eltern zu Lebzeiten ihr Haus (oder auch andere Vermögenswerte) auf ihre Nachkommen übertragen, ohne einen entsprechenden Gegenwert dafür zu erhalten, fehlt ihnen dereinst vielleicht das Geld, um das Alters- oder Pflegeheim allein mit ihrer Rente und den Krankenkassenbeiträgen bezahlen zu können. Sie sind dann auf Ergänzungsleistungen angewiesen.
Die zuständigen Stellen behandeln nun aber Erbvorbezüge, Schenkungen oder Liegenschaftenverkäufe unter dem Verkehrswert als «freiwilligen Vermögensverzicht» und rechnen diese Werte den Eltern trotzdem an. Das kann dazu führen, dass sie keine oder zu wenig Ergänzungsleistungen erhalten und deshalb die Heimkosten nicht vollumfänglich gedeckt sind.
Ganz schlaue Ehepaare versuchen diesem Problem mittels Gütertrennung auszuweichen, allerdings vergebens. Aufgrund der gesetzlich verankerten Beistandspflicht unter Ehegatten wird bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen stets das gesamte Vermögen des Paares angerechnet, unabhängig vom Güterstand.
Besteht kein Anspruch auf Ergänzungsleistungen, bleibt den Eltern als Trost, dass die Heimkosten zur Not von der Sozialhilfe bezahlt werden. Aufmerksame Leserinnen und Leser werden jetzt vielleicht sagen: Dann kann ich mein Vermögen oder mein Haus ja doch den Kindern verschenken, am Ende finanziert mir eben das Sozialamt den Heimaufenthalt! Doch das stimmt so nicht. Seit der Staat nämlich selber knapp bei Kasse ist, hat er die sogenannte Verwandtenunterstützungspflicht wiederentdeckt. Diese hat Vorrang gegenüber dem Anspruch auf Sozialhilfe. Das bedeutet, dass die Kinder bei der Heimfinanzierung mithelfen müssen.
Haben die Eltern also ihrem Sohn das Haus übertragen, um es vor dem Zugriff des Altersheims zu bewahren, so muss der Nachkomme nun plötzlich für die Heimkosten aufkommen. Damit wird die vorzeitige Hausübertragung letztlich zum Bumerang.
Deshalb gilt: Übertragen Sie das Haus an Ihre Kinder zu einem fairen Preis. So wird Ihnen bei der Bemessung von Ergänzungsleistungen kein «freiwilliger Vermögensverzicht» angerechnet.
Im Übrigen ist es oft gar nicht so einfach zu sagen, wie der allfällige spätere Heimaufenthalt am besten finanziert werden soll. Es ist daher empfehlenswert, sich frühzeitig darüber Gedanken zu machen und die Frage mit spezialisierten Beratungsstellen wie Pro Senectute, Pro Infirmis oder dem Gemeindesozialdienst zu besprechen.