Eine 60-Grad-Wäsche oder das Kochen eines Mittagessens für vier Personen auf dem Elektroherd entspricht etwa einer Kilowattstunde Strom. Diese ist heute rund einen Viertel teurer als noch im letzten Sommer. Neu kostet sie durchschnittlich 26,95 Rappen, vorher waren es 21,18 Rappen. Vereinzelt können die Unterschiede noch höher ausfallen. Die Gründe dafür sind unter anderem der Krieg in der Ukraine, der zu unterbrochenen Lieferketten führt, oder unzureichende Öl- und Gasvorräte hierzulande.
 
Das brachte auch den Schweizer Energiekonzern Axpo in einen Engpass. Im Herbst stellte das Unternehmen darum beim Bundesrat ein Gesuch für einen milliardenschweren Kreditrahmen mittels Notverordnung. In Anspruch nehmen musste die Axpo diesen aber nicht. Vielmehr hat das Unternehmen nun bekanntgegeben, dass die Ergebnisse des ersten Halbjahres alle Erwartungen übertroffen hätten. Mit einem Gewinn von 3,2 Milliarden Franken sei ein «ausserordentliches Halbjahresergebnis» erzielt worden, schreibt die Axpo in einer Medienmitteilung.

Partnerinhalte
 
 
 
 

Doch was passiert nun mit dem Überschuss, und wer profitiert davon? Sechs Fragen und sechs Antworten.

  1. Warum benötigte die Axpo überhaupt einen Rettungsschirm?
    Die Unsicherheit über die Stromversorgung liess die Stromkosten erheblich steigen. Damit erhöhten sich die Liquiditätsanforderungen an die Marktteilnehmenden. Stromkonzerne müssen in der Lage sein, ununterbrochen Strom zu liefern. Dies stellte die Energieunternehmen vor grosse Schwierigkeiten. So auch die Axpo als grösste Energie- und Stromversorgerin der Schweiz. Sie reichte im vergangenen Herbst beim Bundesrat ein Gesuch um Liquiditätshilfe ein, um in einem Ausfall Strom woanders einkaufen zu können. Das Gesuch wurde vom Bundesrat mit einer 4-Milliarden-Euro-Hilfe bewilligt.
     

  2. Wie konnte die Axpo trotz Rettungsschirm einen Gewinn von 3,2 Milliarden Franken verzeichnen?
    Wie Martin Stucki, Leiter externe Kommunikation der Axpo-Gruppe, sagt, setze sich der Gewinn insbesondere aus zwei Faktoren zusammen: «Erstens kommt das Geld, das wir für die Sicherheitsleistungen eingesetzt haben, langsam zurück.» Diese Sicherheitsleistungen sind liquide Mittel, die die Käufer für den Fall absichern, dass die Axpo nicht wie vereinbart Strom liefern kann. Dies, weil sie ihren produzierten Strom drei Jahre im Voraus verkauft, um ihre Einnahmen besser planen zu können. Weicht der aktuelle Strompreis davon ab, muss das Unternehmen die Preisdifferenz als Sicherheit hinterlegen, um den Strom im Notfall anderweitig einkaufen zu können. Dabei gilt: Je stärker die Marktschwankungen sind , desto höher sind die Sicherheitsleistungen. Fällt der aktuelle Strompreis, fliessen die Sicherheitsleistungen wieder zurück. Als weiteren Grund für den Gewinn nennt Stucki das internationale Kundengeschäft. Die Axpo produziere und verkaufe nicht nur Strom, sie vermittle zwischen europäischen Produzenten und Konsumenten.
     

  3. Wer profitiert nun vom hohen Gewinn, und was passiert damit?
    Grundsätzlich profitiert die Axpo selbst davon. Im Vordergrund stehe der Schuldenabbau, so Stucki. Rund eine Milliarde hätten sie schon abgebaut. Ein Teil werde für Steuern eingesetzt. Ansonsten würde der Gewinn investiert: «Wir möchten noch stärker in Energieanlagen investieren, die kapitalintensiv sind, zum Beispiel Solarstromanlagen.» Bis zum Jahr 2030 will die Axpo mehr als 1,2 Gigawatt durch Solaranlagen in den Alpen und im Schweizer Mittelland zubauen. Damit lasse sich der Jahresbedarf von mehr als 300'000 Schweizer Haushalten decken.
     

  4. Was geschieht mit dem Rettungsschirm?
    Dieser bleibt vorerst bestehen. Denn: «Der Bundesrat hat uns die Möglichkeit, dass uns die Kreditlinie bei Bedarf ausbezahlt wird, zwar zugesprochen, beziehen mussten wir das Geld glücklicherweise aber nie.» Die Verfügung laufe Ende 2026 aus, so Stucki weiter.
     

  5. Kommt der Gewinn der Schweizer Bevölkerung zugute?
    Nicht direkt. Die Axpo hat nur Grosskunden und keine Endkunden wie Privatpersonen. Eine Preisreduktion für Privathaushalte kann die Axpo somit nicht bewirken. Die Preise werden vom jeweiligen Stromanbieter festgelegt. Jedoch kämen die grossen Investitionen in den Ausbau der Schweizer Energieversorgung indirekt der Gesellschaft zugute, so Stucki: «Dank dem erfolgreichen Geschäftsmodell der Axpo können wir unseren Beitrag an die Energieversorgung für die Bevölkerung sicherstellen.»
     
  6. Wann sinken die Strompreise für die Kundinnen und Kunden?
    Nicht in naher Zukunft. Im Moment geht die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) sogar davon aus, dass die Tarife für 2024 vielerorts wieder steigen werden. Antonia Adam, Kommunikationsspezialistin bei der Elcom, schreibt auf Anfrage: «Die individuellen Tarife können auch im nächsten Jahr stark variieren. Wie es im übernächsten Jahr aussieht, ob und ab wann die Tarife wieder sinken werden, können wir leider nicht voraussagen.»