Veröffentlicht am 2. September 2022 - 07:39 Uhr
Mirco Müller* (Name geändert) ist ein Liebhaber historischer Fahrzeuge. Jahr für Jahr nimmt er an Oldtimer-Rallyes teil. Ob in England, Italien, Spanien, Portugal oder Kenia: Müller ist immer dabei. Übernachtet wird nur in den besten Hotels. Champagner, Wein und exquisite Küche sind eine Selbstverständlichkeit.
Es ist ein teurer Spass. Je nach Dauer und Route kostet die Teilnahme an einer Rallye weit über 10'000 Franken. Für den studierten Juristen ein Klacks. Gemäss Angaben in einem Firmenprospekt ist er durch Immobiliengeschäfte zu Reichtum gekommen. Heute betätigt er sich als Finanzinvestor.
Anfang September 2021 startete Mirco Müller zu einer einwöchigen Rallye in Schottland. In einem Oldtimer mit einem Marktwert von mehreren Hunderttausend Franken kurvte er durch die Highlands. Sein Vater, Paul Müller*, war am selben Tag ebenfalls unterwegs. Seine Fahrt hatte jedoch einen traurigen Anlass: Der 93-Jährige musste von seinem Wohnort Stäfa ZH mit der Ambulanz ins Spital Männedorf gebracht werden.
Rund drei Monate später starb Müller senior. Die Rechnung für den Rettungsdienst ist bis heute unbezahlt – und so wird es wohl auch bleiben. Weil Müller junior das Erbe seines Vaters ausgeschlagen hat, muss sich das Spital Männedorf die 677 Franken für die Ambulanz ans Bein streichen.
Für andere wurde es nach Müller seniors Tod noch teurer, zeigt die offizielle Gläubigerliste des Konkursamts: Ein gemeinnütziges Altersheim in Küsnacht bleibt auf einer Rechnung von 6216 Franken sitzen, dem Alterszentrum der Gemeinde Stäfa bleiben ungedeckte Kosten von 11'764 Franken. Hinzu kommen offene Steuerschulden im Umfang von 34'675 Franken.
Wie hoch die Kosten sind, die der Allgemeinheit durch solche Fälle entstehen, weiss niemand. Weder der Bund noch der Kanton Zürich erheben Zahlen dazu. Laut Erich Maag, stellvertretender Gemeindeschreiber von Stäfa, können die Beträge aber auch für eine grössere Gemeinde namhaft sein. Er sagt: «Wenn in der Kasse mehrere Zehntausend Franken fehlen, tut uns das weh.»