Wann braucht es welches Vorsorgedokument?
Wann braucht es einen Vorsorgeauftrag? Wann eine Patientenverfügung? Wir zeigen an fünf konkreten Lebenssituationen, wann Sie welches Dokument benötigen.
aktualisiert am 31. Mai 2018 - 13:41 Uhr
Patientenverfügung, Vorsorgeauftrag, Vollmacht, Testament – Ihre persönliche Vorsorge setzt sich aus verschiedenen Puzzlesteinen zusammen. Welche Vorsorgedokumente für Sie die richtigen sind, hängt vor allem von Ihrer Lebens- und Vermögenssituation ab.
Im Gesetz finden Sie Lösungen für die Standardsituationen der persönlichen Vorsorge:
- Das Erbrecht bestimmt, wer was erbt, wenn Sie selber nichts verfügen.
- Wird jemand urteilsunfähig, stellt das Erwachsenenschutzgesetz sicher, dass ein Beistand die nötigen Geschäfte erledigt.
- Auch im medizinischen Bereich gibt es Regelungen, zum Beispiel hält die sogenannte Kaskadenordnung fest, wer Entscheidungen treffen darf, wenn Sie selber dazu nicht mehr in der Lage sind.
Wenn diese gesetzlichen Regelungen zu Ihrer Familienkonstellation passen und Ihren Wünschen entsprechen, brauchen Sie keine Dokumente zu verfassen.
Wenn die gesetzlichen Vorgaben jedoch nicht Ihrer persönlichen Situation entsprechen, wenn Ihnen bestimmte Punkte wichtig sind, Sie eigene Vorstellungen verwirklichen wollen, dann müssen Sie aktiv werden.
Tonja V. lebt allein.
Sie hat einen grossen Freundeskreis, aber ausser einer Nichte keine näheren Verwandten. Sie ist leidenschaftliche Vogelbeobachterin und engagiertes Mitglied bei BirdLife Schweiz.
Frau V. entscheidet sich für folgende Vorsorgelösung:
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Vorsorgeauftrag
Tonja V. verfasst keinen Vorsorgeauftrag. Unter ihren Freunden ist niemand, dem sie die damit verbundene Verantwortung anvertrauen möchte. Weil sie auch keine juristische Person (eine Bank oder eine Organisation) damit beauftragen möchte, wird ihr im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit ein Beistand zur Seite gestellt. -
Patientenverfügung
Frau V. füllt eine ausführliche Patientenverfügung mit präzisen Angaben aus. Ihr ist es wichtig, jetzt zu bestimmen, was in ihrer letzten Lebensphase mit ihr geschehen soll. -
Anordnungen für den Todesfall
Frau V. hält ihre Wünsche zur Bestattung und zur Trauerfeier schriftlich fest und formuliert auch eine Todesanzeige, die in der Regionalzeitung erscheinen soll. -
Testament
Frau V. ist klar, dass nach dem gesetzlichen Erbrecht ihr ganzes Vermögen an ihre Nichte fällt. Deshalb hält sie in ihrem Testament fest, dass ihr Nachlass je zur Hälfte an BirdLife Schweiz und an die Nichte gehen soll.
Morena und Gerd T. sind seit 35 Jahren glücklich verheiratet.
Kinder haben sie keine. Auf der Seite von Herrn T. gibt es einen Bruder und eine Schwester, Frau T. hat keine Geschwister, aber ihr Vater lebt noch. Beide möchten möglichst wenig Papierkram. Ihnen ist klar, dass sie füreinander schauen und dass beim Tod einer Seite der Partner oder die Partnerin möglichst alles erhalten soll.
Deshalb entscheiden Sie sich für diese Vorsorgedokumente:
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Vorsorgeauftrag
Herr und Frau T. verfassen keinen Vorsorgeauftrag. Da ihre Vermögensverhältnisse nicht kompliziert sind, genügt das gesetzliche Vertretungsrecht, das Verheiratete haben. -
Patientenverfügung
Herr und Frau T. füllen je eine einfache Patientenverfügung ohne medizinische Anordnungen aus, in der sie eine befreundete Ärztin als Vertretungsperson bezeichnen. -
Anordnungen für den Todesfall
Die Eheleute T. setzen dafür kein Dokument auf. Für sie ist klar, dass alles nach den Riten der katholischen Kirche ablaufen soll. -
Testament
Beide verfassen ein Testament. Gerd T. kann seine Frau als Alleinerbin einsetzen; Morena T. setzt ihren Vater auf den Pflichtteil und weist die verfügbare Quote ihrem Mann zu.
Wird eine Person urteilsunfähig, empfiehlt es sich, vorher einen Vorsorgeauftrag sowie eine Patientenverfügung zu erstellen. Beobachter-Mitgliedern steht hierzu nicht nur eine praktische Vorlage zur Verfügung, sondern sie erfahren auch, welche Pflichten vorsorgebeauftragte Personen haben.
Maja R. und Elvira B. leben in eingetragener Partnerschaft.
Sie haben zusammen eine Eigentumswohnung gekauft und besitzen auch sonst einiges an Vermögen. Maja R. hat eine Tochter aus einer früheren Beziehung, die zu beiden Partnerinnen ein gutes Verhältnis hat.
Und das ist die Vorsorgelösung der beiden Frauen:
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Vorsorgeauftrag
Das gesetzliche Vertretungsrecht, das auch in eingetragenen Partnerschaften gilt, reicht nicht für die Geschäfte rund um Haus und Vermögen. Deshalb setzen Frau R. und Frau B. je einen Vorsorgeauftrag auf, in dem sie die Partnerin mit der Vermögenssorge beauftragen. -
Patientenverfügung
Beide Frauen können sich nicht vorstellen, für die geliebte Partnerin die nötigen Entscheide zu treffen. Maja R. verfasst deshalb eine einfache Patientenverfügung ohne medizinische Anordnungen, in der sie ihre Tochter als Vertretungsperson bezeichnet. Elvira B. füllt eine ausführliche Patientenverfügung aus. -
Anordnungen für den Todesfall
Frau R. und Frau B. haben alles Wichtige besprochen und finden es nicht nötig, das schriftlich festzuhalten. -
Testament
Die beiden Frauen schreiben je ein Testament, in dem sie ihre Pflichtteilserben – bei Frau R. die Tochter, bei Frau B. die Eltern – auf den Pflichtteil setzen und der Partnerin die verfügbare Quote zuweisen.
Lukas M. ist verwitwet und hat zwei Söhne und eine Tochter.
Er kommt gut zurecht in seiner Wohnung, aber die Zahlungen, Rechnungen und der Verkehr mit den Versicherungen – das alles wird ihm langsam zu mühsam.
Er entscheidet sich deshalb, folgende Dokumente aufzusetzen:
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Vollmacht und Vorsorgeauftrag
Damit seine Tochter, eine Treuhänderin, die Finanzsachen für ihn erledigen kann, stellt Herr M. eine Vollmacht für sie aus. Um sicherzustellen, dass die Tochter dies alles auch dann tun kann, wenn er urteilsunfähig werden sollte, schreibt er zusätzlich einen Vorsorgeauftrag. -
Patientenverfügung
Herr M. verfasst keine Patientenverfügung. Mit seinen Kindern hat er über seine Wünsche gesprochen, und sie werden wenn nötig an seiner Stelle entscheiden. Gestützt auf die oben erwähnte Kaskadenordnung können sie dies tun. -
Anordnungen für den Todesfall
In einem kurzen Schreiben überträgt Herr M. seinem ältesten Sohn das Recht auf Totenfürsorge. Er soll die Bestattung und eine einfache Trauerfeier organisieren. -
Testament
Herr M. verfasst kein Testament. Laut Erbrecht erben seine drei Kinder zu gleichen Teilen. Das findet er richtig.
Fiona S. lebt mit ihrem langjährigen Partner Juan G. zusammen.
Die beiden sind nicht verheiratet. Herr G. hat zwei Kinder aus früherer Ehe, die bei ihrer Mutter leben und die er kaum noch sieht. Fiona S. und Juan G. ist wichtig, dass sie auch in Notsituationen füreinander da sein können.
Deshalb entscheiden sie sich für folgende Vorsorgelösung:
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Vorsorgeauftrag
Weil Konkubinatspartner kein gesetzliches Vertretungsrecht haben, verfassen Frau S. und Herr G. je einen Vorsorgeauftrag, in dem sie sich gegenseitig als Vorsorgebeauftragte einsetzen. -
Patientenverfügung
Die beiden füllen je eine einfache Patientenverfügung ohne medizinische Anordnungen aus, in der sie sich gegenseitig als Vertretungsperson bezeichnen (Patientenvollmacht). -
Anordnungen für den Todesfall
Herr G. will verhindern, dass seine Exfrau und die Kinder sich einmischen. Er überträgt das Recht auf Totenfürsorge seiner Partnerin und hält ihre gemeinsamen Vorstellungen auch schriftlich fest. -
Testament
Fiona S. und Juan G. verfassen je ein Testament. Frau S. setzt ihre Eltern auf den Pflichtteil, Herr G. seine Kinder und beide weisen die verfügbare Quote dem Partner respektive der Partnerin zu.
Was sollte in einem handschriftlichen Vorsorgeauftrag enthalten sein? Beobachter-Mitglieder erhalten verschiedene Mustervorlagen zum Vorsorgeauftrag als praktische Anleitung. Zudem informiert das Merkblatt «Was müssen vorsorgebeauftragte Personen wissen?», ob man gegenüber der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) Bericht erstatten muss.