Schutz gegen digitales Mobbing, Stalking & Co.
Immer mehr Straftaten finden online statt – das macht sie für die Opfer nicht weniger schlimm. Betroffen sind Kinder und Erwachsene. Wie man sich wehrt.
Veröffentlicht am 18. November 2021 - 00:00 Uhr
Um diese 4 typischen Fälle von Cybercrime geht es:
Ausserdem:
Beispiel: Carla hat mit ihrem Partner Schluss gemacht. Seither schickt er ihr täglich bis zu 20 Nachrichten per Whatsapp, E-Mail und Facebook. Zunächst waren es vor allem Liebesbekundungen und sexuelle Anspielungen, dann folgten heftige Vorwürfe und eine Suiziddrohung .
So funktioniert es: Ein typischer Fall von Cyberstalking. Dabei wird eine Person – vorwiegend über das Internet oder soziale Medien – wiederholt belästigt, ausspioniert oder bedroht. Täter sind oft abgewiesene Verehrer, Ex-Partnerinnen, Arbeitskollegen oder Bekannte.
Was kann ich tun, wenn ich online gestalkt werde?
- Machen Sie der Person unmissverständlich klar, dass Sie keinen Kontakt wünschen.
- Gehen Sie auf keine Nachrichten mehr ein. Wechseln Sie Ihre Mailadresse, ändern Sie Ihre Handynummer oder blockieren Sie die Person.
- Informieren Sie Ihr Umfeld darüber, dass Sie gestalkt werden .
- Machen Sie Screenshots und dokumentieren Sie alles, was die Person Ihnen schickt, am besten mit Datum und Uhrzeit.
- Lassen Sie sich beraten, etwa durch eine Opferberatungsstelle.
- Melden Sie die Sache der Polizei. Dort können Sie etwa erwirken, dass die Person sich von Ihnen fernhalten muss.
Beispiel: Die 15-jährige Emma hat einem Mitschüler ein freizügiges Selfie zugeschickt. Er veröffentlicht es im Gruppenchat der Klasse auf Whatsapp. Seither wird Emma von verschiedenen Klassenkameraden blossgestellt. Es werden falsche Behauptungen über sie gepostet und verunstaltete Fotos geteilt.
So funktioniert es: Beim Cybermobbing sind häufig Kinder und Jugendliche betroffen . Im Internet oder per Handy werden sie über längere Zeit beleidigt oder gedemütigt.
Was kann ich tun, wenn mein Kind online gemobbt wird?
- Sprechen Sie offen mit dem Kind darüber, wenn Sie Verhaltensveränderungen beobachten.
- Holen Sie die Klassenlehrerin oder den Sozialdienst der Schule mit ins Boot, um das Geschehene gemeinsam aufzuarbeiten und eine Lösung zu finden – gemeinsam mit allen involvierten Schülern und ihren erwachsenen Bezugspersonen.
- Ziehen Sie eine externe Stelle wie etwa eine Jugendberatung oder die Opferhilfe bei. Gemeinsam können Sie besprechen, ob sich ein Strafantrag oder eine Anzeige bei der Polizei lohnt.
Beispiel: Leon ist 14 und spielt gerne Fortnite. Dabei erhält er eine Chatnachricht von einem unbekannten User, der sich vage als «15-Jähriger» vorstellt. Die beiden tauschen sich über Spielstrategien aus. Doch irgendwann drängt der andere darauf, sich zum gemeinsamen Gamen zu verabreden.
So funktioniert es: Beim Cybergrooming kontaktieren erwachsene Täter Kinder oder Jugendliche online. Sie haben dieselben Interessen und erscheinen als ideale Gesprächspartner. Die Täter stellen materielle Forderungen oder erpressen Opfer etwa mit zugeschickten Fotos – andere zielen auf einen sexuellen Kontakt ab.
Was kann ich tun, wenn mein Kind Opfer geworden ist?
- Zuallererst: Stärken Sie ihm den Rücken. Nicht sein Verhalten, sondern das des Gegenübers muss verurteilt werden. Moralisch geprägte Sanktionen, etwa ein Internetverbot, wären fehl am Platz.
- Stellen Sie Beweise sicher: Machen Sie gemeinsam Screenshots von den Chatverläufen oder Websites.
- Lassen Sie sich von Fachpersonen beraten, etwa von der Opferhilfe oder einer Jugendberatungsstelle.
- Melden Sie den Vorfall der Betreiberfirma der entsprechenden Plattform sowie der Polizei.
Beispiel: Jürg erhält eine Mail. Darin steht, dass man Zugang zu seiner Webcam habe – und damit zu einer Videoaufnahme, die ihn während eines Besuchs auf einer Pornoseite und beim Masturbieren zeige. Die Drohung an Jürg: Der Mitschnitt werde an all seine Kontakte verschickt, wenn er nicht innert 48 Stunden 1200 US-Dollar auf eine Bitcoin-Adresse einzahle.
So funktioniert es: Bei Sextortion, zusammengesetzt aus «Sex» und «Extortion» (englisch für Erpressung), wird eine meist männliche Person mit der Veröffentlichung von heiklen Aufnahmen erpresst . Es gibt verschiedene Varianten: Bei einigen Erpresser-Mails handelt es sich um reinen Bluff. Die Täter versenden sie an möglichst viele Empfänger – in der Hoffnung, dass jemand kürzlich pornografische Inhalte konsumiert hat und sich einschüchtern lässt. Tatsächlich existieren keine der heiklen Videos.
In anderen Fällen präparieren die Täter eine Website mit pornografischen Inhalten. Wer darauf surft, muss damit rechnen, dass sein PC mit einem Virus infiziert wird. Dieser aktiviert die Webcam, die die ahnungslosen Opfer beim Pornokonsum filmt. Daraufhin werden die Opfer mit echten Aufnahmen erpresst.
Noch perfider ist die dritte Masche: Das männliche Opfer wird etwa über Facebook von einer unbekannten, attraktiven Frau kontaktiert. Sie flirtet mit ihm und schlägt einen Videochat vor. Darin täuscht sie vor, dass sie sexuell erregt sei. Sie bringt das Opfer dazu, sich zu entblössen, zu masturbieren, nackt zu posieren oder gar herumzutanzen – und erpresst es schliesslich mit diesen Aufnahmen.
Was kann ich tun, wenn ich erpresst werde?
- Bluff-E-Mails können Sie ignorieren. «Bisher sind uns sehr wenige Fälle bekannt, in denen tatsächlich heikles Bildmaterial vorhanden gewesen wäre», so Max Klaus vom Nationalen Zentrum für Cybersicherheit.
- Zahlen Sie kein Geld ein, selbst wenn möglicherweise echte Aufnahmen bestehen. «In Einzelfällen werden die Bilder trotz Bezahlung veröffentlicht oder es werden erneute Forderungen gestellt», sagt Klaus.
- Brechen Sie allfälligen Kontakt zu einer Erpresserin sofort ab, löschen Sie sie aus Ihrer Freundesliste.
- Bereiten Sie sich vor: Richten Sie einen Google Alert mit Ihrem Namen ein. So werden Sie informiert, falls Inhalte mit Ihrem Namen hochgeladen werden.
- Falls Videos veröffentlicht wurden: Verlangen Sie so rasch wie möglich von Facebook oder Youtube, dass man den Post löscht.
- Helfen Sie mit, den Tätern auf die Spur zu kommen. Leiten Sie die Erpressermails vertraulich weiter an reports@stop-sextortion.ch.
- Sichern Sie Beweise: Sammeln Sie die Kontaktdaten, alle Nachrichten sowie das Erpresservideo. Machen Sie eine Anzeige bei der Polizei.
Cyberstalking und Sextortion
- Halten Sie Ihre Privatsphäre-Einstellungen möglichst restriktiv.
- Verwenden Sie für jeden Onlinedienst ein eigenes, starkes Passwort . Aktivieren Sie wenn möglich die Zwei-Faktor-Authentifizierung mit Code aufs Handy.
- Geben Sie im Internet möglichst wenig über sich preis. Nachnamen, Adresse und Handynummer nicht vorschnell verraten.
- Decken Sie die Kamera auf Ihren Geräten mit Klebeband ab.
- Nehmen Sie keine Freundschaftsanfragen von unbekannten Personen an, antworten Sie nicht auf ihre Nachrichten.
- Seien Sie sich bewusst, dass man Sie während Videogesprächen filmen kann.
Cybermobbing und Cybergrooming
- Aktivieren Sie die Kindersicherung auf allen Geräten, decken Sie die Kameras ab.
- Reden Sie mit dem Kind über Gefahren und Chancen des Internets. Es gibt dazu Broschüren (etwa «My Little Safebook» oder «Es war einmal … das Internet»).
- Stellen Sie die Einstellungen zur Privatsphäre gemeinsam möglichst restriktiv ein. Schalten Sie etwa die Standortbestimmung aus und ermutigen Sie Ihr Kind, ein Pseudonym zu verwenden.
- Raten Sie ihm, online nichts allzu Privates preiszugeben. Klären Sie das Kind darüber auf, dass jedes geteilte Foto oder Video auch für falsche Zwecke verwendet oder missbraucht werden kann.
- Sprechen Sie über das, was Ihr Kind online erlebt. Signalisieren Sie, dass es sich immer an Sie wenden kann – ohne dass es Verbote befürchten muss.
- Wenn sich ein Jugendlicher unbedingt mit einem Internetkontakt treffen will: ausschliesslich in Begleitung und an einem öffentlichen Ort.
Wer weiss, wie Täter im Internet vorgehen, kann sich besser schützen. Der Beobachter gibt seinen Mitgliedern diverse Tipps und klärt über die Opferhilfe in der Schweiz auf.
Alles, was wir im Internet tun, hinterlässt Daten, die erfasst und ausgewertet werden – von Werbefirmen, sozialen Medien, Geheimdiensten und Suchmaschinen.
Aus diesen Daten lässt sich ein äusserst detailliertes Profil über unsere Vorlieben, Neigungen und Interessen ableiten.
Der beste Schutz gegen diese Überwachungsmaschinerie ist, möglichst wenig Daten zu hinterlassen. Massnahmen, die unseren digitalen Fussabdruck minimieren, sollten deshalb zur Alltagsroutine gehören.
Wie das funktioniert und wie Sie Ihre eigenen Daten vor Verlust und Angriffen schützen können, zeigen wir Ihnen in den kommenden Wochen. Im Rahmen des Beobachter-Angebots zum Digitaltag 2021 liefern wir Ihnen in unserem Dossier «Digitale Selbstverteidigung» in kurzen Video-Tutorials hilfreiche Tipps, Tricks und Tools.
1 Kommentar
Wäre es nicht eh vernünftiger, auf Smartphones zu verzichten in Kindheit/Jugend, neben Mobbing auch deshalb, weil in dieser Lebenszeitphase das Gehirn, und die Augen (etwa in Südkorea sei schon fast eine ganze Generation kurzsichtig deswegen, Prof. Manfred Spitzer), die Augen auch punkto Monitorlicht (HEV High Energy Visible, https://www.youtube.com/watc… ) sich entwickelnderweise eher verletzlich sind. Zudem verpasst man in Medien Reales.