Ärztemangel: Verband setzt auf öffentlichen Druck
Die Schweiz hat europaweit den höchsten Ausländeranteil bei Ärztinnen und Ärzten. Dennoch bremst man bei den Zulassungen zum Studium.
Veröffentlicht am 30. August 2023 - 06:00 Uhr
Mitte September starten schweizweit mehr als 2100 Studierende im Fach Medizin. Die erste Hürde haben sie bereits überwunden: den Numerus clausus. Nur rund ein Drittel aller Interessierten übersteht die Prüfung und schafft es ins Studium. In sechs Jahren sollen sie einen Teil der grossen Lücke im Gesundheitswesen füllen.
Die Hausarztdichte nimmt stetig ab und liegt seit Jahren unter dem empfohlenen Wert. Gleichzeitig steigt die Belastung in den Spitälern. Die Schweiz hat zudem nach Israel den zweithöchsten Ausländeranteil in der Ärzteschaft aller OECD-Länder: 39,5 Prozent der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz stammen aus dem Ausland beziehungsweise besitzen ein ausländisches Diplom, wie die aktuelle Statistik der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) zeigt. Damit hält die Schweiz den Europarekord. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Warum braucht es überhaupt einen Eignungstest, wenn sich der Ärztemangel verschlimmert?
Die Antwort ist – wie so oft – das liebe Geld. Das Medizinstudium ist die teuerste Ausbildung der Schweiz. Laut Berechnungen des Bundes kostet der sechsjährige Studiengang pro Person rund 642’000 Franken.
100 Millionen vom Bund
Trotzdem: Wer mehr Ärztinnen will, muss in ihre Ausbildung investieren. Bereits 2016 beschloss der Bund, die Anzahl Studienabgänge zu erhöhen. Die Kantone erhielten einen Zustupf von 100 Millionen Franken. Bis 2025 sollen pro Jahr 1300 angehende Ärztinnen und Ärzte ihr Studium abschliessen.
«Die Universitäten sind auf dem besten Weg, das Ziel zu erreichen», sagt Kathrin Balmer, Leiterin Medizin und Gesundheit bei Swissuniversities, dem Dachverband der Schweizer Hochschulen. Seit 2016 konnte die Anzahl jährlicher Abschlüsse von rund 900 auf 1170 erhöht werden.
Babyboomer-Ärzte räumen das Feld
«Das reicht nicht», sagt Yvonne Gilli. Sie ist Präsidentin der FMH. Die Bildungshoheit liege zwar bei den Kantonen. Sie ist aber überzeugt, dass es zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erneut die Mitfinanzierung des Bundes braucht.
Mit der damaligen Zielsetzung der 1300 Studienabschlüsse habe der Bundesrat den Ärztemangel unterschätzt. «Zum einen wuchs die Bevölkerung stetig, zum anderen gehen bald all die Ärztinnen und Ärzte der Babyboomer-Generation in Rente», erklärt Gilli. Auch die Rekrutierung aus dem Ausland werde zunehmend schwieriger.
Die Zahl der Studierenden muss laut der FMH-Präsidentin erneut erhöht werden. Doch Gilli glaubt, dass das Parlament aktuell noch nicht genügend Bewusstsein für das Ausmass des Ärztemangels hat. Nun hofft sie auf den Druck aus der Bevölkerung. «Spätestens wenn die Leute keine Hausärzte mehr finden, werden sie politische Forderungen stellen.»
3 Kommentare
Der Ärztemangel hat auch Auswirkungen auf die Substitutionsbehandlungen.
Ich konnte monatelang keinen Arzt finden für meine weitere Behandlung, aufgrund Renteneintritt meines Arztes. Patientenstopp wird dann als Grund der Nichtaufnahme meiner Wenigkeit angegeben, jedoch mit eindeutigem eigentlichen Grund. Denn ich wurde mehrfach gebeten mich etwas später nochmal zu melden nur um dann zu hören dass es nicht machbar ist. Dass es am Subutex liegt, weil das Verfahren für die Ärzte zu aufwändig ist wurde mir erst nach und nach klar. Denn ich habe Ablehnungen von Ärzten bekommen die noch keinen Patientenstopp hätten und jedesmal ist es dieses Wort "Subutex" dass die Empfangsdame mich unterbrechen lässt.
Wie ich von einem Facharzt erfuhr gibt es im Kanton Bern als einzigen Kanton schweizweit eine Organisation die sich eben solchen Problematiken angenommen hat. Was sowohl den Patienten wie auch den Ärzten den Umgang im Alltag der Substitutionsbehandlung enorm erleichtert. Meine Frage hierzu:
Was könnte den kantonsärztliche Dienst im Aargau dazu bewegen, sich um ein solches wie in Bern vereinfachtes Verfahren für Ärzte und Patienten zu bemühen?
Leider habe ich bis heute keine Antwort vom Kantonsärztlichen Dienst des Kantons Aargau erhalten. Nicht mal eine kleine Reaktion, gar nix.
Je nach dem wo man wohnt bekommt man kein Arzt mehr. Keine nimmt neue Patienten auf und sagen gehe ins Spital. Nur die Notfall Abteilungen der Spitäler sind auch am Anschlag und nicht jeder hat ein Auto. So ist man je nach dem wo man wohnt völlig aufgeschmissen. Aber mehr und mehr aus dem Ausland werden hier aufgenommen vom Bund die völlig Volksfremd geworden sind und selber genug finanzen haben um von solche Probleme nicht belastet zu werden, dies ist meine Meinung zu diese Misere. Anzahl Bewohner steigt schnell, Infrastruktur für diese rasend absteigend.
Das "Bewusstsein unseres Parlaments" funktioniert grundsätzlich in erster Linie für Geld, also Banken, Wirtschaft und dergleichen. Volkswohl hingegen rangiert in einer bürgerlichen Regierung leider immer auf den hinteren Plätzen.