Muss ich die Arbeitsuniform tragen?
Uniform, Minirockverbot, Kostümzwang zu Werbezwecken: Welche Kleidervorschriften der Chef durchsetzen kann und wo er zu weit geht.
aktualisiert am 17. Dezember 2018 - 13:42 Uhr
Für die Arbeit muss ich eine Uniform tragen. Der Chef sagt, dass die Zeit, die ich fürs Umziehen brauche, nicht zur Arbeitszeit gehöre. Ist das richtig?
Es kommt auf die Uniform an. Wenn Sie mit ihr ohne Weiteres mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arbeitsort fahren können, gehört das Umziehen nicht zur Arbeitszeit – wie der Arbeitsweg ja ebenfalls nicht. Falls Sie sich aber nur am Arbeitsort umziehen können, gilt das als Arbeitszeit – wie andere notwendige Vorbereitungshandlungen, etwa Hände desinfizieren, Häubchen aufsetzen oder spezielle Schutzkleidung anziehen.
Ich arbeite in einer Modeboutique. Der Chef will, dass ich bei der Arbeit Stücke aus den neusten Kollektionen trage. Dafür zieht er mir jeden Monat 500 Franken vom Lohn ab. Ist das korrekt?
Nein. Der Arbeitgeber darf Sie nicht verpflichten, einen Teil des Lohns für Einkäufe in seinem Geschäft auszugeben. Das verstösst gegen das sogenannte Truckverbot: Der Arbeitnehmer soll über seinen Geldlohn frei verfügen können. Das gilt selbst dann, wenn man Ihnen auf die Kleider einen Rabatt geben würde. Reden Sie mit dem Chef. Machen Sie klar, dass Sie keinen Abzug mehr dulden, und verlangen Sie die bereits einbehaltenen Gelder zurück.
Ich arbeite als Buschauffeur. Die Uniform muss ich zur Hälfte selbst bezahlen. Ist das zulässig?
Unter Umständen ja. Das Obligationenrecht sieht zwar vor, dass der Arbeitgeber Arbeitsgeräte und Berufskleidung entschädigungslos zur Verfügung stellen muss (Art. 327 Absatz 1). Diese Bestimmung ist aber nicht zwingend. Das heisst, dass im Arbeitsvertrag, im Gesamtarbeitsvertrag oder in einem Reglement eine andere Lösung vereinbart werden kann. Nur eine eigentliche Schutzkleidung muss ausnahmslos der Arbeitgeber finanzieren.
Beobachter-Mitglieder erfahren in der Checkliste «Arbeitsvertrag: Ja oder Nein», welche Kriterien auf einen Arbeitsvertrag hindeuten und nicht mehr als Gefälligkeit gelten. Ebenso können sie praktisch nachprüfen, wann eine selbständige Tätigkeit vorliegt.
Für meinen neuen Job muss ich teure Berufskleidung tragen. Jetzt verlangt der Chef ein Depot, auf das er im Fall einer Beschädigung zurückgreifen könnte. Darf er das?
Ja – wenn Sie damit einverstanden sind. Ein Depot kann vertraglich vereinbart werden. Der Arbeitgeber muss das hinterlegte Geld aber strikt getrennt von seinem Vermögen aufbewahren, etwa auf einem separaten Konto. Das Depot muss er bei Ende des Arbeitsverhältnisses zurückzahlen.
Ich arbeite in einem Autohaus als Empfangsmitarbeiterin. Mein Chef verlangt, dass ich während der Arbeitszeit Make-up trage. Ich will mich nicht jeden Tag schminken. Kann ich mich weigern?
Ja. Ein Schminkzwang greift zu sehr in Ihre persönlichen Rechte ein. Und weil von einer solchen Regelung nur Frauen betroffen sind, kann man sich sogar fragen, ob die Weisung nicht auch diskriminierend ist beziehungsweise gegen das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG) verstösst. Etwas anderes ist nur bei Arbeitnehmerinnen denkbar, die das Make-up an sich bewerben, etwa bei einer Verkäuferin in der Kosmetikabteilung. Doch auch dort ist Zurückhaltung angebracht. Suchen Sie also am besten das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber.
Ich bin Verkäuferin in einer Bäckerei. Über die Osterfeiertage sollen wir jeweils «lustige» Hasenohren aufsetzen. Ich finde das peinlich. Kann ich mich weigern?
Sprechen Sie mit dem Arbeitgeber. Er hat zwar ein Weisungsrecht, doch das gilt nicht uneingeschränkt. So darf er zum Beispiel nichts verlangen, was Ihre Persönlichkeit verletzt. Ob das zutrifft, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Unzulässig sind Weisungen, die sachlich nicht begründbar, offensichtlich schikanös oder sexistisch sind. Letzteres ist bei Hasenohren durchaus denkbar. Ein Grenzfall dürfte auch die ebenfalls beliebte Samichlaus-Kappe zum 6. Dezember sein.
Was darf der Arbeitgeber verlangen?
Wer zahlt, befiehlt. So ist das auch im Arbeitsverhältnis. Doch Angestellte müssen nicht immer tun, was der Arbeitgeber von ihnen verlangt.
Krawattenzwang für Männer, Minirockverbot für Frauen: Sind die Kleidervorschriften in unserer Bank zulässig?
Auch hier gilt: Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Weisungsrechts Kleidervorschriften machen. Sie können je nach Branche und Betrieb unterschiedlich streng ausfallen. Schikanöse oder gar sexistische Anordnungen muss man als Arbeitnehmer jedoch nicht dulden. Doch in Branchen, wo seriöses Auftreten wichtig ist, sind Krawattenzwang und Minirockverbot für Personen mit Kundenkontakt zulässig – wie auch Jeans- oder Flip-Flop-Verbot oder Strumpfhosenzwang für Frauen.
Mir wurde fristlos gekündigt , weil ich die Schutzkleidung nicht getragen habe – obwohl gar nichts passiert ist. Ist die Kündigung korrekt?
Das Verweigern der Schutzkleidung kann unter Umständen ein Grund für eine fristlose Entlassung sein – insbesondere wenn Sie deswegen bereits verwarnt wurden. Denn der Arbeitgeber muss alles unternehmen, um die Gesundheit der Angestellten zu schützen und Berufsunfälle zu verhindern. Dazu gehört, dass er die notwendige Schutzkleidung zur Verfügung stellt und die Tragpflicht auch durchsetzt. Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihn bei diesen Bemühungen zu unterstützen, also Weisungen strikt zu befolgen.
Ich vermute, dass die Schutzkleidung in unserem Betrieb nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. An wen kann ich mich wenden?
Sprechen Sie als Erstes mit dem Arbeitgeber über Ihre Sicherheitsbedenken. Wenn das nichts bringt, gelangen Sie am besten an einen Berufsverband oder ans kantonale Arbeitsinspektorat. Es überprüft die Einhaltung des Arbeitsgesetzes und der zugehörigen Verordnungen. Die Schutzausrüstung muss «wirksam» sein. Übrigens: Sie dürfen die Arbeit grundsätzlich verweigern, bis Sie korrekt ausgerüstet werden. Und: Eine Kündigung, weil Sie sich für Ihre Rechte gewehrt haben, wäre missbräuchlich.
Als Vermögensberater muss ich immer gepflegt gekleidet sein. Kann ich meine Anzüge von den Steuern abziehen?
Kaum. Berufskleider sind zwar grundsätzlich als Berufskosten abziehbar . Sobald Sie sie aber auch privat nutzen können, gelten sie tendenziell nicht mehr als Berufskleider.
In der Schweiz können Arbeitsverträge beiderseitig zu jeder Zeit aufgelöst werden. Einen Grund für die Kündigung braucht es nicht, doch es gibt Ausnahmen. Beobachter-Mitglieder erfahren, welche das sind, ob sie rechtlich gesehen unter Kündigungsschutz stehen und wie sie mittels einer Briefvorlage schriftlich gegen eine fristlose Entlassung protestieren können.