«Lasst die Justiz erst einmal ermitteln!»
Ein 15-Jähriger verletzt einen Juden in Zürich schwer. Nun werden härtere Jugendstrafen gefordert – eine Überreaktion, findet eine Expertin.
Veröffentlicht am 8. März 2024 - 18:03 Uhr
Ein 15-Jähriger hat am Samstag, 2. März 2024, im Zürcher Kreis 2 einen 50-jährigen orthodoxen Juden mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Der Angriff hat wahrscheinlich einen antisemitischen Hintergrund. Darauf deutet ein von den Behörden als authentisch eingestuftes Video hin, in dem der Jugendliche als sein Ziel angibt, «möglichst viele Juden zu töten».
Der Fall hat schnell politische Dimensionen angenommen. Allen voran in der NZZ. Der Zürcher Ständerat und Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch (SP) – der sich seit Jahren für eine Verschärfung des Jugendstrafrechts einsetzt – nutzt den Fall des Messerangriffs, um höhere Strafen zu fordern. Er warnt davor, dass die gesellschaftliche Akzeptanz schwinde, wenn die «Maximalstrafen nicht im Verhältnis zu schwerwiegenden Straftaten» stünden. Natürlich gehe es auch um «Symbolik» und darum, «eine Drohkulisse aufzubauen».
«Die Höhe der Strafandrohung hat überhaupt keinen Einfluss.»
Marianne Heer, Strafrechtsprofessorin
Solchen Argumenten widerspricht die Strafrechtsprofessorin und Massnahmenexpertin Marianne Heer entschieden. Die Kriminologie habe untersucht, ob hohe Strafen abschrecken. «Die Ergebnisse sind unzweideutig: Die Höhe der Strafandrohung hat überhaupt keinen Einfluss.» Straftäter machten sich vor der Tatbegehung keine Gedanken über die Strafhöhe. «Was sie vielmehr interessiert, ist die Frage: Komme ich damit durch oder nicht; heisst: Werde ich erwischt?»
Die Politik – findet Heer – sollte sich besser auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Konkret: in Prävention investieren und darauf hinwirken, dass Radikalisierungen frühzeitig erkannt werden. Hätte man richtig hingeschaut, so hätte die Tat aus Sicht von Marianne Heer möglicherweise verhindert werden können. «Die Politik sollte dafür sorgen, dass die Schulen die Schüler besser informieren, aber auch beobachten. Und es der Justiz überlassen, diesen konkreten Einzelfall zu ahnden.»
Nach einem Jahr wieder in Freiheit? – «Nein»
Dass der 15-Jährige im Falle einer Verurteilung nach einem Jahr wieder auf freiem Fuss ist, wie das manche Medien kolportieren, schliesst Heer aus. Denn neben der Strafe werden oft Massnahmen angeordnet, die mehrere Jahre dauern. Vollzogen werden diese in einer forensischen Psychiatrieabteilung, wo intensiv an der Aufarbeitung der Tat gearbeitet wird. Ganz im Sinne des Jugendstrafrechtes, das auf die Erziehung und nicht auf Vergeltung ausgerichtet ist. «Und damit sind wir extrem erfolgreich, wie die tiefen Rückfallquoten zeigen.» Aus diesem Grund spricht sich Marianne Heer dezidiert gegen die Verwahrung von Jugendlichen aus, die sie für rechtswidrig hält.
In der NZZ wurde auch gefordert, als Konsequenz der Messerattacke den 15-Jährigen auszubürgern. Und das von keinem Geringeren als dem Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr.
«Eine politische Überreaktion»
«Für mich ist diese Forderung ganz klar eine politische Überreaktion», sagt die ehemalige Luzerner Kantonsrichterin Marianne Heer. Laut Bundesamt für Migration ist es möglich, einem Doppelbürger das Bürgerrecht zu entziehen, wenn sein Verhalten dem Ansehen der Schweiz massiv schadet. «Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ein solcher Antrag bei einem Jugendlichen rechtlich durchsetzbar wäre.»
Die Anwendung dieses Instruments sei nicht nur unverhältnismässig, sondern verstosse auch gegen die Uno-Kinderkonvention. «Wir haben es hier noch mit einem Kind zu tun, dessen Entwicklung der Persönlichkeit noch nicht abgeschlossen ist. Deshalb können ihm Straftaten nicht in gleichem Mass angerechnet werden wie einer erwachsenen Person.»
«Es ist höchst problematisch, wenn sich Politiker und Psychiater so früh in die Arbeit der Justiz einmischen.»
Marianne Heer, ehemalige Luzerner Kantonsrichterin
Der forensische Psychiater Frank Urbaniok unterstützt die Idee, Personen das Bürgerrecht zu entziehen, die «schwerste Straftaten wie extremistisch motivierte Gewaltdelikte» begehen. «Wir senden ein klares Signal an Menschen, die sich hier einbürgern lassen möchten», lässt er sich von «20 Minuten» zitieren. «Ihr seid willkommen. Doch es gibt rote Linien. Wenn sie überschritten werden, ist das mit dem Bürgerrecht nicht mehr vereinbar.»
Darüber kann Marianne Heer nur den Kopf schütteln. Sie staunt, wie dieser forensische Psychiater seine psychiatrische Autorität einsetzt, um sich immer wieder öffentlich in juristische Fragen einzumischen. «Vor dem Gesetz sind alle gleich, steht in unserer Bundesverfassung. Eine Zweiklassenjustiz ist nicht zulässig, da gibt es keinen Platz für Diskussion.»
Heer weist darauf hin, dass das Motiv für den Messerangriff von den Untersuchungsbehörden noch gar nicht geklärt ist. «Es ist höchst problematisch, wenn sich Politiker und Psychiater zu so einem frühen Zeitpunkt in die Arbeit der Justiz einmischen und ohne Kenntnis der Akten Druck machen. Lasst die Justiz erst einmal ermitteln!»
5 Kommentare
Ich hatte einen näheren Bekannten, wir wuchsen beide im gleichen Dorf auf. Eines Samstagabends im Ausgang, unter Einfluss von Cannabis und ein paar Büchsen Bier, wurde dieser nähere Bekannte leider psychotisch, worauf er einen wesentlich älteren Mann angriff und diesen dabei lebensgefährlich verletzte.
Das Resultat, Herr Urbaniok und seinem Fotres sei Dank, 18-Jahre ununterbrochene Medikation durch eine alle 5-Jahre zu überprüfende Massnahme des Justizvollzuges, welche in 90% aller Fälle, regelmässig um weitere 5-Jahre verlängert wird.
Hat er sich geweigert, die stark übergewichtig machenden Psychopharmaka einzunehmen, wurde er umgehend wieder in einer Zelle einer forensischen Abteilung einer Psychiatrie eingelocht. Tja..., 18-Jahre ging das so, inzwischen darf ich ihn auf dem Friedhof besuchen. Ich werde demnächst 50, er war nur 6-Jahre jünger als ich und die ganze Geschichte hat vor ca. 8-Jahren ihr jähes Ende gefunden, mit seinem Tod, bis zu aller Letzt, war er mit einer Massnahme des schweizerischen Justizvollzuges behaftet.
Unglaublich wie sich Herr Urbaniok in der Schweiz mit seinem Fotres eine goldene Nase verdient hat und immer noch verdient. Ganz offensichtlich hat in diesem Land wohl niemand die Courage Ihm mal ein Bündel kritischer Fragen zu stellen oder gar sein Gefährlichkeitsanalysetool Fotres zu hinterfragen.
Auch und gerade mit der Forensik, gehörte sich auch Hierzulande unbedingt eine kritischere Auseinandersetzung, wie z.B. in unserem Nachbarland der BRD, welche auf bestem Wege ist, diese durch div. Bundesverfassungsgerichts-Urteile in die Geschichtsbücher zu verbannen.
Von was für einer Welt allerdings Herr Urbaniok träumt, ist und bleibt mir gänzlich fremd!
Wenn der Täter tatsächlich geisteskrank ist, kommt zum Tragen, dass es eine wesentliche Aufgabe der Psychiatrie ist, die Geisteskranken sicher zu verwahren.
Die Situation sollte aber nicht verschlimmert werden. Einige Psychopharmaka steigern noch die Neigung zu Mord (und Selbstmord).
Der Islamismus und Indoktrinierung wird bisher staatlich toleriert. Im April 2022 wurde die Publikation des Uysal Verlags „ILMIHAL für FRAUEN – Islamisches Grundwissen für Frauen“, verlegt seit 1984, seit 2011 in deutscher Übersetzung, das auch in der Schweiz verkauft wird und im März 2021 Gegenstand diverser Presseartikel war, die zur Intervention von Europaabgeordneten führte. „Wegen zahlreicher inhaltlicher Passagen, die nicht nur als ethisch und moralisch verwerflich zu werten sind, sondern auch zu strafbaren Handlungen aufrufen und entsprechend disponierte Personen potentiell zu solchen Handlungen veranlassen können, regte das LfV am 23. März 2021 bei der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) die Indizierung des Buches an. In dem 51-seitigen Bescheid der Prüfstelle (Entscheidung Nr. 15518(V) vom 19.04.2022, bekanntgemacht im Bundesanzeiger AT 27.05.2022) wird deren einstimmige Entscheidung dargelegt, die Publikation im vereinfachten Verfahren gemäß § 23 Abs. 1 JuSchG in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufzunehmen.“
Details: http://www.verfassungsschutz-bw.de/,Lde…
DIE DIYANET führt das Buch auf ihrer Liste der empfehlenswerten Literatur. DIYANET ist die Religionsbehörde, welche Imame auch in die Schweiz entsendet und in der Türkei das Heiratsalter für Mädchen auf 9 Jahre senken möchte. Verkauf, Lektüre und Besitz des Buches zu Mord, Straftaten sowie Hass gegen Andersgläubige, Christen und Juden aufrufenden Buches sind in der Schweiz immer noch erlaubt. Am 20.11.2023 forderte Mosab Hassan Yousef vor der UN die internationale Gemeinschaft auf, nicht nur vom Kindes- & Jugendschutz zu reden, sondern endlich die Indoktrinierung und Instrumentalisierung der Kinder zu stoppen! Er warnte, dass sich in Europa viele Extremisten aufhalten, die bisher geduldet ja sogar staatlich gefördert wurden. Rede vor der UN: https://m.youtube.com/watc…
Islamismus made in der Schweiz am Bsp. Deutschlands:
https://hpd.de/arti…
Auswirkung: Gewaltausübende Extremisten werden von den Islamisten, die Ansprechpartner der Behörden sind, eingeschleust: http://www.zdf.de/nach…
Leider ist Fakt, dass die Bundesverfassung aber auch Bundesrecht von Bundesrat, National- & Ständerat sowie Parteien, kantonalen Behörden, nicht eingehalten wird.
Bsp. BV Art. 112b verlangt, dass die Renten den Existenzbedarf angemessen zu decken haben. Laut Art. 112d werden die Renten mindestens der Preisentwicklung angepasst.
Beides ist aktuell nicht der Fall, da die Mindestrente unter Existenzminimum liegt. 300‘000 RentnerInnen sind Armutsbetroffene.
Frank Urbaniok hat sich überhaupt nicht in die Arbeit der Justiz eingemischt. Was für eine infame Unterstellung, Frau Heer - unglaublich! Im Gegenteil, er hat sehr differenziert erklärt, weshalb es bei Ausländerkriminalität rote Linien braucht und zum Fall per se hat er gesagt, Zitat: "Das kann ich unmöglich sagen, weil ich den Einzelfall nicht kenne. Es geht jetzt darum, seine Radikalisierung und Persönlichkeit genau aufzuschlüsseln und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Am Ende müssen die allenfalls vorhandenen Entwicklungsperspektiven eines Jugendlichen und der Schutz der Bevölkerung aufgrund der allenfalls bestehenden Gefährlichkeit gleichermassen berücksichtigt werden und zu einem sachgerechten Vorgehen führen."