Liebe Leserinnen und Leser

Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein. Das sind diesmal mehr als gewohnt, denn gerade tagt das Parlament zur Frühjahrssession. Wir haben Ihnen darum am Schluss dieses Überblicks eine Handvoll weiterer wichtiger Nachrichten aufgelistet.

Diesmal:

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Anrede

Das Zitat der Woche

Um einen Viertel länger und um die Hälfte schwerer: In Europa werden bald mehr extragrosse Lastwagen unterwegs sein. Diese Woche hat das Europäische Parlament beschlossen, dass sogenannte Gigaliner künftig grenzüberschreitend Waren transportieren dürfen. Die Schweiz dürfen so grosse Lastwagen nicht durchqueren. Die Frage ist, für wie lange noch.

«Früher oder später wird gigantischer Druck auf die Schweiz zukommen – im Falle einer Weigerung müssten wir mit Gegenmassnahmen rechnen.» – Benjamin Giezendanner, SVP-Nationalrat und Transportunternehmer 

Verschiedene Lobbys kündigen bereits Widerstand an. Schienentransport sei umweltfreundlicher als noch grössere Lastwagen, findet etwa die Alpeninitiative. Auch der Schweizerische Nutzfahrzeugverband (Astag) lehnt Gigaliner «kategorisch» ab. Wenig öffentlichkeitswirksam nimmt derweil ein Projekt seinen Gang, das den Gütertransport in der Schweiz noch viel grundlegender auf den Kopf stellen könnte.

Familien unter Druck: Paare verzichten auf Kinder, um Geld zu sparen

Darum gehts: Der Dachverband Pro Familia hat über 2000 Familien befragen lassen – und diese Woche das Ergebnis veröffentlicht. Über die Hälfte hat Geldsorgen – und für rund 40 Prozent ist das ein Grund, der gegen weiteren Nachwuchs spricht. 

Warum das wichtig ist: Auch der Mittelstand spürt, dass Wohnen, Einkaufen und Gesundheit in den letzten Jahren massiv teurer geworden sind. Und nur 20 Prozent der für das Familienbarometer Befragten glauben, dass die Situation in den nächsten drei Jahren nicht noch schlechter wird. 

Das sagt der Beobachter: Gerade eben hat die Schweiz zum ersten Mal überhaupt eine linke Initiative zum Ausbau des Sozialstaats angenommen. Es könnte in dem Stil weitergehen. Denn nach der AHV-Rente steht im Juni schon wieder ein wichtiger Haushaltsbudgetposten auf dem Abstimmungszettel: die Krankenkassenprämie. Jenes Thema, das gemäss dem Familienbarometer 2024 die Befragten am stärksten beschäftigt.

Über «Das war richtig wichtig»

Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.

Kassenwechsel: Wer konsequent wechselt, kann viel Geld sparen

Darum gehts: Wer auf dieses Jahr hin zu einer günstigeren Krankenkasse gewechselt hat, spart im Schnitt 515 Franken. Das sind 38 Franken mehr als noch im Jahr 2023, wie eine Analyse der Axa-Versicherung zeigt. Sie hat 44’000 tatsächliche Wechsel in der Grundversicherung untersucht. Das grösste Potenzial zum Sparen haben junge Erwachsene von 19 bis 25 Jahren.

Warum das wichtig ist: Auf dieses Jahr hin ist die mittlere Prämie der Grundversicherung um fast 9 Prozent gestiegen, in manchen Kantonen noch mehr. Und die Aussichten für die Zukunft sind nicht gut. Die Prämienlast trägt stark dazu bei, dass die Kaufkraft der Menschen im Land in den vergangenen Jahren deutlich gesunken ist.

Das sagt der Beobachter: Wir empfehlen, jedes Jahr die Angebote der verschiedenen Kassen zu prüfen. Die Grundversicherung zu wechseln, ist einfach und birgt keine grossen Risiken. Die Leistungen sind bei allen Kassen gleich, das schreibt das Gesetz vor. Die Unterschiede beim Kundenservice sind allerdings gross, darum ist die Wahl der richtigen Kasse doch entscheidend.

Abnehmspritze: Krankenkassen bezahlen für Ozempic-Alternative

Darum gehts: Seit diesem Monat übernimmt die Grundversicherung die Kosten für das neue Abnehmmedikament Wegovy. Die Spritze, die man sich selber verabreichen kann, hemmt den Appetit und ist bei Übergewichtigen sehr beliebt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) rechnet mit Zusatzkosten für die Grundversicherungen von 100 Millionen Franken im Jahr, Versicherungsvertreter gar mit 300 Millionen.

Warum das wichtig ist: Wegovy ist eine Weiterentwicklung von Ozempic, einem Medikament, das eigentlich für Diabeteserkrankte entwickelt wurde und den Blutzucker senkt. Weil die Spritze beim Abnehmen hilft, griffen auch immer mehr übergewichtige Nichtdiabetiker darauf zurück – bis es zu Engpässen für Diabetiker kam. Daraufhin entwickelten die Ozempic-Hersteller mit dem gleichen Wirkstoff Spritzen nur für Übergewichtige, unter anderem Wegovy. Um Ozempic wieder den Diabetikern zu überlassen, nahmen die Krankenkassen auch Wegovy in ihren Leistungskatalog auf.    

Das sagt der Beobachter: Stark übergewichtige Menschen kämpfen oft mit gesundheitlichen Problemen. In der Schweiz sind das laut BAG 11 bis 13 Prozent der Erwachsenen. Ihnen zu helfen, ist wichtig. Ebenso dass für den Gebrauch von Wegovy und Co. strenge Vorschriften gelten. Die Abnehmspritzen dürfen nur bei starkem und sehr starkem Übergewicht verschrieben werden. Betroffene müssen sich zu einer Diät und zu Sport verpflichten. Wenn die Krankenkassen immer mehr Leistungen übernehmen, steigen die Prämien. Wie Studien zeigen, kommt es aber zu weniger Folgeerkrankungen, wenn Übergewichtige rechtzeitig abnehmen. 

⇒ Jetzt den Erklärartikel lesen: So wirkt der Hunger-Hemmer Wegovy

Existenzminimum: Ständerat will Schuldnern helfen

Darum gehts: Der Ständerat will das betreibungsrechtliche Existenzminimum erweitern. Neu sollen auch die Ausgaben für Steuern dazugerechnet werden. Wenn der Nationalrat dem Vorstoss ebenfalls zustimmt, muss der Bundesrat eine entsprechende Vorlage ausarbeiten. Die Änderung soll verschuldeten Personen helfen. Sie häufen heute oft ohne Absicht neue Steuerschulden an – und geraten dadurch in eine Schuldenspirale.

Warum das wichtig ist: Wenn sich jemand stark verschuldet, wird ihm der Lohn gepfändet. Von zum Beispiel 5000 Franken darf er nur so viel behalten, wie er zum Überleben braucht – das sogenannte Existenzminimum. Heute werden dazu nur der Grundbedarf, die Miete und die Krankenkassenprämie gerechnet. Auf das Einkommen fallen jedoch Steuern an. Um sie zu zahlen, ist nach der Pfändung aber kein Geld mehr da. Die Person verschuldet sich erneut. Diesen Teufelskreis will der Ständerat durchbrechen.

Das sagt der Beobachter: Die angestossene Gesetzesänderung ist überfällig. Und einer der zentralen Punkte im Beobachter-Gerechtigkeitscheck. Die Schuldenspirale für Gepfändete ist seit Jahren erkannt, bisher ist eine Lösung aber immer an grundsätzlichen Erwägungen gescheitert. Etwa dass das Steueramt gegenüber anderen Gläubigern nicht bevorzugt werden darf. Eine Verbesserung für Schuldnerinnen und Schuldner ist aber höher zu gewichten. Finden sie aus der Schuldenspirale heraus, nützt das allen, den Betroffenen und dem Sozialstaat.

Auch sonst war diese Woche viel los. So hat das Parlament zum Abschluss der Frühjahrssession unter anderem diese Entscheide gefällt, die uns wichtig scheinen:

  • Künftig sollen Eheleute wieder einen Doppelnamen führen können – Kinder aber nicht. Allerdings wird die Umsetzung noch dauern, der Nationalrat hat die Reform vorerst vertagt.
  • Wenn eine grosse Bank scheitert und der Bund einspringen muss, sollen die obersten Kader künftig persönlich dafür haften. Der Nationalrat will, dass sie 50 Prozent ihres Gesamteinkommens der vorangegangenen zehn Jahre zurückzahlen müssen. Nun geht die Vorlage an den Ständerat.
  • An der Grenze wird weiter nur stichprobenartig kontrolliert. Der Nationalrat hat am Donnerstag einen Vorstoss der SVP klar abgelehnt, der systematische Binnengrenzkontrollen forderte.
  • Der Ständerat will Ausländer ausweisen, die gewaltsam dasjenige Regime unterstützen, vor dem sie angeblich geflohen sind. Als Nächstes befasst sich der Nationalrat mit dem Vorhaben. 
  • Der Nationalrat will lokalen Geschäften erlauben, am  Sonntag zu öffnen. Allerdings nur denjenigen mit Lebensmitteln im Sortiment und mit einer begrenzten Zahl von Angestellten. Der Ständerat muss der Anpassung des Arbeitsrechts noch zustimmen.

Bis nächste Woche. Wir bleiben für Sie dran.