Erst lesen, dann unterschreiben!
Es lohnt sich, den Arbeitsvertrag vor dem Unterschreiben genau anzuschauen. So wissen Sie, wie grosszügig die Firma ist und wo es Verhandlungsbedarf gibt.
aktualisiert am 8. Juli 2020 - 08:28 Uhr
Wenn der Lohn stimmt, ist der Arbeitsvertrag schnell unterschrieben. Es empfiehlt sich aber sehr, genauer hinzuschauen. Denn das Schriftstück verrät so einiges über den künftigen Arbeitgeber. Vor der Unterschrift können Sie mit geschicktem Verhandeln noch den einen oder anderen Vorteil herausholen.
Sie müssen sich bewusst sein, dass auch ein allfälliges Personalreglement, auf das im Vertrag verwiesen wird, oder ein Gesamtarbeitsvertrag verbindlich ist. Unterschreiben Sie den Vertrag daher nicht voreilig.
Haken Sie nach, wenn Sie eine Formulierung im Arbeitsvertrag nicht verstehen. Denn solche Stellen können sich nachträglich als nachteilig herausstellen. Schaffen Sie also Klarheit, wenn es beispielsweise heisst, «dass Überstunden in der Regel nicht vergütet werden», dass «ein Anspruch auf eine freiwillige Gratifikation besteht» oder «nach Beendigung des Arbeitsvertrags die Aufnahme einer Tätigkeit in einem Konkurrenzbetrieb verboten» ist.
Falls Überstunden nicht im Vertrag erwähnt sind, gilt das Gesetz. Es verlangt zwingend einen Ausgleich. Entweder die Überstunden werden durch Freizeit von gleicher Dauer kompensiert oder mit einem Lohnzuschlag von einem Viertel zum Normallohn entschädigt.
Wenn Arbeitsvertrag, Personalreglement oder Gesamtarbeitsvertrag die Wörter Mehrstunden oder Überstunden enthalten, ist die Regelung meist schlechter. Denn der Vertrag darf von der gesetzlichen Regelung abweichen. Gratisarbeit nach Feierabend ist ebenso erlaubt wie die ausschliessliche Kompensation von Mehrarbeit durch Freizeit ohne finanziellen Ausgleich.
Übrigens sind Überstunden und Überzeit nicht dasselbe. Überzeit ist das Überschreiten der gesetzlichen Höchstarbeitszeit. Sie ist im Arbeitsgesetz geregelt. Vertragliche Abmachungen, die Arbeitnehmende schlechterstellen, sind hier nicht erlaubt.
Tipp: Wenn der Arbeitsvertrag, das Personalreglement oder der Gesamtarbeitsvertrag nichts zu den Überstunden sagt, sollte man besser nicht nachfragen.
Flexible Arbeitszeitmodelle sind angesagt. Der technische Fortschritt macht ein ortsunabhängiges Arbeiten möglich. Wo gearbeitet wird, bestimmt aber nach wie vor der Arbeitgeber.
Tipp: Nachfragen lohnt sich auch hier. Gute Argumente für das Homeoffice sind zum Beispiel höhere Motivation, tiefere Pendlerkosten, Ungestörtheit oder weniger Aufwand für einen Arbeitsplatz im Büro.
Einen Arbeitsvertrag unterschreiben sollte man nur, wenn vorher alle Unklarheiten beseitigt sind. Beobachter-Mitglieder erfahren mithilfe einer Vertragsvorlage, welche Punkte unbedingt im Arbeitsvertrag enthalten sein sollten und welches Recht im Zweifel gilt, wenn nichts festgehalten ist.
Hochzeit, Umzug, Beerdigung : Was steht dazu im Arbeitsvertrag? Das Gesetz sagt nicht, wie viele freie Tage der Chef wann zu gewähren hat. Es erwähnt nur die «üblichen freien Stunden und Tage». Und nur für Angestellte im Monatslohn sind die Absenzen bezahlt. Etabliert haben sich: zwei bis drei freie Tage bei der eigenen Hochzeit; ein Tag bei jener eines nahen Verwandten; ein Tag für Väter bei der Geburt eines Kindes und für alle beim Zügeln; ein bis drei Tage beim Tod eines Angehörigen je nach Verwandtschaftsgrad.
Tipp: Genaues Hinsehen lohnt sich auch hier. Je mehr freie Tage der Arbeitgeber gewährt, desto weniger Ferientage muss man opfern.
Wer über 20 ist, hat einen gesetzlichen Anspruch auf vier Wochen Ferien im Jahr. Wenn im Vertrag nichts dazu steht, gilt das automatisch. Viele Arbeitgeber zeigen sich aber grosszügiger, als es die Minimalregelung im Obligationenrecht vorsieht. Fünf bis sechs Wochen Ferien sind heute keine Seltenheit mehr. Auch viele Gesamtarbeitsverträge gehen mittlerweile über die vier Wochen hinaus.
Tipp: Arbeitgeber können zusätzliche Ferien auch als Gegenleistung versprechen – etwa als Ausgleich für gratis zu leistende Überstunden. Prüfen Sie, ob die zusätzlichen Ferientage wirklich in Ihrem Interesse sind.
Unter Umständen können Sie sich zusätzliche Ferientage «dazukaufen». Ein gängiges Modell ist zum Beispiel «Mehr Ferien gegen Lohnabzug» – dabei kann es um einige zusätzliche Tage oder um ein paar Wochen gehen. Solche Zusatzferien sind etwa bei Bank- und Versicherungsangestellten sehr beliebt. Einen Anspruch darauf hat man aber nicht.
Einige Betriebe erlauben es ihren Mitarbeitern auch ohne grosse Hürden, den Beschäftigungsgrad vorübergehend zu reduzieren. Andere wiederum gewähren einen periodischen unbezahlten Urlaub.
Tipp: Fragen Sie nach, wie sich Ihr künftiger Arbeitgeber zu solchen Zusatzferien stellt.
Wer krank wird, hat eine bestimmte Zeit lang Anspruch auf Lohn. Das Gesetz schreibt eine Minimalvariante vor: Im ersten Dienstjahr sind es drei Wochen, danach hängt die Lohnfortzahlung von der Zahl der Dienstjahre und vom Kanton ab.
Vorteilhafter ist es, wenn der Arbeitgeber eine kollektive Krankentaggeldversicherung abgeschlossen hat. Dann ist der Lohnausfall rund zwei Jahre lang gedeckt, wenn auch meist nur zu 80 Prozent. Gewisse Arbeitgeber stocken auf 100 Prozent auf.
Tipp: Üblich ist es, dass dem Angestellten die Hälfte der Prämie abgezogen wird. Einige Arbeitgeber übernehmen allerdings den vollen Betrag. Auch hier gibt es also Verhandlungsspielraum.
Laut Gesetz dauert der Mutterschaftsurlaub 14 Wochen bei 80 Prozent Lohn. Viele grössere Firmen gewähren 16 Wochen und mehr oder stocken den Lohn auf 100 Prozent auf. Andere denken auch an die Väter und gewähren ihnen bei der Geburt eines Kindes zusätzliche Absenztage, da es in der Schweiz noch keinen gesetzlichen Vaterschaftsurlaub gibt.
Tipp: Bevor der Vertrag unterschrieben ist, äussert man sich besser nicht zur Familienplanung. Doch auch hier lohnt sich ein Blick in den Vertrag.
Dienstaltersgeschenke gibts in vielen Varianten – von einem Blumenstrauss über zusätzliche Ferientage bis hin zu mehr Lohn. Mitarbeitende bleiben einer Firma länger treu, wenn die Arbeit Spass macht und auch sonst vieles stimmt. Daher kündigen Arbeitgeber die Dienstaltersgeschenke oft schon im Arbeitsvertrag an. Einen gesetzlichen Anspruch darauf gibt es allerdings nicht.
Tipp: Sehen Sie nach, wie der Chef zu einer längerfristigen Zusammenarbeit steht. Belohnt er sie?
Viele Leute denken, alle hätten Anspruch auf einen 13. Monatslohn . Das ist nicht so: Das Gesetz schweigt dazu. Verlassen Sie sich nicht auf ein mündliches Versprechen. Massgebend sind die schriftlichen Abmachungen, wenn nicht im Arbeitsvertrag, dann in einem Reglement dazu oder in dem für Sie gültigen Gesamtarbeitsvertrag.
Am besten reden Sie bei den Lohnverhandlungen immer von Jahreslohn. Dann ist klar, wie viel Sie am Ende im Portemonnaie haben – unabhängig davon, in wie vielen Raten.
Tipp: Ein 13. Monatslohn darf nicht von der Leistung des Arbeitnehmers abhängig gemacht werden, auch nicht vom Jahreserfolg der Firma. Und bei einem Austritt ist er geschuldet – anteilmässig für jeden Monat, bis der Arbeitsvertrag endet.
Die Gratifikation ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, die er an Bedingungen knüpfen kann wie etwa Geschäftsgang, Leistung des Arbeitnehmers oder ungekündigte Stellung. Wenn es nicht explizit im Vertrag steht, fällt die Gratifikation bei einem Stellenwechsel im laufenden Jahr weg.
Auch ein Bonus ist gesetzlich nicht vorgesehen. Er kann variabler oder fester Lohnbestandteil sein, je nachdem, wie klar sich der Vertrag zu den Bemessungs- und Auszahlungskriterien äussert. Es kann sich rechtlich aber auch nur um eine freiwillige Grati handeln, obwohl der Chef es Bonus nennt.
Tipp: Bei Gratifikationen und Boni kommt es immer wieder zu Streit. Nehmen Sie daher die Formulierungen im Vertrag genau unter die Lupe. Und: Mit einem vertraglich zugesicherten 13. Monatslohn fahren Sie meist sicherer.
Manche Arbeitgeber beteiligen sich an den Ausgaben für den Arbeitsweg, etwa bei Abos für den öffentlichen Verkehr oder gar mit einem Dienstwagen. Es gibt auch Vergünstigungen in der internen Kantine oder für auswärtige Verpflegung. Beiträge an die Kinderkrippenkosten sind heute ebenfalls keine Seltenheit mehr. Grössere Firmen übernehmen eventuell die ganze statt nur die halbe Prämie der Pensionskasse oder der Krankentaggeldversicherung. Manche steuern auch etwas an freiwillige Weiterbildung bei – wenn sich Arbeitnehmer verpflichten, ein bis maximal zwei Jahre bei der Firma zu bleiben.
Tipp: Sehen Sie sich die Zusatzleistungen genau an, es kann sich lohnen.
Das Verbot, zur Konkurrenz zu wechseln , führt meist zu Ärger. Die Klauseln umfassen etwa das Verbot, ein eigenes Geschäft im gleichen Tätigkeitsgebiet zu gründen oder einen Job in einem ähnlich ausgerichteten Betrieb in der gleichen Stadt, im gleichen Kanton oder in den Nachbarkantonen anzunehmen. Bei Vertragsbruch drohen mehrere Monatslöhne Konventionalstrafe. Wegen der weitreichenden Folgen sind Konkurrenzklauseln nur unter strengen Voraussetzungen gültig.
Tipp: Lassen Sie sich beraten, bevor Sie unterschreiben. Versuchen Sie, das Ausmass der Klauseln zu verstehen. Versuchen Sie, sie zu streichen oder zumindest darüber zu verhandeln.
Gibt es eine zeitliche Begrenzung für ein Konkurrenzverbot? Was gilt eigentlich als Geschäftsgeheimnis? Beobachter-Mitglieder erfahren in der Checkliste «Konkurrenzverbot», wann dieses gültig ist und wann nicht.