Wie Feuchtigkeit draussen und Wärme drinnen bleibt
Eine gut isolierte Gebäudehülle steigert nicht nur die Behaglichkeit für die Bewohner, sie hilft auch, Energie zu sparen.
Veröffentlicht am 10. September 2009 - 09:45 Uhr
Martin Streckeisen schaut zufrieden auf sein Werk. Im Frühling hat er die Fassaden seines 50 Jahre alten Doppeleinfamilienhauses in Spiegel bei Bern auf drei Seiten mit zehn Zentimeter dicken Styroporplatten verkleidet und Isolationsfenster eingebaut. Für den Mechaniker ist das Arbeiten in Eigenregie «keine Hexerei». Dank Eigenleistung konnte er die Kosten massiv senken: Die Arbeit beanspruchte etwa einen Monat, das Material kostete rund 20'000 Franken. Hätte er Handwerker beauftragt, wären die Kosten auf ein Mehrfaches zu stehen gekommen.
Schweizer haben den Hang zur Perfektion und lassen im Zweifelsfall die Finger weg vom Selbermachen. In Deutschland dagegen ist das Heimwerken viel stärker verankert, die Hausbesitzer haben weniger Angst, etwas falsch zu machen. Auch Streckeisen hatte zuerst Bedenken. Doch das Ergebnis zeigt, dass dafür kein Grund bestand. Streckeisen hatte sich perfekt vorbereitet: Er liess sich von Handwerkern, Freunden und vom Energieberater der Gemeinde beraten.
Dämmstoffe haben bei der energetischen Erneuerung von Bauten eine zentrale Bedeutung. In der Schweiz werden zu über 80 Prozent künstliche Dämmmaterialien eingesetzt: vor allem EPS- und XPS-Polystyrolplatten (Hartschaumplatten), die aus Erdöl hergestellt werden. Ebenfalls häufig anzutreffen sind Mineralwolleplatten auf Stein- und Glasbasis. Diese Materialien garantieren eine effiziente Isolation, sind günstig im Einkauf und – im Fall von EPS-Platten – dampfdurchlässig. Punkto Umweltbilanz schneiden sie aber eher schlecht ab: Kunststoffdämmstoffe sind schlecht rezyklierbar und landen in der Kehrichtverbrennung. Mineralwolle wiederum benötigt relativ viel Energie zur Herstellung (siehe Tabelle unten).
Eine gute Alternative sind Dämmstoffe wie Holzfaserplatten, Kork und Zellulose. Ihre Herstellung verbraucht weniger Energie, sie isolieren ähnlich gut wie Polystyrol oder Mineralwolle und lassen sich oft rezyklieren. Naturnahe Materialien kosten aber mehr als künstliche.
Ein zentraler Aspekt beim Dämmen ist der Feuchtigkeitstransport vom Innern eines Hauses nach aussen. Moderne Konstruktionen mit künstlichen Dämmstoffen setzen meist eine Dampfsperre ein: Sie verhindert, dass Feuchtigkeit aus dem Innern des Hauses in die Isolationsschicht gelangt, dort kondensiert und Schäden verursacht. Der Nachteil: Die Feuchtigkeit bleibt im Innern und kann dort zu Schimmelbildung führen. Bewährt haben sich hier sogenannte diffusionsoffene Konstruktionen, für die naturnahe Dämmstoffe besonders gut geeignet sind: Sie transportieren die Feuchtigkeit nach aussen.
Probleme mit der Feuchtigkeit ergeben sich immer dann, wenn Altbauten auf der Wandinnenseite isoliert werden müssen – etwa weil aus optischen Gründen aussen keine Dämmung installiert werden darf. Hier sollte unbedingt mit einer Dampfsperre gearbeitet werden. Diese birgt jedoch auch Gefahren: Da der Gefrierpunkt nach innen wandert, können sich Wärmebrücken bilden. Und beim Beschädigen der Dampfsperre durch Nägel oder Dübel kann es zur Bildung von Kondenswasser und Schimmelpilz hinter der Dämmung kommen. Diffusionsoffene Ökodämmstoffe sind hier die beste Lösung.
Baubiologen empfehlen für die Innendämmung flexible Platten aus Holzfaser, Hanf, Flachs oder Schafwolle. Die Platten sind zum Teil mit Maisstärke oder mit Kunstfasern versteift, was den Einbau erleichtert. Ausserdem sind sie gut kombinierbar mit diffusionsoffenen Lehm-, Calsitherm- und Fermacell-Platten.
Zwar ist das Dämmen für Heimwerker keine einfache Arbeit, aber es ist eine lohnende Investition. Felix Meier vom WWF Schweiz sagt: «Wichtig ist, dass man überhaupt dämmt – und am besten, wenn man es mit ökologischen Materialien tut.»
Dämmstoffe: Vor- und Nachteile der handelsüblichen Produkte
Material | Vorteile | Nachteile | Einsatzbereich |
Holzweichfasern (Matten, Platten, Trittschallplatten) | Hergestellt aus natürlichen Rohstoffen (Holzresten), alterungsbeständig, keine oder wenige Bindemittel, guter Wärmedämmwert. | Relativ hoher Energieaufwand für die Herstellung, bindet jedoch mehr CO2, als für die Herstellung emittiert wird. | innen und aussen, Schallschutz, Dächer, da guter Sommerwärmeschutz |
Kork (Platten, Granulat) | Nachhaltig gewonnen in Eichenhainen in Iberien, wenig graue Energie (Transport). | Kann anfänglich Geruchsstoffe ausdünsten. | innen und aussen, Schallschutz, Wärmespeicher |
Hanf (Platten, Matten, Filz) | Geringe Herstellenergie, kein Pflanzenschutz nötig, guter Wärmedämmwert. | Zum Teil Polyesterfasern zum Verstärken nötig, Flammschutz mit Soda. | Innen- und Dachdämmung |
Flachs (Matten, Trittschallplatten) | Geringe Herstellenergie, Nebenprodukt aus Papier-, Textil- und Leinölgewinnung, guter Wärmedämmwert. | Zum Teil Polyesterfasern zum Verstärken nötig, Flammschutz mit Borsalz, teilweise Pestizideinsatz im Anbau. | Innen- und Dachdämmung, Schallschutz |
Schafwolle (Matten, Filz, Stopfwolle) | Atmungsaktiv, kann viel Feuchtigkeit aufnehmen, dämmt und klimatisiert hervorragend, neutralisiert Schadstoffe wie Formaldehyd. | Rohstoff aus Übersee, Einsatz von Insektiziden gegen Milben. | Innendämmung (auch als mit Maisstärke versteifte Platten lieferbar) |
Zelluloseflocken (zum Einblasen oder Aufspritzen) | Recyclingmaterial aus alten Zeitungen, feuchtigkeitsregulierend, preiswert, guter Wärmedämmwert und Schallschutz. | Flammschutz meist mit Borsalz, nicht für Laien geeignet. | innen und aussen, Dach und Böden |
Kokosfaser (Platten Rohfilz, Stopfmaterial) | Verrottungs- und schimmelbeständig, guter Wärmedämmwert und Schallschutz. | Lange Transportwege, Flammschutz auf chemischer Basis. | Innendämmung |
Multipor (Kalk, Sand, Zement, Wasser) | Diffusionsoffen (transportiert die Feuchtigkeit nach aussen), nicht brennbar, formstabil, leicht, vielseitig einsetzbar; guter Ersatz für geschäumte Platten (EPS). | Produkte werden mit Dampfdruck ausgeformt. | Innen- und Aussendämmung |
EPS, XPS | Wasserresistent, leicht zu verarbeiten, sehr guter Wärmedämmwert. | Hoher Energiebedarf bei der Herstellung, enthält problematische Flammschutzmittel, giftige Ausgangsprodukte. | Innen- und Aussendämmung, aber wenig geeignet für Zwischensparren-Dachdämmung |
Stein- und Glaswolle (Matten, Stopfwolle) | Gute Isolationseigenschaften, alterungsbeständig, leicht und biegsam, unempfindlich gegen Feuchte, guter Dämmwert. | Hoher Energiebedarf bei der Herstellung, Glasfaserstaub bei der Verarbeitung. | Aussen- und Innendämmung |
Schaumglas | Leicht, gute Materialeigenschaften. | Relativ teuer, hoher Energiebedarf bei der Herstellung. | Kelleraussenwände, Kellerunterseite (als Schotter), Flachdächer |
Vakuumisolations-paneele (VIP) | Sehr dünn, isolieren zehnmal besser als übliche Dämmstoffe. | Relativ teuer, bei Beschädigung Verlust der Isolationsleistung. | Innendämmung, besonders bei wenig Platz |
Aerogel | Sehr dünn, leichtester und am besten isolierender Feststoff (Granulat). | Relativ teuer. | Innenisolation, zum Einblasen in sehr dünne Hohlräume |
Quelle: Beatrix Mühlethaler, Stefan Haas: «Natürlich Wohnen und Bauen»; Beobachter-Buchverlag, 2004