Feilschen um den Hypozins zahlt sich aus
Libor- oder Festhypothek? Bank oder Versicherung? Wer eine Hypothek aufnimmt, kann sehr viel Geld sparen, wenn er sich gut informiert und einen gewissen Aufwand nicht scheut.
aktualisiert am 1. September 2017 - 22:37 Uhr
Hausbesitzer und solche, die es werden wollen, können nicht klagen: Hunderte von in- und ausländischen Banken vergeben in der Schweiz Kredite zum Immobilienkauf. Wie viel Geld diese ihren Kunden für die Hypothek abknöpfen, ist aber oft ein gut gehütetes Geheimnis. «Die Preisunterschiede je nach Kreditdossier sind enorm», weiss Florian Schubiger von der Beratungsfirma Vermögenspartner in Winterthur.
Schubiger verweist auf die Liborhypotheken. Deren Höhe ist an den Zinssatz gekoppelt, den die Nationalbank vorgibt. «Wir sahen in den letzten Monaten Abschlüsse privater Kunden, bei denen der Zins zwischen 0,75 und 1,35 Prozent lag», sagt er. Bei einer Liborhypothek über 500'000 Franken kann jener Kreditnehmer, der sich gut informiert und vergleicht, pro Jahr bis zu 3000 Franken sparen.
Manche Geldinstitute kommen den Kunden Anfang Jahr eher entgegen, weil sie möglichst früh ihre Budgets erreichen wollen. Auch die regionale Konkurrenz spielt eine Rolle: Im Kanton Graubünden sind Hypotheken tendenziell teurer als in der Nordwestschweiz. Und dass die Versicherungsgesellschaften für Hypotheken mit langen Laufzeiten weniger Zins verlangen als Banken, sollten nicht allein Insider wissen.
Daneben gelten weiterhin folgende fünf Ratschläge:
«Bei der Wahl des richtigen Partners muss man sich davon leiten lassen, ob das Kreditgesuch überhaupt eine Chance hat, bewilligt zu werden», sagt Michael Hartmann. Das hängt davon ab, ob das Traumhaus zum Portemonnaie des willigen Käufers passt. Jeder Kunde muss mindestens zehn Prozent echtes Eigenkapital beibringen – also nicht vollumfänglich Pensionskassenguthaben – und eine allfällige zweite, teurere Hypothek innerhalb von 15 Jahren amortisieren können.
Fast alle Institute werben mit allerlei besseren Bedingungen für Erstkäufer, man ist mit Aktionen konfrontiert wie beispielsweise einer 10-Jahres-Hypothek zum Preis von acht Jahren oder einer Vergünstigung für Minergiebauten. Blenden lassen sollte man sich davon nicht. Die meisten Tiefpreisangebote sind befristete Lockvogelangebote, und vielleicht spart der Kunde am Ende gar nichts, weil ein Konkurrenzinstitut die exakt gleichen Konditionen ohnehin offeriert hätte. Die Rabatte dienen häufig dem Zweck, dem Kunden bei den Verhandlungen um die Höhe des Zinses den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Die Migros-Bank oder Onlineportale wie Hypomat oder Swissquote operieren mit Nettokonditionen, Raiffeisen, CS und viele Kantonalbanken publizieren Richtzinsen, die in der Praxis jedoch verhandelbar sind. 0,1 bis 0,3 Prozent Ermässigung kann ein Berater der Bank in der Regel in eigener Kompetenz gewähren; will er gegenüber einem guten Kunden hingegen grössere Zugeständnisse machen, muss er das Okay seines Chefs einholen. Die UBS, die Sparkasse Schwyz oder die Bank Linth publizieren überhaupt keine Richtsätze mehr. Konkrete Zahlen erfahren lediglich die Kundinnen und Kunden, die sich die Mühe machen, ein vollständiges Kreditgesuch einzureichen.
Fordern Sie auf einen bestimmten Stichtag hin ein konkretes Angebot. Zum Beispiel eine Festhypothek über 400'000 Franken sowie als zweite Tranche eine Liborhypothek über 200'000 Franken. Dazu brauchts ein gut aufbereitetes Dossier beziehungsweise ein Kreditgesuch, das die Liegenschaft gewissenhaft dokumentiert (Pläne, Fotos, Grundbuchauszug et cetera) und die finanzielle Situation des Antragstellers offenlegt (Einkommen, Vermögen, Betreibungsauskunft et cetera). Das gleiche Kreditgesuch sollten Sie bei fünf bis sechs Instituten einreichen. «Wenn alle relevanten Informationen vorliegen, muss jede Bank in der Lage sein, innerhalb von zwei Arbeitstagen ein verbindliches Angebot abzugeben», sagt Moneypark-Berater Michael Hartmann.
«Ein Kunde, der beispielsweise 200'000 Franken Geschäftsguthaben bei jener Bank anlegt, die ihm den Hypothekenkredit gewährt, beschert ihr sicher einige tausend Franken an zusätzlichen Einnahmen», sagt Hartmann. Da sei es sein gutes Recht, diesen Trumpf auszuspielen und einen besseren Zins zu verlangen.
Fazit: Um sich im Dschungel des Hypothekargeschäfts durchzuschlagen, braucht es den Mut und die Zeit, sich auf den Verhandlungspoker einzulassen, und die Lust am Feilschen.
Häufige Fallen im Hypothekargeschäft
- Erstabschluss: Um Neukunden zu gewinnen, offerieren Banken erste Kredite vielfach sehr günstig. Anschlussfinanzierungen sind meist 0,25 Prozent teurer. Achten Sie also darauf, dass Sie die Bank wenn nötig wechseln können. Das geht leichter, wenn die Vertragsdauer kurz ist und einzelne Tranchen von Festhypotheken zeitlich nicht allzu weit auseinanderliegen.
- Lange Laufzeiten: Arbeitslosigkeit, Scheidung oder ein anderer triftiger Grund kann Sie zu einer ausserterminlichen Kündigung zwingen. Überlegen Sie daher gründlich, ob ein sehr langfristiger Kreditvertrag auch tatsächlich zu Ihnen und Ihrem Lebensstil passt und wie im Vertrag der Ausstieg und die Kosten geregelt sind.
- Marge: Der Libor-Referenzzins liegt seit Monaten praktisch bei null, im Einzelfall schlagen die Banken aber eine hohe Marge von 0,75 bis 1,35 Prozent hinzu. Wer diese Marge nicht kennt oder nicht hinterfragt, zahlt regelmässig zu viel. Referenzzinsen für alle Typen von Hypotheken finden Sie beispielsweise unter www.yourmoney.ch oder auf der Teletext-Seite 623.