Häuser werden günstiger – eine schlechte Nachricht für Mieter
Investoren kaufen und bauen weniger. Das macht Mieten teurer.
Veröffentlicht am 31. Mai 2023 - 17:16 Uhr
Erstmals seit 20 Jahren sinken die Immobilienpreise in der Schweiz. Was positiv klingt, ist aber nicht für alle eine gute Nachricht. Für Mieterinnen und Mieter bedeutet sie eher das Gegenteil. Sie müssen sich auf steigende Mieten einstellen.
Mehrfamilienhäuser verlieren an Wert
Besonders stark sind die Preise für Mehrfamilienhäuser gesunken – oft Häuser mit Mietwohnungen. In den letzten Jahren rissen sich Investoren förmlich um sie. Solange für Geld auf dem Konto Negativzinsen anfielen, gab es kaum bessere Möglichkeiten, eine konstant hohe, sichere Rendite zu erzielen. «Doch diese Zeiten sind vorbei», sagt Adrian Wenger, Experte für Hypotheken beim VZ Vermögenszentrum, einer unabhängigen Beratungsfirma.
Heute können Investoren ihr Geld wieder gewinnbringend in Obligationen oder andere Wertanlagen stecken. Bauen hingegen ist teurer geworden – weil die Hypothekarzinsen gestiegen sind. Das bedeutet: Immobilien als Renditeobjekte sind nicht mehr so gefragt. Und wenn die Nachfrage sinkt, sinken auch die Preise. Bei Mehrfamilienhäusern sind sie seit einem Jahr im Schnitt um 12,1 Prozent gesunken, zeigt eine Auswertung der «NZZ am Sonntag».
Das Angebot an Mietwohnungen wird knapper
Für Mieterinnen und Mieter bedeutet das höhere Mieten. Wenn Mehrfamilienhäuser weniger gefragt sind, werden weniger davon gebaut. Gleichzeitig wächst die Bevölkerung. Bei den Mietwohnungen wird somit das Angebot knapper und die Nachfrage steigt – das treibt die Mieten hoch .
«Das ist ein Marktgesetz, dem man kaum etwas entgegensetzen kann», sagt Wenger. Er erzählt von einem Kunden, der vor kurzem ein Mehrfamilienhaus gebaut hat und alle Wohnungen an einem einzigen Tag vermieten konnte. «Er sagte mir, dass er gut noch einen höheren Zins hätte verlangen können.»
Auf bestehende Mieten ohne Einfluss
Wenger glaubt nicht, dass der Trend rasch wieder drehen wird. Obwohl die Aussicht auf sinkende Preis und gleichzeitig hohe Mieteinnahmen Investoren eigentlich reizen müsste , in Immobilien zu investieren. «Ähnlich wie an der Börse entscheiden Menschen auch beim Kauf von Immobilien nicht immer rational», sagt der Experte. Die Unsicherheit über die Entwicklung der Hypothekarzinsen werde weiter für eine Stimmung sorgen, in der deutlich weniger gebaut wird als in der Vergangenheit.
Die Folge dieser Entwicklung: Auch ausserhalb der Städte und der bisher besonders beliebten Orte wird es weniger freie Wohnungen geben – und Mieten werden somit an den meisten Orten teurer. Zumindest für alle, die eine neue Wohnung suchen .
Als Gegenmassnahme zu dieser Entwicklung sieht Wenger nur Veränderungen, für die politische Entscheide nötig sind: einfachere Bewilligungsverfahren, die Erlaubnis, näher nebeneinander und höher zu bauen, modernere Baureglemente. Natürlich brauche es für solche Wohnformen aber auch genügend Grünflächen, Plätze, Spielmöglichkeiten. «Die Stadt- und Ortsplanung
ist gefordert.»