Die Freude war gross, als Daniel Bohnenblust und Familie in ein altes Haus mit Bauerngarten, Magerwiese und Pergola einziehen durften. Bohnenblust – den Kopf voller Ideen – freute sich auf handfeste Arbeiten im Aussenbereich. Er wollte sogleich Hand anlegen und Neuanpflanzungen, Um- und Neubauten in Angriff nehmen. Sogar Nutztiere wollte er anschaffen.
Aber halt: Die Freiheiten im eigenen Garten sind nicht grenzenlos – im Gegenteil. Höchste Zeit also, den Mann zu bremsen und seine wichtigsten Rechtsfragen zu beantworten:
Baubewilligung für den Geräteschuppen?
«Ordnung ist das halbe Leben: Darf ich im Garten einen Geräteschuppen und einen Velounterstand aufbauen und unseren Wohnwagen auf dem Vorplatz stationieren?»
Grundsätzlich benötigen alle künstlich hergestellten und mit dem Boden nicht nur vorübergehend fest verbundenen Objekte eine Baubewilligung, und es müssen Grenzabstandsvorschriften eingehalten werden.
Nehmen Sie vor der Baugesucheingabe mit Ihrer Gemeinde Kontakt auf. In vielen Gemeinden sind Wohnwagen, die länger als zwei Monate auf dem gleichen Grund stehen, bewilligungspflichtig.
Nachbarschaftsstreit wegen Gartenpflege
«Hilfe! Mein Nachbar pflegt seinen englischen Rasen mit reichlich Unkrautvertilger. Zugleich schaut er böse auf meine blühenden Gräser und Kräuter, nennt sie frech Unkräuter. Darf er mir da dreinreden? Der Anblick seines gepützelten grünen Teppichs ist für mich auch keine Augenweide.»
Beide Parteien dürfen ihre eigene Gartenkultur pflegen. Sie und Ihr Nachbar sollten sich in gegenseitiger Toleranz üben und die unterschiedlichen Auffassungen von einem schönen Garten respektieren.
Und denken Sie auch an Folgendes: Abwertende Bemerkungen sind fehl am Platz, denn gute nachbarschaftliche Beziehungen tragen entscheidend zur Freude am Garten bei.
Weiher kindersicher machen?
«Die Leute gegenüber haben zwei kleine Kinder. Können sie verlangen, dass ich meinen Gartenweiher kindersicher gestalte?»
Ja. Auch wenn fremde Kinder eigentlich nicht in Ihrem Garten spielen dürften, kann der Weiher gefährlich werden. Die Eltern dürfen von Ihnen deshalb verlangen, dass Sie ihn sichern – etwa durch eine Gitterkonstruktion unter der Wasseroberfläche oder durch einen Zaun.
Baum auf Grundstücksgrenze
«Mein Nachbar verlangt, dass ich meinen geliebten Apfelbaum fälle. Er stehe zu nahe an der Grundstücksgrenze. Bin ich dazu verpflichtet?»
Nicht unbedingt. Klären Sie erst ab, ob sein Anspruch eventuell verjährt ist. Die Bestimmungen sind kantonal unterschiedlich.
Früchte von Nachbars Baum
«Bald ist Himbeerzeit. Dürfen meine Kinder die süssen Beeren des Nachbarn pflücken? Seine Sträucher reichen weit in meinen Garten hinein.»
Das sogenannte Anriesrecht erlaubt Ihren Kindern, reife Früchte zu ernten, die an Ästen wachsen, die in Ihren Garten ragen.
Kunst im Garten
«Meine Frau ist Kunstschaffende. Sie möchte eine drei Meter hohe Skulptur im Garten aufstellen. Ist das möglich? Oder muss sie die Nachbarn fragen?»
Nachbarn fühlen sich geschätzt, wenn man ihnen von solchen Plänen erzählt und sie nicht gleich vor Tatsachen stellt. Ihre Frau sollte zudem einen Platz wählen, an dem das Kunstwerk den Nachbarn weder die Sonne auf dem Sitzplatz verdeckt noch die Aussicht auf die Berge verstellt.
Sicherheitshalber sollte sie auf der Bauverwaltung der Gemeinde nach Grenzabstandsvorschriften und einer allenfalls nötigen Baubewilligung fragen, denn jeder Kanton und jede Gemeinde hat eigene Vorschriften.
Gibt es «verbotene» Pflanzen?
Der Nachbar moniert, ich hätte «verbotene»Pflanzen. Gibt es das überhaupt?
Ja. Verboten sind vor allem solche, die die biologische Vielfalt gefährden, weil sie andere Arten verdrängen. Die stark verbreitete Amerikanische Goldrute etwa darf in der Schweiz nicht mehr verkauft werden. Ein anderes Problem sind Pflanzen, die die Gesundheit schädigen. So gilt etwa das Aufrechte Traubenkraut wegen seiner allergenen Pollen als besonders gefährliches Unkraut. Wer eines sieht, muss es dem Kanton melden.
Hanf im Garten anbauen
«Der Nachbar stört sich an meiner Hanfpflanze. Er sagt, das Anpflanzen von Hanf sei verboten, selbst für den privaten Gebrauch. Hat er recht?»
Vermutlich schon. Denn bereits Hanfpflanzen, die einen durchschnittlichen THC-Gehalt von mindestens 1,0 Prozent aufweisen, gelten als Betäubungsmittel. Da schon Setzlinge von potenten Pflanzen mehr THC aufweisen können, dürfte das Anpflanzen nicht erlaubt sein.
Wirft Nachbars Eiche einen langen Schatten auf Ihr Rosenbeet? Oder verstopfen Laub, Nadeln oder dürre Äste Ihre Dachrinne? Als Beobachter-Mitglied erhalten Sie Antworten auf Fragen zu Nachbars lästigen Pflanzen.
Nutztiere im Garten halten
«Meine Kinder wünschen sich ein paar Hühner, am liebsten mit Hahn. Ich dagegen sähe gerne zwei bis drei Schafe auf der Wiese. Das leise Bimmeln der Glöckelein würde meiner Seele guttun. Wie steht es generell mit Tieren?»
In vielen Wohngebieten ist eine vorschriftsgemässe Nutztierhaltung erlaubt. Sie müssen jedoch eine Fülle von Vorschriften einhalten, und die Tiere dürfen die Wohnqualität der Nachbarn nicht übermässig beeinträchtigen. In städtischen Wohnquartieren beispielsweise sollten der Hahn und die Hühner zwischen 20 und 7 Uhr eingesperrt sein.
Neben dem Lärm kann auch der von Tieren verursachte Geruch oder ihr Kot das nachbarschaftliche Zusammenleben strapazieren. Aus diesem Grund dürfte das Halten von Hühnern in dicht besiedelten Wohnquartieren sowie in städtisch geprägten Quartieren schwierig werden, ohne dass sich ein Nachbar davon gestört fühlt.
Schnaps aus eigenem Obst brennen
«Kürzlich habe ich der Familie nebenan Grappa offeriert, der aus den Trauben meiner Pergolarebe stammt. Sie nahmen gerne einen Schluck – und sagten beiläufig, selber Schnaps zu brennen sei verboten. Stimmt das?»
Ja und nein. Von Gewächsen aus dem eigenen Garten hobbymässig – also nicht zu gewerblichen Zwecken – gebrannte Wasser herzustellen, ist erlaubt. Nur darf man das nicht selber tun, sondern muss eine konzessionierte Brennerei damit beauftragen.
Verwechslungsgefahr: Bärlauch und Herbstzeitlose
«Wir sammeln im Frühling gerne selber Bärlauch. Nun habe ich gehört, dass es dabei zu gefährlichen Verwechslungen mit einer Giftpflanze kommen kann. Wie merkt man den Unterschied?»
Ja, hier besteht tatsächlich eine nicht unerhebliche Gefahr: Nicht alles, was wie Bärlauch aussieht, ist auch Bärlauch! In nächster Nähe echten Bärlauchs findet man oft eine Giftpflanze, die zu dieser Jahreszeit schwer zu erkennen ist, da sie nur Blätter, jedoch noch keine Blüten trägt. Es handelt sich um die Herbstzeitlose, die ein hochwirksames Zellgift, das Colchicin, enthält, von dem schon weniger als ein Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht lebensgefährlich ist.
Merkmale zur Unterscheidung:
- Bärlauch: Die Blätter des Bärlauch sind gestielt, elliptisch; Bärlauch verströmt einen charakteristischen Knoblauchgeruch.
- Herbstzeitlose: Die Blätter der Herbstzeitlosen sind ungestielt, lanzettenförmig; die Pflanze ist ohne Geruch.
Sollten Übelkeit, Erbrechen und heftige Durchfälle einige Stunden nach Genuss einer Bärlauchmahlzeit auftreten, rufen Sie sofort das Tox-Zentrum an (Notruf: Telefon 145) – bei einer allfälligen Colchicinvergiftung darf keine Zeit verloren werden.
- Mehr Informationen finden Sie unter www.toxinfo.ch.
- Bei Vergiftungsnotfällen: Telefon 145, rund um die Uhr, in vier Sprachen
Nachbars Pflanze eigenmächtig stutzen
«In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hat mein Nachbar meinen Flieder gestutzt, weil er ihm angeblich die Aussicht versperrte. Kann ich ihn anzeigen?»
Anzeigen geht immer. Fraglich ist, was es bringt. Eine Bestrafung wäre nur möglich, wenn man dem Nachbarn nachweisen kann, dass er sich am Flieder zu schaffen machte. Wenn der Busch stark verunstaltet wurde oder gar stirbt, könnte eine strafbare Sachbeschädigung gegeben sein. Wenn aber nur ein paar Ästchen fehlen, eher nicht. So oder so: Eine Anzeige wird den Konflikt nicht lösen, sondern lediglich weiter anheizen.
Feuerbrand melden?
«Ich habe im Garten Feuerbrand entdeckt – glaube ich wenigstens. Muss ich das melden? Oder darf ich die kranke Pflanze einfach ausgraben und entsorgen?»
Feuerbrand ist eine hoch ansteckende Krankheit, die neben Obstbäumen auch Wild- und Zierpflanzen befällt. Feuerbrand ist nicht mehr meldepflichtig. Am besten entfernen Sie die kranke Pflanze im Hauskehricht. Desinfizieren Sie danach Ihre Hände und Werkzeuge. Mehr Informationen finden Sie auch bei Agroscope.
Daniel Bohnenblust – erschlagen ob der vielen Vorgaben - liess sich ermattet in den Liegestuhl sinken. Und entdeckte nach einer Weile plötzlich ganz neue Qualitäten seines Gartens: Einfach so dasitzen und das Grün auf sich wirken lassen, das hat ja auch etwas für sich! Nächstes Jahr kann er sich ja immer noch dahintermachen.
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