Verena Hefti tat früher als Chefin, was Chefs gern tun: Sie berief Sitzungen ein. Und machte sich damit zunehmend unbeliebt. Irgendwann beschwerte sich eine Teamkollegin: «Es frisst zu viel Zeit, du musst das besser vorbereiten.»

Hefti, damals im Thurgau verantwortlich für die Ausbildung von Kindergärtnerinnen, fühlte sich ertappt. Tatsächlich hatte sie kaum Mühe darauf verwendet, die Sitzungen zu planen. Sich also erst einmal zu fragen: Braucht es sie überhaupt? Fortan machte sie ihre Hausaufgaben – und das sollte sich auszahlen, denn die Zahl der Meetings reduzierte sich schon bald drastisch. Die wenigen, die noch stattfanden, lieferten gute Ergebnisse. Und die Teilnehmenden hatten sogar Spass daran.

Wenn Manager ihren Tag vertrödeln

Ein Idealzustand, von dem viele Beschäftigte nur träumen können. «Vor allem in grösseren Firmen ab 1000 Leuten herrscht Sitzungswildwuchs», sagt der Solothurner Produktivitätstrainer Willy Knüsel. Nicht selten verbrächten Manager mindestens die Hälfte ihrer Arbeitszeit in Sitzungen. Bis zu sechs pro Tag. Logisch, bleibt da keine Zeit für die gewissenhafte Vorbereitung. Oft gibt es zudem keine Traktandenliste, Themen werden spontan besprochen.

Weit verbreitet sind laut Knüsel zudem «Absicherungssitzungen» – Führungskräfte holen sich im Gremium das Plazet für einen anstehenden Beschluss, weil sie sich scheuen, eigenständig zu entscheiden.

«Zu viele Besprechungen sind ein deutliches Zeichen für eine schlechte Organisation», sagte schon der britische Soziologe und Bürokratiekritiker Cyril Northcote Parkinson (1909–1993). Willy Knüsel stimmt zu. Er sagt damit aber nicht, Sitzungen seien per se überflüssig: «Sie sind ein gutes Führungsinstrument.» Allerdings nur, wenn klar ist, was damit erreicht werden soll: Informationen austauschen? Meinungen bilden? Konsens schaffen? Teamgeist pflegen? Aktionen abstimmen? Lösungen erarbeiten? Aufträge erteilen? Beschlüsse fassen? Eine Sitzung muss eines dieser Bedürfnisse erfüllen – ein klar definiertes Ziel ist der richtige Weg. Wenn dieses fehlt, braucht es kein Meeting.

Hitzköpfe werden nicht gebremst

Langweilig, zeitfressend, demotivierend, nervtötend: «Sitzungen sind ein Konfliktpunkt», sagt Verena Hefti heute. Sie hat inzwischen ein Fachbuch zum Thema verfasst. Gründe für die Sitzungsphobie vieler Leute sieht sie viele: Wie Meetings vorzubereiten und zu leiten sind, ist in Managementausbildungen kaum ein Thema, und daher läuft in der Praxis vieles schief. Was besprochen werden soll, bleibt schwammig, Hitzköpfe und Vielschwätzer werden nicht gebremst. Und am Ende bleibt unter den Anwesenden das schale Gefühl zurück: «Wieder eine Veranstaltung, die ich mir hätte ersparen können.»

Das lässt sich mit ein paar einfachen Regeln vermeiden. Zentral dabei ist, den Kreis der Teilnehmer so klein wie möglich zu halten. Vor einiger Zeit hat eine Studie der Universität Zürich ergeben: Je grösser die Gruppe ist und je länger sie hirnt, desto weniger kommt pro Kopf heraus.

Sitzungs-Knigge: Tipps von Experten

Auf einer Doppelseite hat Produktivitätstrainer Willy Knüsel wertvolle Tipps (PDF) zusammengestellt.