Die Prämisse in der Kommunikationswissenschaft ist kurz und prägnant: «Man kann nicht nicht kommunizieren.» Selbst wenn man schweigt, sendet der Körper unablässig Signale aus − über 80 Prozent unserer Kommunikation erfolgen ohne Worte. Auch im Berufsalltag werden laufend stumme Botschaften versandt. Wer sie versteht, ist im Vorteil, denn der Körper lügt nie: Unsere Empfindungen und Wünsche äussern sich unmittelbar physisch. Das ist besonders interessant, wenn man nicht recht weiss, wie das Schweigen des Vorgesetzten zu deuten ist.

Die Kommunikationstrainerin Jacqueline Steffen aus Erlenbach ZH ist seit Jahren im Bereich Führung und Kommunikation tätig und befasst sich speziell mit Körpersprache. Sie erklärt anhand von vier typischen Situationen, was der Chef sagt, wenn er nichts sagt.

Stachelschweinposition: Ablehnung

Stellen Sie sich eine Besprechung mit Ihrem Chef vor: Während Sie ihm einen Vorschlag unterbreiten, verkrampft sich sein Nacken, sein Blick zieht sich zusammen, und er bringt seine Hände in die sogenannte Stachelschweinposition.

«Diese ineinandergelegten Hände zeigen, dass er nicht bereit ist, sich einverstanden zu erklären», sagt Expertin Steffen. Mit gespreizten Fingern ist er wortwörtlich nicht in der Lage, etwas anzunehmen. Indem er dabei noch seine empfindlichen Handinnenflächen verbirgt, sperrt er sich und will sich schützen. Laut Steffen will er vielleicht aber auch nur einen Moment innehalten, um sich das Gesagte noch einmal zu überlegen.

Zusammengezogene Brauen und ein enger Blick signalisieren Skepsis. Hält er aber Blickkontakt, hat er dennoch Interesse. Ist der Mund gar leicht geöffnet, zeigt er sich offen für weitere geistige Nahrung. Wenn er Ihrem Blick hingegen ständig ausweicht, möchte er zum Thema keine Stellung beziehen.

Der angespannte Nackenbereich deutet auf eine «Hab-Acht-Position» hin. «In einer solchen Situation ist es hilfreich, durch eigene Bewegungen oder genauere Erklärungen der Zusammenhänge die Anspannung zu lösen», rät Steffen. Schreitet der Chef gar ständig mit starrem Nacken durchs Büro, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass er seiner Umgebung gänzlich misstraut, sich übermässig auf Details konzentriert und selten nachgibt. Hätte er hingegen einen beweglichen Nacken, könnte er das ganze Panorama der Möglichkeiten wahrnehmen und wäre empfänglicher für Vorschläge seiner Mitarbeiter.

Quelle: Thinkstock Kollektion
Doppelte Pistole: Skepsis - oder auch Unsicherheit

«Die Hände formen hierbei eine Art Pistole und sind bereit zum Abschuss», so die Expertin. Indem die Finger an die Lippen gehalten werden, wird ein Einwand zurückgehalten, der unbedingt entweichen möchte. Aber der Chef versteckt sich zugleich hinter den Händen und zeigt damit Unsicherheit. Dass er sich die Finger unter die Nase hält, deutet auf eine kritische Betrachtung der Dinge hin - bevor ein Tier frisst, riecht es zuerst am Futter.

Die einzelnen Finger stehen zudem für verschiedene Bedürfnisse. So lassen die beiden erhobenen Zeigefinger den Wunsch nach einem argumentativen Gegenangriff erkennen. Denn der Zeigefinger ist stellvertretend derjenige, der alles besser weiss. Streckt der Chef dabei die Daumen in die Höhe, will er die Führung übernehmen, denn die Daumen stehen für Dominanz. Es kann auch vorkommen, dass Ihr Vorgesetzter während des Gesprächs seinen Mittelfinger umfasst. Dann hegt er den Wunsch, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Umfasst er seinen Ringfinger, sehnt er sich nach emotionalen Streicheleinheiten. Dann sollten Sie Ihren Chef nicht auf fachlicher, sondern auf zwischenmenschlicher Ebene ansprechen. Der kleine Finger schliesslich steht für das Bedürfnis nach gesellschaftlicher Anerkennung.

Quelle: Thinkstock Kollektion
Hände im Nacken: Dominanz

Diese Haltung kann ebenso Zufriedenheit wie Abwehr signalisieren. Der breiter gemachte Rücken kann aber auch zur Machtdemonstration eingesetzt werden. Der Vorgesetzte sagt damit, dass er sich nicht dreinreden lassen will. Indem er sich durch die ausgestreckten spitzen Ellbogen mehr Raum verschafft, zeigt er klar Dominanz.

Ein wichtiges Indiz ist ausserdem die Mimik: Hält der Chef seine Augen leicht zusammengekniffen, schätzt er damit die Wirkung seiner höheren Position auf das Gegenüber ab. Dann ist er sich seines imposanten Eindrucks sehr wohl bewusst.

Quelle: Thinkstock Kollektion
Offene Hände: Entspannung

«Hände sprechen Bände - und wenn sie nach oben gerichtet sind, kommunizieren sie Aufgeschlossenheit», so Expertin Steffen. Wer sich so ungeschützt zeigt, hat keine Angst vor seiner Umgebung. Auch der zur Seite geneigte Nacken weist auf einen entspannten Gemütszustand hin. Dass dabei die verletzliche Halsschlagader freigelegt wird, heisst: Es besteht keine Gefahr.

Interessant ist auch, welche Hand auf dem Tisch liegt und welche darunter. Die linke Hand steht für die rechte Gehirnhälfte, die für Fachwissen und logisches Denken zuständig ist, die rechte Hand hat eine Verbindung zur linken Hälfte, die den emotionalen Bereich abdeckt. Macht der Vorgesetzte nun eine wegwerfende Geste mit links, stimmt es für ihn fachlich nicht. Tut er dies mit der rechten Hand, hat er kein gutes Bauchgefühl bei der Sache.

Jede einzelne Geste sei aber nur Teil des Ganzen, gibt Jacqueline Steffen zu bedenken: «Auf ein Zeichen allein kann man sich nicht verlassen. Erst durch das Zusammenspiel mehrerer Signale kann von einer ziemlich sicheren Interpretation ausgegangen werden.»

Quelle: Thinkstock Kollektion

So wirken Sie überzeugend

  • Wenn Sie einen Vorschlag präsentieren, kann es nützlich sein, eine Sekunde lang in der Bewegung zu verharren. Das deutet auf Sicherheit hin und unterstreicht das Gesagte, indem Sie körpersprachlich einen Punkt setzen. Schnelle, abgehackte Gesten wirken hingegen unsicher.
  • Halten Sie stets eine Armlänge Abstand zu Ihrem Gegenüber. In unserem Kulturkreis ist das die nötige Distanz, um die Intimsphäre des anderen nicht zu verletzen.
  • Sprechen Sie laut und deutlich. Tun Sie das nicht, erwecken Sie den Eindruck, dass Sie sich Ihrer Sache nicht sicher sind.
  • Ihre Emotionen haben einen grossen Einfluss auf Ihre Körpersprache. Eine gute Vorbereitung ist das beste Erfolgsrezept: Je sicherer Sie sich fühlen, umso grösser ist die Chance, dass ihre Bewegungen natürlich und frei verlaufen.