Impfen ist Gift und letztlich Teil einer grossen Verschwörung. Wer zu solchen Ansichten neigt, hat nun endlich den Beweis erhalten: Kein Geringerer als Microsoft-Gründer Bill Gates erklärt: «Impfen ist die beste Art der Bevölkerungsreduktion.» Das jedenfalls meldete die Website Pravda-tv.com im vergangenen Jahr.
Ein Skandal? Mitnichten. Es ist eine klassische Fake News (neudeutsch für Falschmeldung), und zwar eine uralte, immer wieder aufgewärmte. In englischsprachigen Onlinemedien geistert sie seit 2011 herum. Sie entstand aus einem ungeschickt formulierten Nebensatz von Bill Gates in einem Interview, wonach Impfen das weltweite Bevölkerungswachstum reduzieren könne.
Was der Milliardär damit meinte, steht in einem Brief seiner Stiftung aus dem Jahr 2009. Dort zitieren Bill und Melinda Gates Studien, wonach Eltern in Schwellenländern oft viele Kinder hätten, weil sie wüssten, dass einige davon sterben werden. Ein besserer Impfschutz reduziere also den Anreiz, viele Kinder zu haben.
Die Falschmeldung über das Impfen verfügt über klassische Zutaten, die im Internet tausendfach zu finden sind: ein emotionales und umstrittenes Thema (Impfen), ein prominenter Name (Bill Gates) und Aussagen, die entfernt an etwas Bekanntes erinnern (Gates hatte schon mehrfach betont, dass das weltweite Bevölkerungswachstum ein grosses Problem sei).
Im schlimmsten Fall mögen Fake News die öffentliche Diskussion beeinflussen und vergiften. Aber mit etwas Spürsinn und Beharrlichkeit sind sie in vielen Fällen leicht zu entlarven. Der deutsche Journalist Jan Eggers hat zu diesem Zweck einen 15-Minuten-Quellencheck entwickelt. Unsere Infografik unten führt Sie anhand von vier C durch die Recherche.
Die Methode eignet sich übrigens auch für andere Informationen aus dem Internet wie etwa Angebote für günstige Kredite, Investitionen mit hohen Renditen oder verdächtig billige Onlineshops und Gewinnversprechen.
Nationalrat Walter Wobmann liebt Facebook. In seinem Profil postet und kommentiert er alles Mögliche. Besondere Vorlieben: Bilder von Motorradsportveranstaltungen und kritische Texte über Ausländerinnen und Ausländer.
So verlinkte der SVP-Politiker Mitte Dezember in seinem Facebook-Profil einen Blogbeitrag des karatetigerblog. Dessen Titel (inklusive Fehler): «Australien schiebt Muslime die nach der Scharia leben wollen ab». Und weiter: «Muslime, die unter dem Islamischen Gesetz der Sharia leben wollen, wurden angewiesen Australien zu verlassen.» 76 Personen gaben der Meldung ein «Like» – und fielen damit auf eine klassische Falschmeldung herein.
Verschiedene Organisationen und Websites haben sich deshalb in den vergangenen Jahren darauf spezialisiert, Fake News und Propaganda im Internet mit investigativen Methoden zu entlarven.
- Mimikama.at
Der österreichische Verein zur Aufklärung von Internetmissbrauch recherchiert und analysiert Artikel, Meldungen und Bilder aus sozialen Medien sowie Phishing-Mails und gibt Einschätzungen über deren Wahrheitsgehalt ab. - Hoaxsearch.com
Diese Website wird ebenfalls vom Verein Mimikama betrieben. Hier kann man mit Stichworten nach Fake News und Fälschungen suchen. - Snopes.com
Die amerikanische Website ist seit 1994 und damit seit den Urzeiten des Internets online. Ursprünglich gegründet, um sogenannte urbane Legenden im Netz aufzudecken, nehmen sich die Rechercheure von Snopes.com heute auch politischer Themen aus dem englischsprachigen (primär amerikanischen) Raum an. - Bellingcat.com
Die vom arbeitslosen Finanzspezialisten Eliot Higgins gegründete Website hat sich auf die Verifizierung von Nachrichten aus Krisengebieten spezialisiert. Die Rechercheure von Bellingcat.com nutzen dazu unter anderem frei im Netz verfügbare Inhalte aus sozialen Medien und Geolokalisierungs-Tools.
Mit diesen Methoden und der Mithilfe von Freiwilligen kam Bellingcat.com etwa auf die Spur, dass das malaysische Flugzeug MH17 im Sommer 2014 wohl von russischen Truppen abgeschossen worden sei. Diesen Verdacht äusserte schliesslich auch das internationale Ermittlerteam JIT in seinem Bericht. - Citizenevidence.org
Auf der von Amnesty International betriebenen Website kann man unter anderem Youtube-Videos analysieren.
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